Dachauerin kickt als einzige Frau bei den Herren mit: „Wir sind nicht so theatralisch wie Männer“

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Sind ein Team: Lena Kiermeir und ihre Mannschaftskameraden beim Training in Günding. © bruno haelke

Im Interview mit den Dachauer Nachrichten erzählt Lena Kiermeir ist Stürmerin beim SV Günding. Das Besondere: Sie ist Spielerin und Torschützin in einer Herrenmannschaft.

Günding – Seit einem Jahr kickt Lena Kiermeier mit Männern zusammen. Im Landkreis Dachau ist sie die einzige Frau, die das macht. Im Interview mit den Dachauer Nachrichten erzählt die 20-Jährige, warum sie auf eine eigene Umkleidekabine verzichtet, wie ihre Mitspieler sie anders behandeln und welche Klischees es noch immer in den Köpfen vieler Fußballfans gibt.

Frau Kiermeir, Sie spielen seit einem Jahr als Frau in einer Herrenmannschaft. Warum haben Sie damals den Entschluss gefasst?

Lena Kiermeir: Der Trainer von der zweiten Herrenmannschaft kam auf mich zu. Er hat gesehen, dass ich bei der Damen-Freizeitliga viele Tore schieße und hat mich gefragt, ob ich es nicht einmal versuchen wolle, bei den Männern mitzuspielen. Ich habe ohnehin eine neue Herausforderung gesucht und habe mich schließlich getraut.

Ist das etwas, was man sich trauen muss?

Ich finde schon. Man muss auf jeden Fall selbstbewusst sein. Als ich mein erstes Spiel hatte, habe ich darauf geachtet, mit einer selbstsicheren Haltung aufs Feld zu gehen. Dass Frauen Fußball spielen, gilt für viele noch immer nicht als normal.

Mit welchen Vorurteilen werden Sie konfrontiert?

Frauen können nicht Fußball spielen: Dieses Klischee ist in den Köpfen von vielen Männern fest verankert. Das finde ich sehr schade. Man kann Frauen- und Männerfußball nicht miteinander vergleichen. Das sind ganz andere Bedingungen. Ich will Frauen motivieren, auch bei Männern Fußball zu spielen.

Sind andere Frauen Ihrem Ruf bislang gefolgt?

Nein, leider nicht. Ich denke das liegt daran, dass es große Unterschiede zwischen Frauen- und Männerfußball gibt. Viele zögern, weil man allgemein in einem sehr fitten Zustand sein muss, um bei Männern mithalten zu können. Männer spielen schneller und mit mehr Körpereinsatz.

Haben Sie das Gefühl, härter trainieren zu müssen als Ihre Mitspieler, um Anerkennung zu bekommen?

Ja. Bei den Männern spüre ich einen gewissen Druck, mich immer wieder aufs Neue beweisen zu müssen. Eben weil ich eine Frau bin. Ich habe das Gefühl, dass ich zeigen muss: Ich stehe hier zurecht. Also nicht vor meinen Mannschaftskameraden, sondern vor den Zuschauern und den Gegnern.

Wie haben Sie Ihre Mannschaftskameraden aufgenommen?

Zunächst waren sie noch etwas skeptisch. Es hat ein paar Wochen gedauert. Aber dann wurde ich eine von Ihnen. Sie bewundern, was ich tue. Einer hat mal gesagt: Respekt, dass du dir das antust und uns Männer unterstützt. Mittlerweile gehöre ich dazu und werde auch so behandelt wie alle anderen. Aus Teamkameraden sind Freunde geworden.

Haben Sie eine eigene Kabine oder ziehen Sie sich mit Ihren Mitspielern gemeinsam um?

Ich bin von Anfang an mit in die Kabine gegangen und ziehe mich mit den Jungs zusammen um. Ich wurde zwar gefragt, ob ich eine eigene Kabine haben will, aber ich verneinte. Ich will dabei sein und kein Extra-Ding bekommen. Ich möchte so behandelt werden wie alle anderen auch. So fühle ich mich als Teil der Mannschaft.

Wo macht es mehr Spaß zu spielen: bei den Frauen oder den Männern?

Das ist eine schwierige Frage: Ich habe in der Frauen- und in der Männermannschaft zwei unterschiedliche Rollen. Bei den Frauen wird von mir als Kapitänin erwartet, dass ich viele Tore schieße. Das ist bei den Männern nicht der Fall.

Werden Sie weniger gefoult als Ihre Mitspieler?

Am Anfang waren die Männer vorsichtiger, aber seit sie sehen, dass ich auch Tore schieße, betrachten sie mich als eine ernst zu nehmende Gegnerin. Ich werde auch wie alle anderen gefoult. Manchmal sogar auch echt hart. Wir Frauen sind aber härter im Nehmen als Männer. Wir stehen schneller wieder auf, wenn wir gefoult werden und sind nicht so theatralisch.

Was wünschen Sie sich für den Frauenfußball?

Eine faire Bezahlung. Männer betreiben den gleichen Aufwand wie Frauen, dennoch ist es so, dass Männer mehr Geld bekommen. Männer in der Kreisklasse verdienen mehr als Frauen, auch wenn diese in einer höheren Liga spielen. Das liegt daran, dass Frauen seltener gesponsort werden als Männer. Ich wünsche mir, dass der Frauenfußball endlich mehr akzeptiert wird und Klischees überwunden werden. Als Frau in einer Herrenmannschaft geht es mir darum, ein Zeichen zu setzen: Frauen können auch Fußball spielen.

Wie es ist, als Frau bei der Bundeswehr zu arbeiten, lesen Sie hier.

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