Exhibitionist (52) im Lügennetz: Eindringliche Bitte bringt Geständnis

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Das Ebersberger Amtsgericht. (Symbolbild) © PETER KEES

Ein 52-jähriger Servicetechniker muss sich vor dem Ebersberger Amtsgericht verantworten. Im vergangenen Jahr soll er an einem Bahnhof vor den Augen einer Mutter und deren Tochter (13) masturbiert haben. Vor Gericht leugnet er die Tat – bis das Mädchen aussagen soll.

Grafing – Es war eine schleppende Wahrheitssuche, auf die sich Jugendrichter Dieter Kaltbeitzer jüngst im Ebersberger Amtsgerichts begeben musste. Fast drei Stunden spannte der 52-jährige Angeklagte dort ein sorgfältig ausgeklügeltes Lügennetz, löcherte Zeuginnen mit belanglosen Fragen und stellte sich als Opfer der Justiz dar. Erst die eindringlichen Worte der Nebenklage brachten den Mann schließlich dazu, sein selbst konstruiertes Kartenhaus zusammenkrachen zu lassen – und einem jungen Mädchen so ein wiederauflebendes Trauma zu ersparen.

Mutter und Tochter (13) erwischen Mann beim Masturbieren am Bahnhof

Hintergrund: Vor einem dreiviertel Jahr hatte die 13-jährige Schülerin zusammen mit ihrer Mutter den Servicetechniker beim Masturbieren am Bahnhof in Grafing-Bahnhof erwischt. Das Mädchen plagen seither Albträume, allein fährt es nicht mehr mit öffentlichen Verkehrsmitteln, schildert die 36-jährige Mutter vor Gericht die seelischen Wunden, die der Vorfall bei ihrer Tochter hinterlassen hat. Derweil habe das Mädchen an jenem Nachmittag doch bloß ihre Oma besuchen wollen. „Sie wollte mit der S-Bahn fahren, deshalb habe ich sie zum Bahnhof gebracht. Als wir am Parkplatz ausgestiegen sind, haben wir gesehen, wie er sich einen runterholt. Ich war einfach nur schockiert und habe ihn angeschrien“, berichtet die Aßlingerin.

Mit heruntergelassener Hose sei der Angeklagte in seinem Auto gesessen, die Fahrertür einen Spalt geöffnet. „Er hat auch nicht aufgehört, als er uns gesehen hat“, so die Zeugin, die in dem Prozess auch als Nebenklägerin vertreten ist. Die Situation an jedem Tag in Grafing-Bahnhof beschreibt sie sehr detailreich, erinnert sich an genaue Handbewegungen, T-Shirt-Farbe und Autokennzeichen des Mannes.

Angeklagter dementiert Vorfall – und schiebt Schuld auf Zeugin

Der 52-Jährige verfolgt die Aussage der Aßlingerin indessen mit vehementem Kopfschütteln, dann löchert er sie mit belanglosen Fragen zu Zugticket und Wetter, macht ihr sogar Vorwürfe. „Für das Trauma des Kindes ist allein die Mutter verantwortlich. Sie hat mich beim angeblichen Masturbieren ja zuerst gesehen und hätte das Kind wegdrehen können“, erklärt der Mann. Ohnehin sehe er in der Anzeige der 36-Jährigen eine Verschwörung gegen seine Person. „Sie will bestimmt nur Schmerzensgeld“, betont der gebürtige Kroate. Dem Gericht tischt er eine völlig andere Version des Vorfalls auf.

Demnach habe er seine Tochter vom Bahnhof abholen wollen und sich mit seinem Pkw auf einen E-Auto-Stellplatz gestellt. „Ich dachte, die Dame beschwert sich, weil ich da nicht parken darf“, so der Angeklagte, der sich „mit Sicherheit nicht“ selbstbefriedigt habe.

Das kauft ihm Richter Kaltbeitzer nicht ab, gibt es doch einen ähnlichen Vorfall ein paar Kilometer weiter, auf einem Supermarkt-Parkplatz in Grafing. Auch dort soll der Servicetechniker in seinem Auto Hand angelegt haben. „Sein Gesicht hat sich bei mir eingebrannt“, berichtet eine Kundin, die den Sittenstrolch damals erwischte, vor Gericht. Mit deutlichen Worten mahnt der Vorsitzende den 52-Jährigen daher, endlich mit der Wahrheit herauszurücken. Doch der Grafinger bleibt stur.

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Eindringliche Bitte an Angeklagten hilft: Traumatisierter Schülerin bleibt Aussage erspart

Als letzte Zeugin soll deshalb die traumatisierte Schülerin aussagen. Deren Mutter möchte das unbedingt verhindern. Mit beherzten Worten wendet sich der Anwalt der Familie an den Angeklagten: „Sie haben doch selbst zwei Kinder. Wollen Sie es dem Mädchen nicht ersparen, hier aussagen zu müssen?“, appelliert er an den Angeklagten. Mit Tränen in den Augen gesteht der Grafinger kurz darauf seine Entblößungen.

Den Urteilsspruch des Richters, der eine siebenmonatige Bewährungsstrafe und eine 2400 Euro schwere Geldauflage verkündet, verfolgt der Mann schweigend. Er ist jetzt wegen Exhibitionismus und sexuellen Missbrauchs von Kindern ohne Körperkontakt vorbestraft.

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