Neue Verwaltungsstellen, weniger „Arbeitsanreize“: Ampel streitet erneut über Kindergrundsicherung

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Die Kindergrundsicherung soll ab 2025 Kindern aus finanziell schwachen Familien bessere Chancen eröffnen und Kinderarmut bekämpfen. Doch das Gesetz ist umstritten.

Berlin – Im lange andauernden Streit um eine Kindergrundsicherung zur Bekämpfung von Kinderarmut, soll ein Treffen des Koalitionsausschusses am Mittwochabend Klarheit bringen. Doch bereits vor dem Treffen streiten Grüne und FDP öffentlich über die grundsätzliche Umsetzbarkeit des Sozialgesetzes, das im Koalitionsvertrag noch als eines der wichtigsten Projekte der Ampel galt.

Der aktuelle Konflikt, der dafür sorgt, dass so mancher die Umsetzbarkeit des Gesetzes in Gänze infrage stellt, dreht sich vor allem um eine Kalkulation aus dem Bundesfamilienministerium, nach der bundesweit rund 5000 neue Stellen für die Umstellung der familienpolitischen Leistungen geschaffen werden müssten, um die Kindergrundsicherung zentral über den „Familienservice der Bundesagentur der Arbeit“ zu regeln. Familienministerin Lisa Paus (Grüne) hat wiederholt betont, dass diese Umstellung notwendig sei, um langfristig Bürokratie abzubauen.

Vor allem die Parteien von Familienministerin Paus (Grüne) und Finanzminister Lindner (FDP) sind sich über den gemeinsamen Gesetzesentwurf für eine Kindergrundsicherung uneinig.
Vor allem die Parteien von Familienministerin Paus (Grüne) und Finanzminister Lindner (FDP) sind sich über den gemeinsamen Gesetzesentwurf für eine Kindergrundsicherung uneinig. © Bernd von Jutrczenka/dpa

Kritik an Plänen zur Kindergrundsicherung: FDP befürchtet Wegfall von Arbeitskräften

Die FDP bezeichnet die Zahl der Stellen, die für die Umsetzung der Kindergrundsicherung geschaffen werden soll, dagegen als zu hoch und pocht gleichzeitig darauf, dass die Pläne aus dem Bundesfamilienministerium nicht zu weniger, sondern zu mehr Bürokratie führen würden. Das etwa erklärte der FDP-Vize-Vorsitzende der FDP, Johannes Vogel, im ARD-Morgenmagazin und argumentierte daraufhin, dass der Gesetzesentwurf „Behörden-Wirrwarr“ schaffe und „grundlegend überarbeitet“ werden müsse.

Eine Überarbeitung fordert auch Finanzminister Christian Lindner, der außerdem davor warnt, dass durch Gesetzesneuerungen wie die Kindergrundsicherung „Arbeitsanreize“ verloren gehen könnten. Dazu argumentiert er, dass es in manchen Fällen keinen Unterschied mache, ob eine vierköpfige Familie über ein Einkommen von 3000 oder 5000 verfüge, weil Kinderzuschlag, Wohngeld, Sozialabgaben und Steuern das Einkommen „nivellieren“. Seine Partei fürchtet nun, dass die Kindergrundsicherung Tausende Eltern in Deutschland dazu treiben könnte, weniger zu arbeiten. Das sagte Lindner im Gespräch mit der Augsburger Allgemeinen.

SPD will Aufwand für Kindergrundsicherung bei den Behörden, nicht bei Familien

Auch aus der SPD werden immer wieder Stimmen laut, die „substanzielle Änderungen“ an der Kindergrundsicherung fordern, vor allem um dafür zu sorgen, dass „das Geld leichter zu den Kindern kommt“, zitiert die Nachrichtenagentur AFP die parlamentarische Geschäftsführerin der Partei, Katja Mast. Mast wies darauf hin, dass es sich bei der vorgesehenen Bündelung vorhandener Leistungen in die neue Kindergrundsicherung um einen sehr komplexen Prozess handele, der erneut Hürden für Familien aufbauen könnte. Ihr sei darum wichtig, dass „die Verwaltung die Arbeit hat, nicht die Betroffenen“.

Ganz gegen eine Überarbeitung ausgesprochen, hat sich ebenfalls am Mittwoch im ARD-Morgenmagazin Bundesfamilienministerin Lisa Paus, die betonte, dass der Gesetzesentwurf von allen drei Koalitionsparteien noch vor wenigen Monaten gemeinsam erarbeitet und „in der Koalition beschlossen“ worden ist. Dabei hätten alle drei Parteien sich von Beginn an auf einen Abbau der Bürokratie verständigt, was durch die Bündelung vieler Leistungen zu einer einzigen erreicht werden solle, widerspricht Paus der Kritik der Koalitionspartner.

Kindergrundsicherung ab 2025: Das soll sich für Familien ändern

Die Kindergrundsicherung galt im Koalitionsvertrag als eines der wichtigsten Projekte der Ampel-Parteien und ist seit Monaten heftig umstritten. Wichtigstes Thema dabei ist bislang die Finanzierung, die noch zu Beginn der Planung mit einer zweistelligen Milliardensumme angegeben war und inzwischen deutlich niedriger ausfallen soll. Berichte im Sommer sprachen von geplanten Ausgaben für 2025 von rund 3,5 Milliarden Euro.

Bereits ab 2025 soll die Kindergrundsicherung aktuellen Plänen zufolge die aktuellen familienpolitische Leistungen ablösen. Geplant ist, dass die Berechtigten im neuen System automatisch den ihnen zustehenden Satz erhalten, statt wie bisher erst einen Antrag stellen zu müssen. Die Kindergrundsicherung soll sich zusammensetzen aus einem Garantiebetrag, der das Kindergeld ablöst und einem Kinderzusatzbetrag, der Kinder aus finanziell schwachen Familien zusätzlich absichern soll. (saka mit AFP)

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