Grünen-Kritik an EU-Asylpaket: „Ein trauriger Tag für das europäische Asylrecht“
Das EU-Parlament stimmt über das umstrittene Asylpaket ab. Ein EU-Abgeordneter der Grünen spricht von Symbolpolitik. Bei den Grünen hat die Reform in der Vergangenheit für Streit gesorgt.
Brüssel – Nach acht Jahren Verhandlungen und viel Kritik soll am Mittwoch (10. April) im Europäischen Parlament über ein neues Asyl- und Migrationspaket abgestimmt werden. Ob das Paket, das eine Reihe von Gesetzen zur Asyl-Politik der EU enthält, im Parlament angenommen wird, scheint noch nicht sicher. Die konservative EVP-Fraktion habe Grüne und Linke eindringlich gewarnt, das Gesetz nicht zu blockieren, berichtete das RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).
Faeser appelliert an EU-Abgeordnete: „Europa muss hier seine Handlungsfähigkeit zeigen“
Bei den Grünen hat der sogenannte Asylkompromiss bereits in der Vergangenheit für Kritik und Streit gesorgt. Der Europaparlament-Abgeordnete der Grünen, Erik Marquardt, will gegen das Paket stimmen, erklärte er. Über die Reform, die zur Abstimmung steht, sagt er: „Das ist ein trauriger Tag für das europäische Asylrecht.“
Wie auch die EVP hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) dem RND zufolge an das Europäische Parlament appelliert, die Neuregelung der Asylpolitik anzunehmen. „Europa muss hier seine Handlungsfähigkeit zeigen. Niemand darf dieses Thema den Rechtspopulisten überlassen, die Menschen in Not für ihre Stimmungsmache missbrauchen“, sagte Faeser demnach.
Grünen Europa-Abgeordneter kritisiert: „Das ist kein Kompromiss der Mitte“
Das Paket habe vor allem Symbolcharakter, kritisiert Marquardt. Es gehe bei dem rund 900 Seiten langen Paket weniger um das, „was beschlossen wird, als vielmehr darum, dass etwas beschlossen wird“. Hauptziel sei es, erklärt Marquardt, die Rechten zu schwächen, was sich seiner Ansicht nach bereits in der Vergangenheit als Trugschluss herausgestellt habe.

Bei der Entwicklung des Asylpaketes habe der Rat seine Positionen hart durchgesetzt und es sei dabei eher „nach rechts geschielt“ worden. Anstatt mit den Grünen habe man lieber mit Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni und ihrer postfaschistischen Fratelli d‘Italia einen Kompromiss geschlossen, kritisiert Marquardt. „Das ist kein Kompromiss der Mitte“, erklärt er weiter.
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Kritik von mehr als 700 Grünen-Politikern an Parteispitze: Kurs der „Abschreckung und Abschottung“
Im Juni 2023 kritisierten mehr als 700 Grünen-Poliiker den Kurs der Bundesregierung im Zusammenhang mit der EU-Asylrechtsreform scharf. Laut Spiegel ein von rund 730 Parteimitgliedern unterzeichnetes Schreiben unter anderem an Außenministerin Annalena Baerbock und Wirtschaftsminister Robert Habeck versandt worden. Die Parteibasis habe darin einen Kurs der „Abschreckung und Abschottung“ kritisierte. Auch lautete die Kritik, dass die Pläne der EU-Kommission nicht von dem Koalitionsvertrag der Ampel gedeckt seien.
Der Länderrat der Grünen hat im Juni 2023 einen Antrag explizit zum Gemeinsamen Europäischen Asylsystem gestellt. Die Delegierten haben darin einstimmig zum Ausdruck gebracht, dass sie das Paket kritisch sehen und Kriterien für die Abstimmung haben. Diese seien alle gerissen worden, erklärt Marquardt.
Baerbock hat dem Asyl-Kompromiss 2023 zugestimmt und damit für Verärgerung in der eigenen Partei gesorgt. Zuvor hatte sich auch die Ampel auf Ausnahmen geeinigt, die jedoch nicht durchgesetzt wurden. Baerbock sprach von einem bitteren, aber notwendigen Kompromiss. Der Streit um die Asylreform wurde vor dem Parteitag der Grünen im November 2023 zur Zerreißprobe.
Debatte beim Grünen Parteitag 2023: Kritik an Baerbock und Habeck von Grüner Jugend
Beim Parteitag wurde emotional über den Kurs der Grünen in der Asyl- und Migrationspolitik diskutiert. Die Grüne Jugend stellte damals einen Antrag, durch den alle Grünen in Regierungsverantwortung verpflichtet worden wären, sich nicht an Verschärfungen für Geflüchtete jeglicher Art zu beteiligen. Die Delegierten lehnten den Antrag ab, berichtete die taz.
Diese Forderung, sagte Außenministerin Annalena Baerbock demzufolge, könne sie nicht einhalten, weil sie sonst den Verhandlungstisch der EU „ihrem ungarischen Kollegen“ überlassen müsse. In ihrer Partei ernteten Baerbock und Habeck teils Kritik für ihre Haltung. Marquardt sieht jedoch auch mit Blick auf die Grünen-Spitze keine Euphorie zu dem neuen Asylpaket, erklärt er.
Grünen-Abgeordneter über Reform: „Familien und Kinder in Lager zu sperren, wird keine Probleme lösen
Kernaspekt der neuen Reformen ist die Errichtung von Asylzentren nahe der EU-Außengrenzen. Dort sollen demnach Geflüchtete eine Sicherheitsprüfung durchlaufen und ein möglicher Asylgrund geprüft werden. Ziel sei es, die Migration nach Europa besser zu steuern.

Viele Migrationsexperten äußerten bereits Zweifel daran, dass die Regelungen dieses Ziel tatsächlich erfüllen können. Kritik vonseiten der Sozialdemokraten und Grünen hat es besonders in Bezug auf das Verfahren von Familien und Kindern gegeben. „Familien und Kinder in Lager zu sperren, wird keine Probleme lösen, sondern neue schaffen“, erklärt Marquardt. (pav)