Militärexperte warnt vor Waffenruhe im Ukraine-Krieg: „Wird zu noch größerem Krieg“
Alle hoffen auf die eine Waffenruhe im Ukraine-Krieg. Doch ein Militärexperte warnt: Der Konflikt könne durch eine Waffenruhe weiter eskalieren.
Kiew – Im Falle einer Waffenruhe im Ukraine-Krieg rechnet der ukrainische Militärexperte und Analytiker Olexander Kowalenko mit einem massiven Militäraufbau Russlands. Innerhalb eines Jahres könnte Moskau sein militärisches Potenzial ausweiten, wurde Kowalenko von der ukrainischen Nachrichtenagentur Unian zitiert. Damit drohe das klassische Szenario eines dritten Weltkriegs, argumentiert der Militärexperte.
Seine Begründung für dieses verheerende Szenario: Russland könne innerhalb von zwölf Monaten alle Komponenten seiner Streitkräfte – vor allem Panzer, Artillerie und Raketen – unbehindert ausbauen. Zudem sei mit steigenden Zahlen von Infanterie zu rechnen – bis zu 1,2 Millionen Mann. Sollten Moskau und Pjöngjang weiterhin an ihrer Zusammenarbeit festhalten, wären bis zu 50.000 Soldaten aus Nordkorea als Verstärkung zu erwarten, meinte er. „Diese Anhäufung wird um eine Vielfaches höher sein als das, was den russischen Besatzungstruppen am 24. Februar 2022 (zu Beginn der Offensive gegen die Ukraine, Anm. d. Red.) zur Verfügung stand.“
Warnung vor Eskalation des Ukraine-Kriegs: Dritter Weltkrieg und Kritik am Westen
Kremlchef Wladimir Putin könnten sich damit Möglichkeiten zum Vorstoß nach Europa eröffnen, etwa durch den sogenannten Suwalki-Korridor, das Grenzgebiet zwischen Polen und Litauen, nach Kaliningrad. „Wenige Menschen sprechen davon, aber dieser Plan der russischen Militärführung existierte schon 2022“, sagte Kowalenko. Zu den russischen Plänen zu Angriffsbeginn 2022 gehörte auch der Vorstoß im Süden der Ukraine über die Hafenstadt Odessa in Richtung Moldau.
Nach Kowalenkos Meinung könnte Europa durch eine erzwungene Waffenruhe in der Ukraine dem Dritten Weltkrieg nur näher bringen. „Auf merkwürdige Weise versagt die Voraussicht der westlichen Führer, und niemand sieht, was nach einem Jahr des ‚Schweigens der Waffen‘ passieren kann“, sagte Kowalenko. „Jeder Frieden mit einem unbesiegten Feind führt zu einem noch größeren Krieg.“
Donald Trump will Frieden in der Ukraine – Kompromiss zwischen Putin und Selenskyj möglich?
Der künftige US-Präsident Donald Trump hatte bereits angekündigt, er wolle den Ukraine-Krieg so schnell wie möglich beenden. Mit Blick auf seine Amtseinführung am 20. Januar, hatte sich der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj für eine mögliche Waffenruhe im Ukraine-Krieg ebenfalls offen gezeigt. Doch müssten sowohl Russland als auch die Ukraine deutliche Zugeständnisse an den jeweiligen Verhandlungspartner machen. Zu welchem Kompromiss Wladimir Putin bereit wäre, ist unklar. Zuvor hatte der russische Diktator ein vorläufiges Angebot von Donald Trumps Team zu einem Waffenstillstand abgelehnt.
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Putin hatte betont, dass jeder Friedensvertrag die „Realitäten am Boden“ anerkennen müsse. Konkret hieße das wohl, dass Russland gewonnenes ukrainisches Gebiet nicht abtreten würde. Eine Waffenruhe komme für Putin dagegen nicht infrage, hieß es aus Moskau.
Und auch einer Waffenruhe begegnen viele russische Experten skeptisch. Ähnlich warnen sie davor, dass der Westen mit seinen Waffenlieferungen und der Ausbildung ukrainischer Soldaten Kiew noch stärker machen könne, um Moskau dann eine strategische Niederlage zuzufügen. Sie verweisen darauf, dass der Westen die vor gut zehn Jahren geschlossenen Minsker Friedensvereinbarungen eben zu einer militärischen Stärkung der Ukraine genutzt habe. Die Ukraine betonte mehrfach, dass Russland auf eine Weise besiegt werden müsse, damit es nie wieder ein anderes Land angreifen könne. (sischr/dpa)