„Das Land ist gespalten“: Schülerin aus Putzbrunn erlebt seit Wochen US-Wahlkampf hautnah mit
Marie Schultz (17) aus Putzbrunn besucht derzeit eine Highschool in den USA. Über den Wahlkampf und ihre Eindrücke berichtet sie im Interview.
Kamala Harris oder erneut Donald Trump? Die Welt schaut auf die Vereinigten Staaten von Amerika. Wer die Präsidentschaftswahl in den USA gewinnt, entscheidet sich am heutigen Dienstag. Wie intensiv der Wahlkampf in den USA geführt wird, konnte Marie Schultz hautnah miterleben. Die 17-jährige Schülerin aus Putzbrunn hat im Rahmen des Parlamentarischen Patenschafts-Programms ein rund einjähriges Vollstipendium für die USA erhalten und lebt derzeit bei einer Gastfamilie in Brighton nahe Detroit im Bundesstaat Michigan. Dort geht die Gymnasiastin auf die Highschool.
Ist der Wahlkampf in Deutschland mit dem US-Wahlkampf zu vergleichen?
Amerikaner sind im Wahlkampf anderes als wir. Nicht komplett anders, wir stellen schließlich auch Schilder und Plakate auf und doch ist es anders: Viele Menschen zeigen offensichtlich, wen sie wählen. Sehr viele Personen hier haben Trump- oder Kamala-Schilder in ihren Gärten oder Fahnen von den Personen an ihrem Haus oder am Zaun. Und das machen nicht nur wenige. Es gibt keine Straße, in der nicht mindestens ein paar Häuser entweder ein Schild, eine Fahne oder ein Plakat im Garten oder am Haus haben.
Gibt es sonst
Unterschiede?
Im Fernsehen und Radio läuft sehr viel Werbung für die jeweilige Partei. Die Amis kleben sogar Sticker an ihre Autos, um Werbung zu machen und zeigen so, wen sie wählen. Von der Werbung im Briefkasten will ich gar nicht anfangen. Die „wenige“ Werbung in unseren Briefkästen hingegen ist nichts. Die Amerikaner werden mit Flyern wirklich überhäuft, könnte man sagen.
Ist der Wahlkampf auch Thema an Ihrer Highschool?
Ja. In Civics zum Beispiel – das ist der Politikunterricht an der Schule – haben wir die Debatte zwischen Trump und Harris im Unterricht angeschaut und mussten diese analysieren. Wir mussten aufschreiben, was die jeweilige Person für Argumente gebracht hat zu einem Thema und ob die Frage der Moderatoren beantwortet worden ist. Dasselbe mussten wir für die Debatte zwischen den Vizekandidaten Walz und Vance machen, diesmal aber als Hausaufgabe für daheim. Jeder weiß auch, wann der Tag der Wahl ist, weil wir als Schüler an dem Tag schulfrei haben, was uns natürlich sehr freut.
Unterhalten sich die Schüler über die Kandidaten und den möglichen Wahlausgang?
Tatsächlich weniger, als ich gedacht hatte. Immer wieder reden Schüler über die Wahl, aber dann geht es eher um Geschehnisse bei Trump oder Kamala und nicht direkt um den Wahlausgang. Man muss auch sagen, dass ich natürlich nicht alles mitbekomme. Ich glaube aber auch, dass viele Schüler sich damit nicht ganz so intensiv beschäftigen, weil sie noch nicht wahlberechtigt sind.
Meine news

In Deutschland wird viel darüber berichtet, dass Donald Trump sehr viele Falschinformationen verbreitet. Wird das Thema Fake News auch in den USA thematisiert? Wird es zum Beispiel in der Schule angesprochen?
Dass Trump viele Falschinformationen verbreitet, wird in den USA thematisiert, aber nicht in den Schulen. Dadurch, dass die Lehrer und Schulen politisch neutral bleiben sollen, beschäftigt man sich nicht damit. Es wird eher in der Öffentlichkeit und auf Social Media thematisiert.
In Deutschland wird in den Medien der Eindruck vermittelt, dass die Gräben zwischen Demokraten und Republikanern beziehungsweise zwischen ihren Anhängern sehr tief sind. Haben Sie den Eindruck gewonnen, dass das Land gespalten ist?
Ich glaube nicht, dass die Gräben so tief sind, wie die Medien sie darstellen. Ich habe das Gefühl, dass das Land gespalten ist, aber das liegt zum großen Teil daran, dass viele Medien hier die Nachrichten auf eine voreingenommene Art und Weise präsentieren, was den Eindruck erweckt, dass die Gräben größer sind. Wenn ich mit jemandem spreche, der eine andere Meinung hat als ich, war unser Gespräch trotzdem immer sehr respektvoll und höflich.
Wie haben Ihre Gasteltern auf den Kandidatenwechsel von Biden zu Harris reagiert?
Für diese Frage habe ich extra bei meinem Gastvater nachgefragt und würde gerne eins zu eins seine Antwort wiedergeben. Übersetzt hat er in etwa Folgendes gesagt: „Ich war dankbar für den Wechsel von Biden zu Harris. Ich bin ein moderater Demokrat und hatte hinsichtlich Bidens Fähigkeit, die Pflichten des Amtes zu erfüllen, Bedenken. Ich glaube, Harris ist besser in der Lage, diese Rolle zu erfüllen.“
Der Bundesstaat Michigan, in dem Sie leben, zählt ja zu den sogenannten Swing States. Gibt es eine Tendenz, wer in Michigan die Nase vorne haben könnte?
Gerade weil Michigan ein Swing State ist, macht es das Ganze schwierig einzuschätzen. Ich habe tatsächlich keine Ahnung. Meine Gegend ist eher republikanisch, wenn man jedoch Richtung Detroit fährt, ändert sich das ganz schnell. Viele Personen, die ich gefragt habe, sind der Meinung, dass es dieses Jahr so knapp wird, wie noch nie.
Merkur-Reporterin mittendrin im Wahlfieber
Auch für Merkur-Mitarbeiterin Claudia Porsch war auf ihrer Rundreise durch den Osten der USA der Präsidentschaftswahlkampf omnipräsent. „Kamala Harris for President” oder „Trump make America great again” gehörte zum Standardsortiment aller Souvenirläden. Ausgeglichen verteilt waren die Namen der Präsidentschaftskandidaten auf Tassen, Kappen, Buttons oder Schildern gedruckt. Auf den Straßen durch die ländliche Gegend von Pennsylvania dominierten Schilder und Banner, auf denen „TRUMP“ in großen Lettern stand. Nach den letzten Umfragen hätte Kamala Harris im Swing-State Pennsylvania dennoch einen leichten Vorsprung gegenüber Trump, berichtet Porsch. Als Swing-State oder auch Battle-State wird ein Staat bezeichnet, in dem die beiden großen Parteien eine gute Chance auf den Wahlsieg haben. Genau diese Staaten spielen bei der Wahl eine entscheidende Rolle. Im ländlichen Raum sei sie übrigens von Trump-Anhängern vor dem Besuch von Großstädten wie Philadelphia, Washington oder New York gewarnt worden – der Kriminalität und der Migranten wegen. Bei ihrem späteren Besuch in Washington und New York erwiesen sich für die Merkur-Mitarbeiterin derartige Bedenken als unbegründet.