Selten nasses Jahr: Grundwasserpegel steigen plötzlich sprunghaft an

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Um 1,5 Meter stieg der Grundwasserpegel an der Messstelle „Hohenlinden 2“ binnen weniger Wochen – von „sehr niedrig“ auf „sehr hoch“. Verantwortlich zeichnet ein regenreiches Jahr 2023. Die Niederschläge sickern verzögert ins Grundwasser durch.
Um 1,5 Meter stieg der Grundwasserpegel an der Messstelle „Hohenlinden 2“ binnen weniger Wochen – von „sehr niedrig“ auf „sehr hoch“. Verantwortlich zeichnet ein regenreiches Jahr 2023. Die Niederschläge sickern verzögert ins Grundwasser durch. © Johannes Dziemballa, Grafik: NID

Ein regenreiches Jahr beeinflusst 2024 drastisch die Grundwasserpegel im Kreis Ebersberg. Ein erfreulicher Umstand für das Wasserwirtschaftsamt. Die Frage ist, ob dieser Anstieg beständig ist.

Landkreis – Seit Jahren blicken die Fachleute mit Sorge auf die Grundwasserpegel in der Region. „Grundsätzlich geht die Tendenz langfristig nach unten“, sagt etwa Marion Natemeyer, im Wasserwirtschaftsamt Rosenheim zuständige Abteilungsleiterin für den Landkreis Ebersberg. Ganz anders verhielt es sich über die vergangenen Wochen. Was Ausflüglern und Draußenmenschen im zurückliegenden Jahr 2023 ein Gräuel war, ist für die Wasserexpertin ein Lichtblick. Es hat so viel geregnet, wie schon lange nicht. Nun zeigen die Messstellen: Der Niederschlag kommt auch im Grundwasser an.

Nass war es im Frühling und zum Jahresende

Zwei markante Regenperioden zeichnen das Jahr 2023 aus: das Frühjahr mit April und Mai sowie der Spätherbst und Winter von Oktober bis Dezember. Dazu zählt der Rekordschneefall von Anfang Dezember. Der taute freundlicherweise gemächlicher ab, als er vom Himmel fiel und sickerte somit gründlich ins Grundwasser ein. Insgesamt rund 400 Millimeter (Liter pro Quadratmeter) mehr Niederschlag als im langjährigen Schnitt kamen übers Jahr 2023 zusammen, hat Natemeyers Amt protokolliert. Bei einem Landkreis-Langzeit-Mittel von um die 1000 Millimeter ein sattes Plus.

Wiesen unter Wasser wie im Bild der Sportplatz in Markt Schwaben sind für die Grundwasser-Experten dabei ein gutes Zeichen: Der Regen läuft nicht ab, sondern sitzt ein.
Wiesen unter Wasser wie im Bild der Sportplatz in Markt Schwaben sind für die Grundwasser-Experten dabei ein gutes Zeichen: Der Regen läuft nicht ab, sondern sitzt ein. © Johannes Dziemballa, Grafik: NID

Das macht sich auch an den Messstellen bemerkbar. So meldet aus der Schotterebene die Station „Hohenlinden 2“ sogar einen „sehr hohen“ Pegelstand. Vor einem sprunghaften Anstieg ab November 2023 war er noch bei „sehr niedrig“ gelegen. Dann ging es binnen weniger Wochen um rund 1,5 Meter nach oben. Auch bei Aßling sprudelt Oberflächenwasser aus der Kupfgrabenquelle so fleißig wie lange nicht. Ob die Erholung langfristig anhält, mag Natemeyer nicht vorhersagen, denn am Trend ändere ein gutes Jahr noch wenig – solche gab es zuletzt 2013 und 2002; mit noch höheren Grundwasserpegeln. Damals ging es sogar manchem Keller nass rein, erinnert sie sich, in Poing zum Beispiel. Soweit reichen die derzeitigen Pegel bislang nicht.

Wärmepumpen und Brunnen in Vaterstetten fallen trocken

Und so ist das Mehr-Wasser im Untergrund sehr willkommen – auch aus praktischen Gründen. Bürgermeister Leonhard Spitzauer berichtet aus seiner Schottereben-Gemeinde Vaterstetten, dass Landwirte und Grundwasser-Wärmepumpen-Besitzer ihre Brunnen vertiefen mussten, um sie weiter nutzen zu können. Weil die Pegel so tief sanken, wie nie zuvor. Auch auf Spitzauers heimischen Hof bei Parsdorf sei 2023 die Pumpe der Pferdetränke betroffen gewesen, ebenso die Heizung der Kinderkrippe im Birkenweg. „Es braucht eine Genehmigung vom Wasserwirtschaftsamt, dann wird nachgegraben und die Pumpe tiefer gehängt“, erklärt der Bürgermeister das dafür nötige Prozedere.

Ihre Behörde tendiere dazu, diese Genehmigungen zu erteilen, um Bauern nicht von ihrem Wasser und Hausbesitzer nicht von ihrer Heizquelle abzuschneiden, so Wasserwirtschaftsamts-Abteilungsleiterin Natemeyer. Lieber ist ihr aber, es ist einfach genug Wasser da. „Eine gute Sache“, sagt sie deshalb über das Jahr 2023. Nur dass die Niederschlagsmessung halt mit dem Jahreswechsel wieder bei Null anfange.

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Wasserversorger nicht in Not - profitieren aber auch noch nicht vom vielen Regen

Distanzierter blicken die Wasserversorger auf die Entwicklung. Frühestens im Mai, schätzt Thilo Kopmann, werde sich sagen lassen, ob sich die hohe Niederschlagsmenge von 2023 auch ins zweite Grundwasserstockwerk durchschlage. Kopmann ist Geschäftsführer des Kommunalunternehmens Vemo, das aus seinem Brunnen bei Zorneding rund 86 000 Menschen in den Landkreisen Ebersberg, Erding und München versorgt. Er blickt auf die Schichten in rund 40 Metern Tiefe, während die erste Grundwasserschicht in der Schotterebene weitgehend weniger als halb so tief liegt. Immerhin habe sich auch in der Tiefe die Lage etwas stabilisiert – allerdings auf ungekannt niedrigem Niveau.

„Die Bürger gehen mit dem Trinkwasser zunehmend achtsamer um“, bemerkt Kopmann lobend. Trotz des streckenweise sehr heißen Sommers sei der Verbrauch „nicht exorbitant angestiegen“, was Kopmann auf bewusste Sparbemühungen zurückführt. Trotzdem ist ein nasses Jahr kein Anlass zum Pritscheln und Prassen, mahnt er: „Wir müssen auf die nächsten 20, 30 Jahre und länger schauen.“

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