Deutsche Marine ins Rote Meer? Bundespräsidenten kostete Forderung einst das Amt
Huthi-Angriffe im Roten Meer verängstigen deutsche Reedereien. Sollte die Bundeswehr Handelsinteressen militärisch schützen – so wie es Horst Köhler einst wollte?
Berlin – Die Lage im Roten Meer spitzt sich zu. Täglich laufen Meldungen von angegriffenen oder gekaperten Handelsschiffen über die Nachrichtenticker. Auch Deutschland spürt die Folgen der Huthi-Angriffe: Die deutsche Reederei Hapag-Lloyd stellt gegenüber der ZEIT resigniert fest: „Auf Terrorismus sind wir nicht vorbereitet“. Ein Frachter der weltweit fünftgrößte Linienreederei war in der Meerenge im Roten Meer zwischen dem Jemen und Dschibuti von Huthi-Rebellen beschossen worden. Wie andere Reedereien auch werde man Umleitungen über das Kap der Guten Hoffnung in Südafrika aufrechterhalten, „bis die Passage durch den Suezkanal und das Rote Meer für Schiffe und ihre Besatzungen wieder sicher ist.“ Genau das soll bald geschehen – mit militärischen Mitteln.
Folgen der Huthi-Angriffe: Patrouilliert die Bundeswehr bald im Roten Meer?
Das US-Militär hat nun die neue Sicherheitsinitiative „Operation Prosperity Guardian“ für das Rote Meer ausgerufen. Eine Vielzahl von Ländern ist dabei – von Großbritannien über Bahrain, Kanada, Frankreich, Italien, die Niederlande, Norwegen, die Seychellen bis Spanien. Durch eine verstärkte Kooperation der Seestreitkräfte soll der Schutz von Handelsschiffen verbessert werden. Und die Bundeswehr? Ist auch sie bei dem Bündnis dabei?
Das ist noch nicht ganz klar: Das Auswärtige Amt und das Verteidigungsministerium bekräftigten, die Prüfung einer möglichen Beteiligung der Bundeswehr an der von den USA geschmiedeten Sicherheitsallianz für das Seegebiet im Roten Meer sei noch nicht abgeschlossen. Regierungssprecher Steffen Hebestreit wählte am Mittwoch in Berlin jedenfalls schon einmal große Worte: „Es gibt die Freiheit der See und auch auf hoher See. Und wenn das bedroht wird, ist die Weltgemeinschaft aufgefordert, solche Bedrohungen zu verringern“, sagte er.
Handelsinteressen gegen die Huthi im Roten Meer militärisch schützen – Horst Köhler musste zurücktreten
Bedrohungen verringern bedeuten im Klartext bei einem militärischen Einsatz im Roten Meer auch mögliche Tote und Verletzte auf Seiten der Huthi. Dass bei so einer Aufgabe die Bundeswehr eine aktive Rolle einnehmen könnte, wurde – vor 13 Jahren – so bereits von Bundespräsident Horst Köhler gefordert.
Name: | Horst Köhler |
Geburtsdatum: | 22. Februar 1943 |
Als Bundespräsident im Amt: | 2004 bis 2010 |
Nachfolgende Tätigkeit: | geschäftsführender Direktor IWF |
Wehrdienst: | 1963 bis 1965 |
„Ein Land unserer Größe mit dieser Außenhandelsorientierung und damit auch Außenhandelsabhängigkeit“, sagte Köhler damals, „muss wissen, dass im Zweifel, im Notfall auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren, zum Beispiel freie Handelswege, zum Beispiel ganze regionale Instabilitäten zu verhindern, die mit Sicherheit dann auch auf unsere Chancen zurückschlagen negativ durch Handel, Arbeitsplätze und Einkommen.“ Was heute auf breite Resonanz im Falle der Huthi-Angriffe im Roten Meer stoßen würde, sorgte im Jahr 2010 für einen Eklat.
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Köhler forderte einst Einsatz der Bundeswehr im Roten Meer – wenig später folgte der Rücktritt
Köhler habe Bundeswehreinsätze in Zusammenhang mit wirtschaftlichen Interessen gebracht, so der Tenor der Kritiker. Nur wenig später nahm Köhler seinen Hut. „Die Angriffe auf mich im Zusammenhang mit meinen Äußerungen über sicherheitspolitische Interessen Deutschlands waren ungeheuerlich und durch nichts gerechtfertigt“, sagte Köhler später. Es sei die Rede von der Befürwortung von Wirtschaftskriegen und möglichem Verfassungsbruch gewesen. „Kann man einem Bundespräsidenten angesichts der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts Schlimmeres vorwerfen?“
Auswirkungen auf Deutschland wegen Angriffen im Roten Meer: Bundeswehr bald im Einsatz gegen Huthi-Angriffe?
Die aktuelle Debatte ist da schon weiter. Es scheint nicht mehr um das „ob“ zu gehen, sondern nur noch um das „wie“. Im Falle der Bundeswehr muss allerdings die Frage nach der Einsatzfähigkeit gestellt werden – angesichts immer wieder auftretender Probleme der jüngeren Vergangenheit. Derzeit sollen Bundeswehr-Fregatten sogar Raketen gegen die Huthi-Drohnen fehlen.
Ein Sprecher des deutschen Verteidigungsministeriums hat jedoch sofort Berichte zurückgewiesen, denen zufolge die Deutsche Marine keine Kräfte für eine Beteiligung an dem Einsatz gegen die Huthi-Rebellen im Roten Meer habe. „Das kann ich nur als falsch darstellen“, sagte er und wies auf die Fregatten der Klasse 124 hin. „Zwei sind derzeit klar zum Gefecht. Eine ist in der Werft“, fügte er hinzu. Diese Schiffe seien speziell für solche Aufgaben konzipiert und legten einen Schwerpunkt auf die Luftverteidigung, auch zum Schutz von Verbanden. Bei derartigen Einsätzen spiele dem Sprecher zufolge zudem Logistik eine Rolle – die Deutschland bekanntlich immer wieder ausübt.