„So etwas habe ich noch nie erlebt“ - Russen-Kommandeure berichten über Kämpfe in Kursk - und machen düstere Prognose

Wenn wir an dieser Stelle von der Front berichten, dann kommen in der Regel ukrainische Soldaten zu Wort. Die „New York Times“ hat jetzt hingegen russische Soldaten interviewt. 

Und zwar durfte ein für das Medium arbeitender Fotograf Ende vergangenen Jahres russische Soldaten in einem Krankenhaus in der Nähe der Frontlinie sowie Zivilisten interviewen und fotografieren.

Russen-Kommandeur über Kämpfe in Kursk: „So etwas noch nie erlebt“

Dem Bericht zufolge soll ein russischer Spezialkräftekommandeur gesagt haben, dass die heftigsten Kämpfe, die er je erlebt habe, sich in seiner Heimat abspielen würden. Dabei geht es um die besetzte russische Stadt Sudscha in der Region Kursk. Sie liegt nahe der Grenzen zwischen beiden Ländern und hat sich unerwartet als einer der Brennpunkte herausgestellt.

„Das sind die brutalsten Kämpfe – so etwas habe ich während der gesamten militärischen Spezialoperation noch nie erlebt“, sagte der Kommandant, der etwa 200 in Kursk kämpfende Männer befehligen soll. 

„Spezialoperation“ – so wird der Angriffskrieg gegen die Ukraine in Russland offiziell genannt. Die befragten russischen Soldaten gehen sogar davon aus, dass die Kämpfe noch blutiger werden. 

„Wir erwarten Bachmut 2.0“, sagte ein anderer. In Bachmut in der Ukraine hatten die Kämpfe besonders lange angehalten und waren mit sehr hohen Verlusten auf beiden Seiten einher gegangen.

„Das ist unser Land, das sind unsere Leute und unsere Werte“

In den Interviews sollen die Soldaten jedoch erzählt haben, im eigenen Land zu kämpfen, sei ein zusätzlicher Anreiz, sich einem Krieg anzuschließen. „Das ist unser Land, das sind unsere Leute und unsere Werte“, sagte ein Mann namens Alexander, obwohl er bei einem Granatenangriff in Kursk verletzt wurde. „Wir müssen für sie kämpfen.“

Der „New York Times“ zufolge sollen sich in der Region noch schätzungsweise einige tausend russische Zivilisten befinden, die sich jetzt gewissermaßen in der Falle befinden. So müssten sie den russischen Winter offenbar mit schwindenden Nahrungsmittelvorräten, ohne Heizung oder Elektrizität überstehen.

Zoya und ihrem Mann etwa sei das Essen ausgegangen. Sie hätten sich gelegentlich von gefrorenen Kartoffeln ernährt, die sie aus ihrem Garten ausgruben. Ihr Mann lebe inzwischen nicht mehr. Eine Drohne sei in seiner Nähe explodiert. Er sei Minuten später in ihren Armen gestorben.

Von Julia Hoene

Das Original zu diesem Beitrag "Ukraine-Invasion, Tag 1086: Heftigste Kämpfe nicht in der Ukraine, sondern in Russland?" stammt von Tagesspiegel.