Söder der Koalitionsgewinner? „Er hat gut für Bayern verhandelt - nicht aber im Sinne des Gesamtstaats“
Die CSU hat mehrere zentrale Wahlkampfversprechen in den Koalitionsvertrag geschrieben. Inklusive wichtigem Ministerium. „Da kann man Gelder nach Bayern leiten“, sagt ein Experte.
Der Koalitionsvertrag steht. 144 Seiten lang und mit dem Titel „Verantwortung für Deutschland“ überschrieben. Am Rande der Vorstellung sprachen CDU/CSU und SPD von einem „Aufbruchsignal“ und einem „starken Plan für Deutschland“. Nur: „Der Koalitionsvertrag ist nicht der große Wurf im Sinne großer Reformen“, sagt der Politikexperte Jürgen Falter im Gespräch mit dem Münchner Merkur. „Es gibt aber auch viele vernünftige Punkte, die Union und SPD anpacken wollen“, so der Politwissenschaftler der Uni Mainz.
Konkret nennt Falter die Anpassung des Bürgergelds, die Einführung der Wochenhöchstarbeitszeit, steuerfreie Überstunden oder Änderungen bei Stromsteuer und Industriestrompreis. „Also es ist nicht alles schlecht, was im Koalitionsvertrag steht.“
Koalitionsvertrag von Union und SPD: Migration als „typischer Kompromiss“
Beim Wahlkampfthema Migration hingegen handle es sich um einen „typischen Kompromiss“. Seinen Fünf-Punkte-Plan konnte Friedrich Merz nicht gänzlich durchsetzen, es wird aber Grenzkontrollen, die Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte und leichtere Abschiebungen geben. „Das wird sicherlich alles dazu beitragen, dass der Migrationsdruck etwas nachlässt.“
Apropos Kompromiss: Wer hat denn nun mehr eigene Punkte durchbekommen? Einen „richtigen Vorteil“ für eine Partei kann Falter nicht erkennen. So habe sich die SPD „in einigen für sie zentralen Punkten durchgesetzt“, etwa bei Rente und Klimapolitik. Zudem bekamen die Sozialdemokraten ihre Forderung eines Mindestlohns von 15 Euro pro Stunde in den Koalitionsvertrag.

Der Koalitionsvertrag trage aber auch unverkennbar die Handschrift der CSU. So finden sich mehrere bayerische Kern-Wahlversprechen im Regierungspapier. Etwa die Agrardiesel-Subvention, die Senkung der Gastro-Steuer oder die Mütterrente. Die CSU setzte die Angleichung der Mütterrente auch bei Kindern durch, die vor 1992 geboren sind. „Das ist moralisch wünschbar, aber vom Haushalt gesehen nicht besonders sinnvoll“, meint Falter.
Auch Gastro-Steuer und Agrardiesel gehen zu Lasten des Haushalts und damit der Steuerzahler. Dementsprechend zufrieden ist auch der parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Alexander Hoffmann. „Wir finden uns als CSU in diesem Koalitionsvertrag stark wieder“, so Hoffmann im Interview mit unserer Redaktion.
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Söder der Koalitionsgewinner? „Er hat gut für Bayern verhandelt – nicht aber im Sinne des Gesamtstaats“
Falter sagt: „Markus Söder hat sichtlich gut verhandelt im Sinne von CSU und Bayern, nicht aber unbedingt im Sinne des Gesamtstaates.“ Ebenfalls erfolgreich aus CSU-Sicht ist die Ministerienverteilung. „Die CSU bekommt wichtige Ministerien und viele parlamentarische Staatssekretäre. Das kann sie sich ebenfalls zugute schreiben,“ meint Falter.

Die Christsozialen erhalten das für Bayern traditionell wichtige Landwirtschaftsministerium, das mächtige Innenministerium und das nicht zu unterschätzende Ministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt. „Man will Bayern zum Raumfahrtstandort machen und da ist das schon symbolisch für die CSU wichtig. Da kann man Gelder nach Bayern leiten“, sagt Falter. Insofern würde ich auch das ebenso wie die beabsichtigte Nachbesserung des Wahlrechts als CSU-Erfolg ansehen.“