"Diskriminierend": Schule erlässt Gebetsverbot für Muslime und wird verklagt

„Wir gehen gegen Gesetze, Behörden und Unternehmen vor, die Angehörige bestimmter Gruppen diskriminieren.“ Zugleich unterstütze man „Geflüchtete und andere Migrant*innen dabei, sich gegen grundrechtswidrige Gesetze“ zu wehren. So wirbt die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) auf ihrer Internetseite. 

Die klagefreudige Nichtregierungsorganisation mit Sitz in Berlin will eigenen Angaben zufolge „die Demokratie und Zivilgesellschaft fördern“. Ein weiteres Anliegen sei, „besonders verletzliche Gruppen“ vor der Härte des Rechtsstaats und vor „diskriminierenden Behörden“ zu schützen.

Verein klagt gegen Gebetsverbot an Berliner Schule

Einen solchen Fall will die GFF nun in Berlin gefunden haben – und geht juristisch gegen die in ihren Augen grundgesetzwidrigen Zustände vor. Konkret stört sich der gemeinnützige Verein – Mitgründer und Generalsekretär ist Malte Spitz, der früher im Bundesvorstand der Grünen wirkte – an der Schulordnung einer Berliner Schule.

Das Ganztagsgymnasium im Berliner Bezirk Mitte verbiete demnach die „demonstrative Ausübung religiöser Riten“, so die GFF. Damit würden Schüler „aufgrund der Religion, der ethnischen Herkunft und rassistischer Zuschreibungen“ diskriminiert, findet der Verein. Das pauschale Verbot richte sich „de facto gegen muslimische Schüler*innen, denen das islamische Gebet auf dem Schulgelände untersagt wird“. 

Maßnahme würde sich „gegen muslimische Schüler" richten

„Wenn muslimische Schüler*innen sich zum Beten in Toiletten und Gebüschen verstecken müssen, weil sie sonst einen Tadel riskieren, ist das ein tiefer Eingriff in ihre Grundrechte“, erklärte GFF-Juristin Soraia Da Costa Batista. 

Die Organisation beklagt, über die Schulautonomie werde „unverhältnismäßig in die Grundrechte“ der Schüler eingegriffen. Außerdem verhindere das Verbot, dass die Schüler „religiöse Vielfalt erfahren und im Fall von Konflikten lernen, damit umzugehen“.

Aus diesen Gründen reichte die Organisation jetzt Klage beim Verwaltungsgericht ein – unter Berufung auf das Berliner Landesantidiskriminierungsgesetz (LADG). Die Richter sollen feststellen, dass pauschale Gebetsverbote an Schulen diskriminierend sind. „Eine Grundsatzentscheidung hätte deutschlandweite Bedeutung“, betont die Gesellschaft für Freiheitsrechte. 

Bereits mehrere erfolgreiche Klagen wegen Diskriminierung

Die GFF hatte bereits im Jahr 2023 Berliner Schulordnungen auf diskriminierende Regelungen überprüft. In der Folge beanstandete sie über 20 Schulordnungen wegen Gebetsverboten, Kleidervorschriften und Deutschpflicht auf dem Schulhof. Die Mehrheit der Schulen lenkte daraufhin ein und änderte ihre Regelungen. Das Gymnasium im Berliner Bezirk Mitte hielt am Gebetsverbot fest.

Die GFF hatte in der Vergangenheit bereits erfolgreich gegen diskriminierende Regelungen der Berliner Humboldt-Universität für trans, inter und nicht-binäre Studierende geklagt. Außerdem erzielte die GFF laut eigener Aussage einen Erfolg gegen Geschlechterdiskriminierung, wonach Frauen nicht schlechter behandelt werden dürfen als Männer, wenn sie sich oberkörperfrei in einem öffentlichen Bad sonnen.

Das Gebetsverbot an dem Berliner Gymnasium hatte bereits vor rund 15 Jahren zu einem längeren juristischen Streit geführt. Letztlich entschied das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig im November 2011, dass ein junger Muslim an seiner Schule nicht demonstrativ gen Mekka beten durfte.

Der Gymnasiast müsse die Einschränkung seiner Glaubensfreiheit hinnehmen, weil sonst durch die öffentlichen Ritualgebete der Schulfrieden gestört werde, urteilte das Gericht damals. Es betonte jedoch, es handele sich um eine Einzelfallentscheidung. Jeder Schüler habe das Recht auf Glaubensfreiheit. Es sei nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass an anderen Schulen öffentlich gebetet werden dürfe. Es komme auf die Umstände an.

Gesellschaft für Freiheitsrechte: „Politisch unabhängig“

Die Gesellschaft für Freiheitsrechte betont auf ihrer Internetseite, sie würde „politisch unabhängig“ sein. „Wir akzeptieren deshalb keinerlei staatliche Förderung.“ Die Organisation finanziere sich im Wesentlichen „aus Fördermitgliedschaften, Einzelspenden und institutionellen Zuwendungen, insbesondere durch Stiftungen“. Dabei dürften Spenden „keinesfalls zu einer inhaltlichen Einflussnahme führen“.