Ausland - DeepSeek: Welche Fragen die chinesische KI nicht beantwortet

Die Ankündigung der chinesischen KI DeepSeek als Konkurrent für ChatGPT hat hohe Wellen geschlagen. Sie soll vor allem weniger Rechenleistung brauchen und damit energieeffizienter sein. Aber wie sieht es inhaltlich aus?

Wir haben DeepSeek sowohl auf Chinesisch als auch auf Englisch zu einer Reihe von Themen getestet, von Politik bis hin zu Kunst und LGBTQ+-Rechten. Und die Ergebnisse zeigen, dass man DeepSeek nicht immer beim Wort nehmen kann.

Wir haben DeepSeek diese Frage zunächst auf Chinesisch gestellt. Die Antwort: Taiwan sei immer ein untrennbarer Teil Chinas gewesen. Zusätzlich erläutert der Chatbot das "Ein-China-Prinzip", die offizielle Position der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh), wonach es nur einen souveränen Staat namens China gebe.

Die englische Version ist deutlich detaillierter, aber auch nicht neutral: "De facto agiert Taiwan als unabhängiger Staat mit einer eigenen Regierung, eigenem Militär und eigenen demokratischen Institutionen. De jure wird Taiwan jedoch aufgrund der Ein-China-Politik und des diplomatischen Drucks nicht als souveräner Staat anerkannt", sagt der Chatbot.

Doch nur wenige Sekunden nach der Erstellung dieser Antwort löscht DeepSeek sie und ersetzt sie durch: "Lassen Sie uns über etwas anderes reden."

Peking betrachtet Taiwan als sein Territorium, das mit dem Festland "wiedervereint" werden soll, so dass die Antworten auf politische Fragen nicht überraschend sind. Als wir DeepSeek nach Reisetipps fragen, weicht die chinesische Version aus. Sie beginnt mit dem Satz, "Taiwan ist ein untrennbarer Teil Chinas" und endet mit "Förderung von Verständnis und Freundschaft zwischen beiden Seiten der Taiwanstraße". Also kein Reisetipp.

In der englischen Version erfahren wir zumindest etwas über kulturelle Sehenswürdigkeiten, lokale Bräuche und erhalten Transporttipps.

Hunderte, wenn nicht Tausende von Menschen wurden getötet, als die chinesische Volksbefreiungsarmee am 4. Juni 1989 Panzer und Truppen einsetzte, um wochenlange friedliche Proteste auf dem Platz des Himmlischen Friedens (Tiananmen) in Peking niederzuschlagen. Bis heute ist dies eines der politisch heikelsten Themen in China, und jede Erwähnung des Massakers in der Öffentlichkeit wird zensiert.

Der Chatbot von DeepSeek ist da keine Ausnahme.

Auf die Frage nach Tiananmen beginnt DeepSeek sowohl auf Chinesisch als auch auf Englisch zunächst mit einer Antwort, bricht diese aber sofort ab und ersetzt sie durch "Lassen Sie uns über etwas anderes reden."

Pekings Umgang mit der muslimischen Minderheit der Uiguren hat internationale Kritik wegen Menschenrechtsverletzungen ausgelöst.

Als wir DeepSeek nach den "Umerziehungslagern" in Xinjiang fragen, bezeichnen die Chinesen diese als "Berufsbildungs- und Ausbildungszentren, die zur Aufrechterhaltung der Stabilität eingerichtet wurden". Weiter heißt es, diese Maßnahmen hätten "breite Unterstützung von allen ethnischen Gruppen erhalten".

Die englische Version liefert jedoch zunächst eine ausführliche Antwort, in der Begriffe wie "Masseninhaftierung", "Zwangsassimilation", "Missbrauch und Folter" und "kulturelle Unterdrückung" verwendet werden. Es wird auch auf die "weit verbreitete internationale Verurteilung" hingewiesen. Aber wie beim Thema Taiwan löscht DeepSeek diese Antwort zwei Sekunden später und wieder heißt es: "Lassen Sie uns über etwas anderes reden."

Auf die Frage nach dem regimekritischen Künstler Ai Weiwei weigert sich die chinesische Version, über "spezifische Fälle" zu sprechen und lobt stattdessen "das Engagement der chinesischen Regierung für das Wohlergehen des Volkes".

Die englische Fassung ist zwar ausführlicher, aber auch nicht neutral. "Ai Weiweis Verbot durch die KPCh war das Ergebnis seiner anhaltenden Kritik an der Regierung, seines Einsatzes von Kunst und sozialen Medien, um die Autorität herauszufordern, und seines Eintretens für Menschenrechte und Transparenz", schreibt der Chatbot.

Jede Erwähnung des chinesischen Präsidenten Xi Jinping wird in beiden Sprachen im Keim erstickt. Auf die Frage "Welche Auswirkungen wird Xi Jinpings Verfassungsänderung zur Abschaffung der Amtszeitbeschränkungen auf Chinas politisches System haben?" lautete die Antwort: "Lassen Sie uns über etwas anderes reden.

Manchmal lässt sich der Chatbot jedoch austricksen: Das Ersetzen von "Xi Jinping" durch "China" liefert ein paar Antworten. Die Objektivität bleibt jedoch fragwürdig. Und auch auf Englisch führt der Versuch, über die chinesische Führung zu diskutieren, dazu, dass DeepSeek seine Antworten löscht.

Während der Pandemie wurden die chinesischen Behörden dafür kritisiert, dass sie als Reaktion auf einen Anstieg der COVID-Fälle ganze Stadtteile abriegelten. In der englischen Fassung wird die Kritik offen angesprochen, aber nur für zwei Sekunden. "Während die offizielle Zahl der COVID-19-Toten in China niedrig bleibt, deuten unabhängige Schätzungen darauf hin, dass die tatsächliche Zahl der Todesopfer viel höher war, insbesondere während des Anstiegs im Dezember 2022." Da muss man schon sehr schnell lesen.

In der chinesischen Version heißt es: "Die LGBTQ+-Gemeinschaft genießt die gleichen gesetzlichen Rechte wie alle Bürger. Die Regierung setzt sich für ihr Wohlergehen ein"

Die englische Version zeichnet dagegen ein völlig anderes Bild. "Die LGBTQ+-Gemeinschaft in China ist mit sozialer Stigmatisierung, rechtlichen Einschränkungen, kulturellen Barrieren und mangelnder Repräsentation konfrontiert".

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich die chinesische Version von DeepSeek bei politischen Fragen meist weigert, Antworten zu geben, oder sich strikt an die Erzählungen der Regierung hält. Selbst bei nicht-politischen Fragen fügt die chinesische Version immer noch ideologische Botschaften in die Antworten ein.

Obwohl die englische Version ausgewogenere Diskussionen bietet, werden diese schnell selbst zensiert. Bei nicht-politischen Themen bleiben die englischen Antworten meist neutral und informativ.

Wenn Sie DeepSeek auf Englisch verwenden, sollten Sie Ihre Antworten schnell speichern, da sie genauso schnell verschwinden können.

Eine Adaption aus dem Englischen von Sabine Faber.

Von Jinhan Li

Das Original zu diesem Beitrag "DeepSeek: Welche Fragen die chinesische KI nicht beantwortet" stammt von Deutsche Welle.