Trump steigt aus Pariser Klimaabkommen aus – und löst damit ein Problem der EU

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Der erneute Rückzug der USA aus dem Pariser Klimaabkommen wiegt schwer und könnte ausgerechnet Industrie und Wirtschaft der EU stärken – auch Deutschlands Energiewende könnte profitieren.

Washington D.C. – Letztlich hat es nur wenige Augenblicke seiner zweiten Amtszeit als US-Präsident gedauert: Donald Trump hat den Austritt der USA aus dem Pariser Klimaabkommen beschlossen – zum zweiten Mal nach 2017. Der Schritt wurde von der Welt mit Bedauern, aber weniger mit Fassungslosigkeit aufgenommen. Zu häufig hatte Trump dieses Handeln angekündigt – aller internationaler Kritik zum Trotz. Und angeblich haben ihm sogar führende Manager aus der US-Ölindustrie davon abgeraten. Immerhin boomt der grüne Industrie-Sektor in den USA seit einiger Zeit und könnte mit Trumps neuen Kurs in Schieflage geraten.

Trump Fokus auf fossile Energie könnte Chance sein: „Positiv ist, dass Trump mehr Erdgas verkaufen will“

Für die Europäer könnte sich trotz aller negativen Konsequenzen womöglich auch ein kleiner Vorteil ergeben – zumindest aus wirtschaftlicher Sicht. Die EU könnte zum Beispiel die Überlegenheit der USA bei grüner Zukunftstechnologie verringern, die Joe Biden mit dem milliardenschweres Subventionsprogramm Inflation Reduction Act eingeläutet hatte. Mit dem Rückzug aus dem Klimaabkommen schafft sich Trump zudem Freiraum, um die Förderung von Öl und Gas massiv auszuweiten.

Sein Kalkül: Durch den Export in die Welt – darunter auch die EU – gleiche die USA so manches Handelsdefizit aus. Auch hier schlummert für die Europäer eine Chance bei der Energiewende – speziell für Deutschland: „Positiv ist, dass Trump mehr Erdgas verkaufen will“, erklärte etwa Michael Lewis, Vorstandschef von Uniper auf dem „Energie-Gipfel“ des Handelsblatts in Berlin. In der Branche gibt es schon seit längerem den Wunsch, dass Deutschland auf einen mehrspurigen Kurs bei der künftigen Energieversorgung wechselt. Neben Erneuerbaren Energien und grünem Wasserstoff fordern sie auch den Einsatz von blauem Wasserstoff.

Bisher war der Knackpunkt allerdings immer das Veto der Grünen um Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. Die grüne Variante wird durch Elektrolyse von Wasser und auf Basis von Strom aus Erneuerbaren Energien hergestellt.

US-Präsident Donald Trump präsentiert in der Capital One Arena in Washington einen Brief an die UN, in dem er den Austritt der USA aus dem Pariser Klimaabkommen erklärt.
US-Präsident Donald Trump hat zum zweiten Mal in Folge den Austritt aus dem Pariser Klimaabkommen verkündet. © Jim Watson/AFP

Blauer Wasserstoff als Übergangstechnologie? Deutschland hinkt bei Energiewende hinterher

Beim blauen Äquivalent wird aus Temperaturen von bis zu 900 Grad Erdgas zu Wasserstoff umgewandelt, wobei allerdings auch CO₂ entsteht. Dieses wird zwar durch die sogenannte Carbon Capture and Storage (CCS)-Technologie abgeschieden und kann bis zum Verfall in alten Öl- oder Gasfeldern gespeichert werden – 100 Prozent klimaneutral ist dieser Vorgang allerdings nicht, bemängeln Kritiker.

Sein Vorteil: Er ist günstiger als der grüne, speziell dann, wenn Trump den Markt mit Erdgas aus den USA fluten möchte. Dadurch würden auch die Ziele realistischer: Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 eine Elektrolysekapazität von 10 Gigawatt für die Produktion von grünem Wasserstoff zu erreichen. Trotz 32 Elektrolyseure und 115 weiterer Projekte sind nicht einmal Kapazitäten für 100 Megawatt in Betrieb. Neben der fehlenden Infrastruktur und vergleichsweisen teuren Gewinnung zögern auch komplexe Genehmigungsverfahren den Durchbruch hinaus.

Für Veronika Grimm, Energieexpertin und Mitglied im Sachverständigenrat der Bundesregierung, löst Trumps Vorstoß das Problem: „Blauer Wasserstoff ist günstiger, das könnte eine Chance sein, dass Unternehmen am Standort bleiben und nicht abwandern.“

Robert Habeck verteidigte einst blauen Wasserstoff – und dennoch scheitert der Einsatz in Deutschland

Das Vereinte Königreich und auch die Niederlande planen die Energieform in den kommenden Jahren als Übergangstechnologie zu nutzen, um ihre CO₂-Emissionen zu verringern. Selbst der „European Green Deal“ umfasst Förderanreize für die Produktion. Bis 2030 prognostiziert eine Studie des Marktforschungs- und Beratungsunternehmen MarketsandMarkets ein Umsatzvolumen in diesem Bereich von über 44,5 Milliarden US-Dollar.

Laut den Marktforschungsexperten von BloombergNEF könne dessen Anteil an der globalen Wasserstoffproduktion auf rund 20 Prozent steigen. Grimm hoffe nun darauf, dass die neu gewählte Bundesregierung im Februar mehr auf Pragmatismus setze – und künftig eine „gute“ statt nur die „perfekt“ Lösung für die Energiewende zuließe. Habeck gibt sich auf dem Gipfel vorerst zurückhaltend und sieht zumindest den Vorstoß Trumps kritisch: Durch die Flut an Flüssiggas aus den USA könnten sich die Preise am Gasmarkt generell verteuern. Das betrifft dann speziell das Pipeline-Gas aus Norwegen. Doch genau in dem skandinavischen Land hatte Habeck vor wenigen Monaten noch verhandelt, ob und in welchen Mengen blauer Wasserstoff nach Deutschland fließen könnte.

Doch aufgrund hoher Kosten, einer Pipeline und unklarer Nachfrage wurde diese Kooperation vorerst auf Eis gelegt. Und dennoch hatte der Wirtschaftsminister den blauen Wasserstoff damals als Übergangstechnologie gegenüber Kritikern verteidigt. In einer Pressekonferenz in Norwegen sagte er damals: „Das Bessere ist natürlich immer der Feind des Guten, doch solang wir keine andere Alternative habe, dürfen wir nicht länger warten. Und wenn Sie mich fragen: Lieber CO₂ in die Erde, als in die Atmosphäre.“

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