Habeck gibt Lindner Schuld an Schwäche der deutschen Wirtschaft – Wirtschaftsweise schießt zurück
Der neue Jahreswirtschaftsbericht liegt im Entwurf vor. Darin rechnet Wirtschaftsminister Habeck mit Ex-Finanzminister Lindner ab.
Berlin – Im neuen Jahreswirtschaftsbericht übt Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) deutliche Kritik an der Finanzpolitik von Christian Lindner (FDP) und gibt ihm eine Mitschuld an der allgemeinen Wirtschaftsschwäche. Deutschland weise zwar im internationalen Vergleich eine außerordentlich niedrige Schuldenquote auf. „Allerdings um den Preis“ einer „vergleichsweise schwachen konjunkturellen Entwicklung“ und „eines rückläufigen Potenzialwachstums“, heißt es in dem Bericht.
Eigentlich steckt der Jahreswirtschaftsbericht zu Beginn des Jahres nur den Kurs der jeweiligen Bundesregierung für die kommenden zwölf Monate ab. Dort werden vor allem die wirtschafts- und finanzpolitischen Ziele des laufenden Jahres sowie geplante Maßnahmen vorgestellt. Nun aber nutzte Robert Habeck das Papier für eine Abrechnung mit dem ehemaligen Koalitionspartner und befeuert damit eine Debatte um die Neuausrichtung der Wirtschaft in Deutschland. Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm bezeichnete das Papier im Kurznachrichtendienst X (früher Twitter) als Ausdruck einer „Minderheitsregierung, die mit ihrer Wirtschaftspolitik gescheitert ist, aber nun im Jahreswirtschaftsbericht die Deutungshoheit gewinnen will“.
Debatte um die Wirtschaftspolitik neu angeheizt
Die Sparpolitik, die Lindner als Bundesfinanzminister vorangetrieben hat, soll laut Habeck ein maßgeblicher Grund für die Wachstumsschwäche der deutschen Wirtschaft sein. „Die seit 2023 im Vergleich restriktivere Ausrichtung der Finanzpolitik hat die durch die Energiekrise bedingte Wachstumsschwäche noch weiter verstärkt“, heißt es im Entwurf des neuen Jahreswirtschaftsberichts, aus dem das Handelsblatt zitiert. Der finanzpolitische Kurs der Bundesregierung habe auf eine Haushaltskonsolidierung gezielt und sei „entsprechend restriktiv ausgerichtet“ gewesen. So sei das Haushaltsdefizit nach der Coronapandemie und nach der Energiekrise in Deutschland zügiger als in anderen Industrienationen abgebaut worden. Öffentliche Investitionen des Bundes seien zwar gestärkt worden, „bleiben im internationalen Vergleich aber niedrig“.
FDP-Chef Christian Lindner hatte seinen ehemaligen Ampel-Partner Robert Habeck vor Bekanntwerden des Entwurfs zu einem verbalen Kräftemessen über Deutschlands Wirtschaftskurs herausgefordert. Zugleich bekräftigte er seine Bereitschaft, Habecks Stelle in einem TV-Duell mit AfD-Chefin Alice Weidel einzunehmen, wenn der Bundeswirtschaftsminister nicht will.„Die Fernsehsender sollten diese Duell-Formate nicht rein nur nach Umfragen orientieren, sondern die müssen politischer gemacht werden. Die spannendste Kombination aus meiner Sicht wäre Robert Habeck und Christian Lindner“, sagte der FDP-Chef der Deutschen Presse-Agentur. Schließlich stehe die Wirtschaftspolitik im Zentrum des Wahlkampfs.
Habeck steht nach Lindners Worten „für eher eine staatsorientierte, subventionierte Wirtschaftspolitik“. Dagegen sei er selbst für mehr unternehmerische Risikobereitschaft, Leistungsorientierung, Freiheit, geringere steuerliche Belastungen, dafür auch einen schlankeren Staat.