Zieht Donald Trump den Erneuerbaren Energien 2025 den Stecker? „Wird besser laufen, als viele Leute denken“

  1. Startseite
  2. Wirtschaft

Kommentare

Fossile statt Erneuerbare? Im Wahlkampf hat Donald Trump auf klimafreundliche Energieträger geschimpft. In seiner Präsidentschaft dürfte er dennoch auf sie setzen – in Koexistenz mit Öl und Erdgas.

Washington – Schon im US-Wahlkampf hatte Donald Trump keinen Zweifel an der künftigen Ausrichtung seiner Energiepolitik aufkommen lassen. Im August etwa verkündete der designierte US-Präsident auf einer Veranstaltung vor seinen Anhängern „Wir werden bohren, bohren, bohren. Das wird die Preise für alles senken“. Und zuletzt im Oktober sinnierte er auf einer Kundgebung: „Frack, Frack, Frack und bohren, Baby, bohren“. Der Kontext ist eindeutig: Wenn er ab dem 20. Januar offiziell ins Oval Office zurückkehrt, könnte die Zeit der grünen Energiewende vorbei – und der Fokus werde wieder ausschließlich auf massiver Öl- und Gasförderung liegen.

Dazu passte auch die Berufung von Chris Wright als künftigen Energieminister, öffentlich ein lautstarker Befürworter des Frackings von Erdöl und Erdgas. Der republikanische Ingenieur ist Gründer und CEO des Unternehmens Liberty Energy aus Denver, das rund 2,8 Milliarden US-Dollar wert ist und Fracking-Technik und -Dienstleistungen verkauft. Zudem sitzt Wright im Vorstand einer Firma für modulare Kernreaktoren.

Droht der USA also tatsächlich wieder mal eine energiepolitische Kehrtwende?

Erneuerbare Energien trumpfen auf: Streicht Trump Förderungen für klimafreundliche Energie zusammen?

Ganz so einfach ist es nicht. Denn längst haben sich Erneuerbare Energien in den USA zu einer billigen Alternative zu Öl und Erdgas entwickelt. Pikanterweise entwickelt sich entsprechende Projekte speziell in den traditionell republikanischen Hochburgen, etwa mit Solarparks in Texas oder Oklahoma. US-weit lag die Produktionsmenge an Strom aus Solarmodulen im August 21 Prozent höher als im Vorjahreszeitraum sowie satte 100 Prozent höher als 2021.

Dank massiver staatlicher Subventionen in Milliardenhöhe aus dem Inflation Reduction Act (IRA), den der amtierende US-Präsident Joe Biden 2022 initiiert hatte, haben auch die konservativen US-Staaten das lohnende Preis-Leistungs-Verhältnis der Erneuerbaren Energien entdeckt. Aus einer aktuellen Analyse der US-NGO E2 geht hervor, dass 60 Prozent der Projekte für republikanische Kongressbezirke angedacht sind. Unternehmen profitieren bei klimafreundlicher Produktion von größeren Steuergutschriften, die bisher insgesamt auf mehr als eine Viertelbillion US-Dollar beläuft. Bob Keefe, Geschäftsführer bei E2, erklärt gegenüber der Deutschen Welle sogar: „Das macht Amerika wettbewerbsfähig auf dem voraussichtlich 20 Billionen Dollar schweren Weltmarkt für Güter der sauberen Wirtschaft.“

Donald Trump im Wahlkampf vor der US-Wahl 2024
Donald Trump gilt als Liebling und Unterstützer der Öl- und Gas-Industrie. Für seine künftige Präsidentschaft könnte er aber auch auf Erneuerbare Energien setzen. © IMAGO/Robin Rayne

Öffentlich opponieren Republikaner gegen Bidens-Energiepolitik – eigentlich hilft sie ihnen politisch

Dennoch ergeben sich im gespaltenen Polit-Zirkus der USA mitunter skurrile Geschichte. Auf der einen Seite brüsken sich republikanische Abgeordnete auf lokaler Ebene in ihren Heimatstaaten mit den grünen Vorzeigeprojekten. Auf der anderen Seite folgen sie in der öffentlichen Debatte dem Mantra Trumps, der den IRA im Kongress am liebsten so schnell wie möglich abschaffen lassen möchte. So lautete zumindest sein Wahlkampf-Mantra, als er Bidens IRA als „neue grüne Betrugsmasche“ titulierte.

Und dennoch scheint auch Trump mittlerweile gegenzusteuern und das Potenzial der Investitionen zu entdecken. In Bezug auf den Energy Permitting Reform Act erwähnte Trump bei der Nominierung von Wright, dass dieser Regularien für alle Energieformen abbauen solle – darunter auch die Erneuerbaren. Für dieses Unterfangen hat Trump Wright in den neu gegründeten Energierat berufen, der als Spitzenbehörde die Genehmigung, Erzeugung, Verteilung, Regulierung und den Transport von Energie effizient regulieren werde.

Job-Boom bei sauberen Energien – fast 150.000 neue Jobs lassen auch Trump umdenken

Profitieren will Trump auch vom Beschäftigten-Boom: So waren laut E2 im Jahr 2023 58 Prozent aller neu geschaffenen Arbeitsplätze im Energiesektor umweltfreundlich – in blanken Zahlen umfasst dieser Wert fast 150.000 neue Jobs im Bereich Elektrofahrzeuge sowie auch Erneuerbare Energien. Experten wie Keefe rechnen damit, dass der Anteil von grünen Energieprojekten am Bruttoinlandsprodukt künftig mehr als 400 Milliarden US-Dollar betragen könnte. Und auch Mark Fleming, Leiter von Conservatives for Clean Energy sieht das so: „Es wird besser laufen, als die Leute denken“, sagte er gegenüber dem US-Portal Energy News Network.

Seine gemeinnützige Organisation bringt Lobbyisten, Berater und Politiker der Rechten, die saubere Energie unterstützen, zusammen. Regieren sei anders als Wahlkampf – und überhaupt glaube er, dass Trump das wirtschaftliche Potenzial von Windparks ebenfalls nutzen wolle.

Koexistenz von fossilen und Erneuerbaren Energien am US-Markt: Wright kennt beide Welten

Parallel dazu produzieren die USA derzeit 13,4 Millionen Barrel Öl pro Tag – eine gigantische Menge, die 2025 sogar noch auf 13,6 Millionen Barrel steigen solle. Laut der US Energy Information Administration wäre das die größte Menge, die je von einem Land gefördert wurde. Ein Widerspruch sind diese Entwicklungen allerdings nicht – vielmehr ein Zeichen, dass Trump Bidens energiepolitischen Kurs ähnlich fortführen könnte. Diese Politik würde einerseits das Hofieren der traditionell republikanisch geprägten Gas- und Öl-Lobby bedeuten. Und andererseits den weiteren Ausbau von Erneuerbarer Energien sowie auch die Förderung von Elektroautos. Für letzteren Fall dürfte allein schon die Personalie Elon Musk als derzeit engster Vertrauter von Trump sorgen.

Und Wright? Der deckt diese Ambivalenz durchaus perfekt ab. In einem NBC-Interview sagte er 2023, dass die Welt „von Öl und Gas“ lebt – und dass die Forderung nach einem Ausstieg aus fossilen Brennstoffen innerhalb eines Jahrzehnts ein „absurder Zeitrahmen“ sei. Gleichzeitig war er lange Zeit Direktor der Domestic Energy Producers Alliance, einer Lobbygruppe, die anerkennt, dass der Klimawandel durch menschliche Aktivitäten verursacht werde. Das gesellschaftspolitische Profil der Gruppe: Ein Gegengewicht zur Öl-Industrie.

Auch interessant

Kommentare