Wohlfühlatmosphäre für Xi Jinping in Belgrad: Serbischer Präsident feiert China als „Inspiration“

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Besuch bei Freunden: In Serbien unterschrieb Chinas Staatschef Xi Jinping Dutzende Abkommen – die Tür für Investitionen aus der Volksrepublik ist weit offen. Außerdem eint beide Misstrauen gegenüber der Nato.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte diese Woche einiges aufgefahren für Chinas Staatschef Xi Jinping: Ein Staatsdinner mit vielen Prominenten im Élysée-Palast, edlen Cognac und einen Ausflug in die Pyrenäen inklusive. Doch echte Wohlfühlatmosphäre unter Freunden erlebte Xi erst nach der Landung am Dienstagabend in Belgrad. Serbiens Präsident Aleksandar Vučić empfing ihn persönlich am Flughafen, mit traditioneller Tanzeinlage auf dem Rollfeld. Eine riesige chinesische Flagge zierte ein Hochhaus an der Straße vom Flughafen in die Stadt, überall flatterten kleinere Fähnchen.

Am Mittwoch jubelten Tausende am Mittwoch Xi und Vučić zu, als sie den Präsidentenpalast betraten. Laut dem unabhängigen Nachrichtenportal nova.rs sollen die Menschen allerdings eigens mit Bussen aus allen Teilen Serbiens herangekarrt worden sein. „Wir danken Präsident Xi“, rief Vučić in die Menge. „Er ist seit fünf Jahren nicht mehr in Europa gewesen und hat wieder unser kleines Serbien ausgewählt.“ China sei eine „Inspiration“ für Serbien.

Xi unter Freunden: Serbiens Präsident Vučić wirbt um mehr chinesische Investitionen

Vučić ist ebenso wie Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán ein erklärter China-Freund. Beide stehen im Westen wegen autoritärer Tendenzen und ihrer pro-russischen Haltung in der Kritik. China stört das wenig. Es teilt ihre Unterstützung Russlands, und ist selbst ein autoritär regierter Staat. Umgekehrt hört China aus Belgrad, anders als von der EU, keine Klagen über Importflut, Dumping oder Überkapazitäten. „Wir sind vollkommen offen für ihre Investitionen“, sagte Serbiens Finanzminister Sinisa Mali mit Blick auf China.

Vučić hoffte vorab auf chinesische Investitionen in Eisenbahnfabriken Serbiens, die Nutzung von Chinas Know-How für Künstliche Intelligenz und Elektromobilität. Und so brachte Xi Jinping eine riesige 400-köpfige Delegation mit nach Serbien. Die Delegationen unterschrieben satte 28 Vereinbarungen zur Zusammenarbeit in etwa bei Infrastruktur, Handel, Wissenschaft, Umweltschutz, Technologie, Kultur, Sport und Informatik.

Die beiden Präsidenten unterzeichneten eine gemeinsame Erklärung zum Aufbau einer „chinesisch-serbischen Gemeinschaft mit einer gemeinsamen Zukunft in der neuen Ära“. Die Formulierung stammt aus den verschiedenen Initiativen, mit denen Xi Schwellenländern eine vom Westen unabhängige Zusammenarbeit unter chinesischer Führung anbietet. Serbien ist nun das erste Land Europas, das einer solchen Gemeinschaft beitritt. Xi stehe als Freund eisern an der Seite Serbiens, frohlockte Vučić. Die EU, mit der Serbien in schwierigen Beitrittsverhandlungen steckt, dürfte genau hinschauen.

Serbien und Ungarn: Chinas Freunde in Europa

China war 2023 mit einem Volumen von 6,1 Milliarden US-Dollar der zweitgrößte Handelspartner Serbiens – nach der EU – und gehörte zu den fünf wichtigsten Investoren des Landes. Chinesische Konzerne haben Milliarden in dem kleinen Land investiert, vor allem im Bergbau und der Industrie. Kredite aus Chinas Infrastrukturprogramm Neue Seidenstraße finanzieren Verkehrswege wie die Schnellzugstrecke zwischen Belgrad und Ungarns Hauptstadt Budapest, die 2026 fertig sein soll. Ein chinesischer Staatskonzern baut das neue Fußball-Nationalstadion in Belgrad; Präsident Vučić nahm vor wenigen Tagen am Spatenstich teil. Mitten in Belgrad hat China zudem ein hypermodernes Kulturzentrum errichten lassen. 2023 eröffnete der chinesische Hisense-Konzern eine Kühlschrankfabrik in Valjevo.

Xi Jinping gestikuliert mit Blick auf die Menge, während Aleksandar Vučić ihn anlächelt
Xi Jinping gestikuliert in die Menge, die Serbiens Präsident Aleksandar Vučić zur Begrüßung in Belgrad organisiert hatte. Das kleine Land ist einer er engsten Freunde Chinas in Osteuropa. © DIMITRIJE GOLL/AFP

25. Jahrestag der Nato-Bomben auf Chinas Botschaft

Doch es geht nicht nur um Wirtschaft, sondern auch um politische Symbolik. Xis Besuch fällt genau auf den Tag, die Nato im Kosovo-Krieg vor genau 25 Jahren, am 7. Mai 1999, die chinesische Botschaft bombardiert hatte. Die Bomben töteten drei chinesische Journalisten, verletzten 20 weitere Chinesen und lösten in der Volksrepublik Empörung aus. Die Nato hat stets betont, dass es sich um ein tragisches Versehen aufgrund eines Ortungsfehlers der CIA gehandelt habe. Der damalige US-Präsident Bill Clinton entschuldigte sich, China erhielt Entschädigungszahlungen. Trotzdem zementierte der Fall das Misstrauen Pekings gegenüber der Nato und anderen von den USA geführten Allianzen, bis heute.

Ein Zufall ist die Terminüberschneidung sicher nicht, eher ein politisches Statement. In einem Beitrag für die serbische Zeitung Politika gelobte Xi laut Bloomberg: „Wir werden niemals zulassen, dass sich eine solch tragische Geschichte wiederholt.“ Eine deutschsprachige Zusammenfassung des Gastbeitrags auf der Website des Staatssenders China Radio International erwähnte diesen Aspekt allerdings nicht. Auch in den Berichten des Gipfels spielte der Jahrestag keine Rolle.

China unterstützt Serbien in der Kosovo-Frage – dafür sieht Belgrad Taiwan als Teil Chinas

Dabei war das Ereignis der Startschuss gewesen für engere Beziehungen zwischen China und Serbien, das damals aufgrund seiner aggressiven Politik im zerfallenden Jugoslawien isoliert war. 2008 erklärte das Kosovo sich für unabhängig, doch Belgrad sieht das Land bis heute als eigene Provinz an – und unterstützt mit derselben Logik auch Chinas Ansprüche auf das demokratisch regierte Taiwan. In Serbien sieht man die Nato bis heute kritisch: Laut der BBC ist die Mehrheit der Menschen dort gegen eine Mitgliedschaft in der Allianz. China wiederum hat das Kosovo nicht diplomatisch anerkannt, und stellte sich 2023 im Konflikt um strittige Kommunalwahlen im Kosovo an die Seite Serbiens. Serbien sehe Taiwan als Teil Chinas an, so wie China Kosovo als Teil Serbiens betrachte, betonte Vučić am Mittwoch. Aus ihrer Sicht ist die Lage also ganz einfach.

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