Baum bremst Sanierung nach Feuer aus: Nachbar ärgert sich über „Behördenwillkür“

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Dieser Baum machte Ärger: Gerhard Schwyrz kann darüber nur den Kopf schütteln. © Guido Verstegen

In einem Gröbenzeller Mehrfamilienhaus hat es vor Monaten gebrannt. Lange Zeit ging bei der Sanierung nichts vorwärts. Das hatte mehrere Gründe. Einer davon: Ein Baum durfte nicht gefällt werden, um einen Kran aufzustellen.

Gröbenzell – In der Nacht vom 2. auf den 3. Mai brannte in einem Mehrfamilienhaus an der Angerstraße der Dachstuhl und die darunter liegende Wohnung aus. Der Schaden wurde auf rund 300 000 Euro geschätzt. Dass die Sanierung erst jetzt startete, hat mehrere Gründe. Zum einen liegt es am verzögerten Handeln der Versicherung – erst am 10. September gab es die Vorort-Begehung der Gewerke – zum anderen gab es eine Debatte um einen Pflaumenbaum und einen Baukran.

Nachbar muss mehr heizen

Einer, der sehr daran interessiert ist, dass etwas vorwärtsgeht, ist Gerhard Schwyrz. Der 70-Jährige ist Sprecher der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) und lebt mit seiner Frau gleich neben der Brandstelle in einer Eigentumswohnung. Wegen der nur noch minimal gedämmten Seitenwände muss er deutlich mehr heizen. Außerdem ist er überzeugt davon, dass der gesamte Baukörper Schaden nehme, je länger alles dauert.

Dachstuhlbrand Gröbenzell Angererstraße
Die Nacht der Katastrophe: aus dem Dachstuhl des Hauses schlugen die Flammen. Die Feuerwehr war stundenlang im Einsatz. © Feuerwehr Gröbenzell

Larissa Holmer, Eigentümerin der Brandwohnung, versteht das. Sie will aber auch die Relation gewahrt wissen: „Das ist sicher nicht schön, aber man darf nicht vergessen, dass mein Vater bei dem Brand alles verloren hat und seit Monaten im Hotel wohnt.“

Seit September herrschte Stillstand

Dabei begannen die Aufräumarbeiten bereits wenige Tage nach dem Brand, nach Abschluss der Untersuchungen durch die Kripo, erklärte Schwyrz. Der Gebäudeversicherer habe zügig einen Grundstock zur Finanzierung der Renovierungskosten bereitgestellt, also war Schwyrz anfangs zuversichtlich. Nachdem der WEG als Bauherr erklärt worden war, dass man einen Bauantrag für die Sanierung stellen müsse, wurde die Neuerrichtung des Dachstuhls am 25. Juli beantragt und von der Bauverwaltung am 29. Juli per Freistellung sehr schnell genehmigt.

Dachgeschoss Brand Gröbenzell
Notdürftig repariert: das Dachgeschoss nach dem Brand. © Guido Verstegen

Doch seit September herrschte Stillstand. Schwyrz macht das sauer: „Weil das Aufstellen des für die Sanierung dringend erforderlichen Baukrans durch die Gemeinde verzögert wurde. Denn auf der dafür einzig infrage kommenden Fläche steht leider ein wilder Pflaumenbaum – und der darf nicht gefällt werden.“ Dies, obwohl er im geltenden Bebauungsplan nicht als zu erhalten festgesetzt sei und drumherum reichlich Bäume vorhanden sind. „Das ist ein schlechter Scherz und ein grüner Schildbürgerstreich.“

Baum durfte nicht gefällt werden

Im Oktober votierte der Bauausschuss mit 10:3 Stimmen gegen den Antrag, den Baum entfernen zu lassen. „Die Regelungen sind nun einmal für alle gleich. Der Bebauungsplan setzt an dieser Stelle zwar keinen schützenswerten Baumbestand fest, doch der Baum ist gemäß Paragraf 2 Absatz 1 der Baumschutzverordnung unter Schutz gestellt“, teilt Bürgermeister Martin Schäfer (UWG) auf Anfrage mit. Nach diesem Passus sind unter anderem Laub-, Nadel- und Obstbäume mit einem Stammumfang von mehr als 60 Zentimetern, gemessen in ein Meter Höhe, geschützt.

„Bäume verbessern die Luftqualität und das Kleinklima im Ort. Das hilft Mensch und Tier“, sagt Larissa Holmer, ebenso UWG-Gemeinderätin. Sie habe sich von Anfang an dafür ausgesprochen, den Baum stehenzulassen und die WEG darauf hingewiesen, „dass sie mit ihrem Antrag auf Fällung keine Chance“ habe.

Gröbenzell Baukran
Wohin mit dem Baukran? Nun musste er in den Garten. © Guido Verstegen

Kritik an Behördenwillkür

Gerhard Schwyrz spricht von „Behördenwillkür“. Man habe mit der Entscheidung unter anderem die Risiken von Schäden an der Infrastruktur – wie Abwasserkanal oder Leitungen im Zufahrtsweg – ignoriert: „Die Gemeinde schließt hier jegliche Haftung aus und verlagert damit mögliche Folgekosten auf die WEG.“ Er argumentiert zudem damit, dass es „nach aktuellen Regelungen“ an dieser Stelle eine Wendemöglichkeit für Rettungsfahrzeuge geben müsse, für deren Errichtung der strittige Baum im Weg sei und dass der Zufahrtsweg grundsätzlich für Einsatzfahrzeuge freigehalten werden müsse. „Der Bebauungsplan setzt an dieser Stelle keinen Wendehammer fest, und die notwendige Erschließung des Grundstücks ist ausreichend gesichert“, stellt Bürgermeister Schäfer dazu fest.

Kran muss nun in Garten

„Das betreffende Haus liegt über 100 Meter von der Straße entfernt, was den Einsatz der Feuerwehr nicht gerade erleichterte“, berichtete das Tagblatt im Mai. Das bestätigt Kommandant Christian Weirauch, weist aber darauf hin, dass seine Truppe entsprechendes Equipment habe: „Und es ist auch nicht praktikabel, dass nach alten Bauplänen entstandene Wege neuen Bestimmungen angepasst und verbreitert werden.“ Schwyrz‘ Vorwurf, dass die Gemeinde die Hausgemeinschaft mit ihren vier Parteien im Regen stehen lasse, widerspricht Bürgermeister Schäfer: „Mögliche Alternativen für die Aufstellung des Krans sind vorhanden.“

Tatsächlich wurde dann auch eine gefunden. Nur weil sich der im Erdgeschoss wohnende Stephan Reisinger bereit erklärt habe, dass der Baukran in seinem „mit viel Mühe angelegten und sehr gepflegten Garten“ aufgestellt werde, habe man dem Spuk ein Ende bereitet, betont Schwyrz. Die dabei entstehenden Mehrkosten „von geschätzten 4000 Euro“ übernehme zum Glück die Versicherung. Larissa Holmer ergänzt: „Der Garten ist Eigentum der WEG, und Herr Reisinger genießt ein Sondernutzungsrecht.“

Happy End an Weihnachten

Am 21. November rückte ein Bagger an, und Arbeiter schafften Platz für den Baukran. Der steht dort seit dem 2. Dezember, und der abgebrannte Dachstuhl respektive die darunter liegende Wohnung werden nun endlich saniert. Der Dachstuhl ist wieder komplett zu. Andere Arbeiten folgen im neuen Jahr. V

Von Guido Verstegen

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