Fischerstechen in Seeshaupt: Michi Muhr ist wieder Fischerkönig
Auch in diesem Jahr schaffte es kein Herausforderer, den Dauersieger vom Thron beziehungsweise vom Boot zu stoßen. Nach seinem zwölften Sieg beim Seeshaupter Fischerstechen ist und bleibt Michi Muhr der Rekordhalter dieses traditionellen Wettkampfs, der 1651 zum ersten Mal auf dem Starnberger See stattfand.
Seeshaupt – 72 männliche Teilnehmer zwischen 16 und 60plus hatten sich zum 33. Fischerstechen im „Strandbad Lidl“ angemeldet. Das weibliche Geschlecht war nicht zugelassen. Eine reine Vorsichtsmaßnahme, wie Markus Ott vom Organisationsteam betont: „Weil die Stöße mit der Lanze meist im Brustbereich landen. Obwohl die Spitze gepolstert ist, wollen wir Verletzungen von vorneherein ausschließen.“
Fischerstechen in Seeshaupt: Auch Verkleidete dabei
Rund 800 Zuschauer verfolgten begeistert die Duelle der mutigen Männer auf den Brettern an der Spitze der schwankenden Ruderboote, die wie immer von Max Lindner und Max Rest in die richtige Stellung gebracht wurden. Einige der Duellanten waren originell verkleidet angetreten wie Sebi Rössler, der als „Überraschungsei“ den Preis für das gelungenste Kostüm bekam.
Die Lanzen-Duelle dauerten unterschiedlich lang. Als schnellster Verlierer nach nur 1,87 Sekunden stürzte Max Ziegler in die Fluten, am längsten mit über sechs Minuten duellierten sich Peter Höcherl und Peter Ott, dem schließlich der „Lucky Punch“ gelang. Dazu passte Klaus Lages Hit „1000 Mal berührt, 1000 Mal ist nichts passiert“, den DJ Bernd Habich zufällig aufgelegt hatte.
Das Finale war eine Neuauflage vom letzten Jahr: Lokalmatador Michi Muhr schickte nach kurzem Abtasten Helmut Deuter mit einem gezielten Stoß in die Fluten. Der nahm das unfreiwillige Bad gelassen hin, weil er trotz Niederlage seinen Titel als „Vize-König“ behalten konnte. Dass der Michi auf dem Brett so standfest mit der Lanze umgehen kann, liegt wohl an seinem Beruf als Spengler. Er ist viel auf hohen Dächern unterwegs und daher geübt im Balancieren.
Den dritten Platz und damit die Bronze-Medaille erkämpfte sich Benedikt Lidl, der Sohn von Andi Lidl, dem Hausherrn und einem der „Gründungsväter“ des Seeshaupter Fischerstechens. Damit sei die Familienehre gerettet, meinte er launisch bei der Siegerehrung, nachdem er selbst in der zweiten Runde ausgeschieden war.
Das Seeshaupter Fischerstechen zeichnet sich durch seine Lässigkeit und bombige Stimmung sowohl bei den Teilnehmern als auch beim Publikum aus. Organisiert wird er vom „Freundeskreis Fischerstechen Seeshaupt“, zu dem sich vor 35 Jahren ein paar Burschen zusammengefunden hatten. Nur zweimal musste die Veranstaltung wegen Corona ausfallen. Zum harten Kern gehört neben Moderator Markus Ott, Andi Lidl und Bernd Habich noch Robert Mayr, der akribisch die Zeiten misst und das Kampfgeschehen protokolliert. Biergarten-Gastronom Ante Ledic ist längst Teil des Teams und spendete wieder die Preise sowie die Medaillen für ersten Zehn.
Am Starnberger See gab es zu Zeiten von Kurfürst Ferdinand Maria in den Jahren 1651 bis 1679 im Rahmen seiner Prunkfeste die ersten Fischerstechen. Im allgemeinen kulturellen Niedergang zur Wende vom 18. ins 19. Jahrhundert gerieten auch die Seefeste mit dem Lanzenwettbewerb in Vergessenheit. Eine Wiederbelebung erfuhren sie durch Prinzregent Luitpold anlässlich des tausendjährigen Erinnerungsfestes an den Tod des Markgrafen Luitpold, der 907 im Kampf gegen die Ungarn gefallen war. Der Prinzregent stiftete einen Wanderpokal aus Gold zum ersten Fischerstechen 1907, das der neu gegründete Volkstrachtenverein Starnberg durchführte. Sieger und damit erster Fischerkönig der neuen Ära wurde Mathias Hirn aus Ambach.
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