Der Weilheimer Musiker Andi Unter ersetzt eine komplette Band
Die Leidenschaft für den Blues hat ihn schon in jungen Jahren gepackt und bis heute nie mehr losgelassen. Mit einem halben Instrumentenladen tourt der Weilheimer Musiker Andi Unter durchs Oberland und ist am 8. August als Ein-Mann-Band beim Klosterwirt in Polling zu erleben.
Weilheim - Wenn Gesang, Gitarre, Mundharmonika und Schlagzeug zu hören sind, stellt man sich eine mehrköpfige Gruppe vor, doch der 40-jährige sitzt ganz allein auf der Bühne und bedient alles gleichzeitig – ähnlich wie einst Karl Valentin mit seinem „Lebenden Orchestrion“.
„Wie viele Jugendliche wollte auch ich Rockstar werden und habe als 15-jähriger Gitarrenunterricht in Peißenberg genommen“, erzählt er. Erst etwas später weckten dann Bob Dylan-Platten sein Interesse für den Blues und seine Interpreten. Sein Studium als Umweltingenieur schloss er zwar ab, „aber dann habe ich total naiv beschlossen, lieber Profimusiker zu werden.“
Er lernte die Technik des Fingerpicking, bei der die Gitarrensaiten nicht angeschlagen, sondern gezupft werden, verdiente sein Geld einige Zeit als Straßenmusiker und gründete 2011 „Andis Bluesorchester“. Mit ihm war er mehr als ein Jahrzehnt lang auch international unterwegs und veröffentlichte auf dem Label „Stormy Monday Records“ drei Alben mit eigenen sowie Cover-Songs.
One-Man-Programm
Auf La Gomera lernte er seine Frau Lilly kennen. Mit ihr und den beiden Töchtern lebt er einen Teil des Jahres in Apulien, ist aber regelmäßig bei Auftritten in Deutschland unterwegs.
Als freiberuflicher Künstler litt er unter dem Auftrittsverbot während der Corona-Pandemie und entwickelte deshalb ein Solo-Programm als „Lonesome Andy & his One Man Band“. Das ist nicht nur hörens-, sondern auch sehenswert: Mit einem Haltegestell für die Bluesharp um den Hals, spielt er metallene Resonator-Gitarren. Diese wurde in den 1920er Jahren ursprünglich entwickelt, um dem Bedarf nach einer besonders laut klingende Gitarre zu befriedigen – wenige Jahre vor der Entwicklung des elektromagnetischen Tonabnehmers und der verstärkbaren E-Gitarre.
Gleichzeitig bedient Andi mit beiden Beinen ein trickreich konstruiertes Schlagzeug: Mittels Seilzügen schrubbern zwei Esslöffel über ein Waschbrett, ein Jazzbesen schlägt auf eine kleine Trommel und so entsteht der Eindruck, als stünde eine komplette Band auf der Bühne. Das Repertoire ist beeinflusst von Gospel, Old Time Jazz und Ragtime, „aber mein Hauptinteresse gilt den Entstehungsjahren des Blues“ sagt er. Mit nachgesungenen Liedern von Blues-Musikern wie Arthur Crudup, Lowell Fulson oder Jimmy Reed hatte schon Elvis Presley seine Weltkarriere begonnen, aber viele dieser Interpreten (auch weibliche wie Memphis Minnie) sind heute meist in Vergessenheit geraten.
Dass er kein Rockstar geworden ist, hat der gebürtige Weilheimer keinen Tag bereut: „Ich musste anfangs zwar manches Opfer bringen, kann aber meine große Leidenschaft voll und ganz ausleben!“ Zwei Mal pro Jahr bringt er eigene Kompositionen als kostenlose Downloads heraus.
Einen Vorgeschmack auf das Pollinger Konzert, zu dem der Eintritt frei ist, bekommt man auf Youtube. Und wer meint, dass Blues eine recht monotone Angelegenheit sei, der wird bei Andis Version von „Boogie in the park“ schnell eines Besseren belehrt.
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