Trump kehrt Partnern den Rücken: G7-Knall wird besonders für Ukraine und Nato zum Problem

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Trump verlässt den G7-Gipfel in Kanada vorzeitig. Als Grund nennt die US-Regierung die Eskalationen im Iran-Israel-Konflikt. Was bedeutet es für die Verbliebenen?

Kananaskis – Mit dem G7-Gipfel, der seit Sonntag und noch bis einschließlich Dienstag im kanadischen Kananaskis stattfindet, waren reichlich Hoffnungen verbunden, sich angesichts zahlreicher globaler Krisenherde auf weitere Lösungsansätze zu verständigen. So sollte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj die Gelegenheit bekommen, noch einmal für weitere Unterstützung zu werben. Als weiterer Eckpfeiler in Kananaskis sollte die Frage stehen, wie sich der eskalierende Zollkonflikt unter Federführung von US-Präsident Donald Trump besänftigten lasse. 

Doch als die Vertreter der G7-Staaten gerade zum Gruppenfoto – dem vorletzten Programmpunkt des Tages – zusammen kamen, veränderte eine Entscheidung von US-Präsident Trump die Ausgangslage des Treffens grundlegend: Wegen der eskalierenden Lage im Iran-Israel-Konflikt müsse Trump den G7-Gipfel vorzeitig verlassen und ins Weiße Haus zurückkehren, hieß es seitens der Trump-Administration. Worin Trumps Abreisegrund im Zuge der Auseinandersetzungen zwischen dem Iran und Israel konkret besteht, bleibt bislang aber fraglich. Sicher ist jedoch, dass der Republikaner damit gleich einer ganzen Reihe von Staatschefs vor den Kopf stößt.

Trumps Abgang vom G7-Gipfel dürfte Selenskyj im Ukraine-Krieg Kopfzerbrechen bereiten

Allen voran wohl Selenskyj und der Ukraine, zumal der ukrainische Präsident nach den bisherigen von Trump angestoßenen erfolglosen Verhandlungen zwischen Kiew und Moskau darauf hoffte, den Druck auf den Kreml gemeinsam mit seinen Verbündeten erhöhen zu können. Das könnte nun jedoch maßgeblich schwer werden, denn nach Trumps vorzeitigem Abgang sitzt die Militärmacht USA schlicht nicht mehr mit am Verhandlungstisch. Mit Selenskyj treffen wollen sich sechs verbliebenen Staatschefs dennoch, berichtete der Deutschlandfunk am Dienstagvormittag. 

Trump verlässt den G7-Gipfel in Kanada vorzeitig. Als Grund nennt die US-Regierung die Eskalationen im Iran-Israel-Konflikt. Was bedeutet es für die Verbliebenen?
Donald Trump beim G7-Gipfel in Kananaskis © IMAGO / Kyodo News

Eigentlich schienen sich die G7-Vertreter vor dem Gipfel in Kanada einig, Wladimir Putin nur durch zusätzlichen Druck an den Verhandlungstisch zwecks potenzieller Friedensgespräche bringen zu können. Dass Trump Kananaskis vorzeitig verlässt, dürfte seine Spuren bei den G7-Vertretern hinterlassen – und das womöglich auch mit Blick auf den baldigen Nato-Gipfel (24. – 25. Juni) im niederländischen Den Haag. Seit Trumps Rückkehr ins Weiße Haus – und besonders seit dem Eklat beim Besuch Selenskyjs im Oval Office Ende Februar – befürchten sie ohnehin, das so sicher geglaubte gegenseitige Verständnis für die weitere Unterstützung der Ukraine könnte durch den Republikaner untergraben werden.

Schon am Montag hatte der US-Präsident in Kananaskis mit einer zweifelhaften Aussage für Aufsehen gesorgt. „Ein Fehler“ sei es Trump zufolge gewesen, Russland aus der Gruppe auszuschließen, berichteten US- und internationale Medien übereinstimmend, darunter CNN und die TagesschauRussland wurde nach der Annexion der Krim im Jahr 2014 aus der damaligen G8-Gruppe ausgeschlossen. Kanadas Premierminister Justin Trudeau, den Trump am Montag wiederholt für seine Entscheidung, Russland auszuschließen, kritisierte, wurde ein Jahr später Premierminister. „Barack Obama und eine Person namens Trudeau wollten Russland nicht dabei haben. Und ich würde sagen, dass das ein Fehler war, denn ich denke, dass wir jetzt keinen Krieg hätten, wenn wir Russland dabei hätten“, sagte Trump CNN zufolge bei seinem Treffen mit dem kanadischen Premierminister Mark Carney.

Trump weist Macron zurück: Rückreise nach Washington nicht wegen Waffenruhe im Iran-Israel-Konflikt

Nach Trumps Entschluss, den G7-Gipfel vorzeitig zu verlassen, äußerte Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron Vermutungen, Trump könnte mit dem Bemühen um eine Waffenruhe im Iran-Israel-Konflikt nach Washington zurückreisen, wie Medien übereinstimmend berichteten. Macrons Interpretation widersprach Trump anschließend aber vehement, wie er in einem Beitrag auf seiner Social-Media-Plattform Truth Social verlauten ließ. Darin schrieb Trump: Der „öffentlichkeitsheischende Präsident“ Frankreichs habe fälschlicherweise behauptet, er reise nach Washington zurück, um an einer Waffenruhe zu arbeiten. „Er hat keine Ahnung, warum ich jetzt auf dem Weg nach Washington bin, aber es hat sicherlich nichts mit einer Waffenruhe zu tun“, führte Trump aus. „Es geht um etwas viel Größeres als das“, betonte er. 

Was konkret Trump nun in Washington vorhat, sagte er allerdings nicht. Daneben aber verdichten sich die Zeichen, dass der Republikaner über das weitere Vorgehen der USA im Iran-Israel-Konflikt entscheiden könnte, zumal die USA zu Wochenbeginn bereits mitunter den Flugzeugträger USS Nimitz aus dem Südchinesischen Meer abzogen und in auf Kurs ins östliche Mittelmeer brachten, um von dort flexibler auf die Lage in Nahost reagieren zu können, wie Verteidigungsminister Pete Hegseth auf dem Kurznachrichtendienst X (vormals Twitter) schrieb.

Trumps Abgang vom G7-Gipfel dürfte auch die Kommunikation mit Indiens Premierminister Modi erschweren

Fraglich bleibt in Kananaskis nun auch, wie die Kommunikation der verbliebenen Staatschefs mit Indiens Premierminister Narendra Modi in Abwesenheit Trumps nun verlaufen wird, schließlich pflegen Trump und der indische Premier ein recht enges Verhältnis. Modi und Trump hatten bereits zur ersten Amtszeit Trumps mit groß angelegten Empfängen für den jeweils anderen gezeigt, dass ihnen die Gegenseite als Verbündeter wichtig ist. Zuletzt trafen sich Trump und Modi im Februar im Weißen Haus, wobei sich die beiden auf Rahmenbedingungen für die künftige Zusammenarbeit einigten. „Premierminister Modi und ich haben vereinbart, dass wir Verhandlungen führen werden, um die seit langem bestehenden Ungleichheiten zu beseitigen“, sagte Trump mit Blick auf die Handelsbeziehungen zwischen den USA und Indien, wie er von Al Jazeera zitiert wurde. 

Die Nachricht zu Trumps vorzeitigem Ausstieg aus den G7-Gesprächen erfolgte, als sich Indiens Premierminister gerade im Landeanflug über Kanada befand. Wie die Gespräche mit den verbliebenen Staatschefs nun ablaufen, muss abgewartet werden – vermutlich aber dürfte die Kommunikation zwischen ihnen weniger befreit ablaufen, als wenn Trump nach wie vor in Kananaskis anwesend wäre. (fh)

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