US-Präsident fordert Bodenschätze - Selenskyj bereit zu Trump-Bedingung für Waffen-Hilfe - doch Experten sehen großes Problem
US-Präsident Donald Trump hat ein Auge auf die Bodenschätze der Ukraine geworfen: Er hat Interesse an Seltenen Erden aus der Ukraine bekundet – quasi als Gegenleistung für die militärische Hilfe, die die US-Regierung dem Land zukommen lässt.
Die USA sind derzeit der wichtigste Unterstützer der Ukraine im Kampf gegen den seit fast drei Jahren andauernden russischen Angriffskrieg. Trump hatte sich vor seinem Amtsantritt ablehnend über die Milliardenhilfen für Kiew geäußert.
Sein Plan sieht nun vor, dass die Vereinigten Staaten im Falle einer Einigung mit den ukrainischen Behörden Zugang zu wichtigen Mineralien erhalten, die in der Hightech-Industrie verwendet werden.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj signalisierte sein Einverständnis für US-Investitionen im Geschäft mit Seltenen Erden aus der Ukraine. „Wir sind offen dafür, dies mit unseren Partnern zu entwickeln, die uns helfen, unser Land zu beschützen und den Feind mithilfe ihrer Waffen und Sanktionspakete zurückzudrängen“, sagte er. „Das ist absolut fair.“
Schätzungen zufolge verfügt die Ukraine über Mineralvorkommen im Wert von über 26 Billionen Dollar und ist damit ein wichtiger Akteur in der globalen Lieferkette. Der genaue Wert der ukrainischen Bodenschätze ist jedoch unklar, da der Gesamtwert der Vorkommen seit langem nicht mehr berechnet wurde.
Die Ukraine verfügt über eine beträchtliche Menge an Seltenen Erden
Das Land verfügt über rund 20.000 Mineralvorkommen von 116 Mineralienarten – darunter Titan, Lithium, Beryllium, Mangan, Gallium, Uran, Zirkonium, Grafit, Apatit, Fluorit und Nickel.
Vor dem Krieg war die Ukraine ein wichtiger Lieferant von Walzstahl, Titan, Lithium, Gallium, Eisenerz und Mangan für Europa.
Zugleich gibt es keine industrielle Gewinnung von Seltenen Erden. Die Ukraine verfügt jedoch über eine beträchtliche Menge an Seltenen Erden, die in der militärischen Produktion verwendet werden (Dysprosium, Praseodym, Scandium und andere Lanthanoide).
Diese Metalle werden für die Herstellung leistungsstarker Dauermagnete benötigt, die in modernen Kampfsystemen eingesetzt werden: zum Beispiel in Raketen, Flugzeugmotoren oder Luftabwehrsystemen.
Bis Februar 2022 war die Ukraine der Hauptlieferant von Titan für den militärischen Sektor (das Land verfügte über sieben Prozent der weltweiten Reserven). Titanerz ist für die Luft- und Raumfahrtindustrie, die Medizintechnik, die Automobilindustrie und die Schifffahrt unverzichtbar.
Die vielversprechendsten Vorkommen befinden sich in den Regionen Donezk, Dnipro, Kirowohrad und Cherson. Auf drei Regionen – Donezk, Dnipro und Luhansk – entfallen mehr als 70 Prozent der Gesamtmenge.
In der Ukraine gibt es widersprüchliche Meinungen zu Trumps Plan. Viktor Taran, Direktor des Zentrums für politische Studien und Analysen in der Ukraine, erklärte gegenüber dem Tagesspiegel, dass ein Abkommen mit den USA die Sicherheit der Ukraine gewährleisten würde.
Es werde amerikanische Investitionen ermöglichen, Arbeitsplätze für Veteranen schaffen und das Risiko einer russischen Aggression verringern, sagte er.
- Viktor Taran ist Direktor des Zentrums für politische Studien und Analysen in der Ukraine.
Seltene Erden sind für die Spitzentechnologie und die Rüstungsindustrie von entscheidender Bedeutung, und die Ukraine verfügt über Reserven an Neodym und Dysprosium. Dies macht das Land zu einem potenziellen Partner der USA im Konkurrenzkampf mit China, das den größten Teil des weltweiten Angebots dieser Materialien kontrolliert.
"Das Abkommen wird eine Win-win-Situation schaffen, von der beide Seiten profitieren werden" Viktor Taran, Direktor des Zentrums für politische Studien und Analysen in der Ukraine
Nach Ansicht des Politikwissenschaftlers ist es wichtig, dass die USA versuchen, ihre Abhängigkeit von China zu verringern, und sich nach Alternativen umsehen, wie etwa der Ukraine.
„Das Abkommen wird eine Win-win-Situation schaffen, von der beide Seiten profitieren werden: Die USA erhalten Zugang zu wichtigen Ressourcen, und die Ukraine gewinnt an Investitionen und Sicherheit. Im Ergebnis wird die Ukraine zu einem strategischen Partner, der die USA mit Seltenen Erden beliefert und sie damit vor möglichen russischen Aggressionen schützt“, so der ukrainische Analyst.
„Natürliche Ressourcen gehören dem ukrainischen Volk“
Auch Vitaliy Kulyk, Direktor des Zentrums für zivilgesellschaftliche Studien in der Ukraine, ist der Ansicht, dass die Ukraine trotz der finanziellen Unterstützung durch die EU von der Militärhilfe der USA abhängig sei.
Der politische Analyst ist jedoch der Meinung, dass der geplante Deal gegen die Verfassung verstoßen könnte: „Wenn es um Eigentum geht, können wir uns auf die ukrainische Verfassung berufen, in der es heißt, dass die natürlichen Ressourcen dem ukrainischen Volk gehören und nur das Volk diese Situation ändern kann, nicht die Regierung oder der Präsident.“
„Wer ist Selenskyj, dass er Eigentum verwalten kann, das dem ukrainischen Volk gehört?“
Er wies auch darauf hin, dass Trumps Vorschlag Garantien zum Schutz vor Korruption und einen Fonds zur Deckung von Verlusten durch mögliche Korruption in der ukrainischen Führungsspitze beinhalten könnte.
- Vitaliy Kulyk ist Direktor des ukrainischen Zentrums für zivilgesellschaftliche Studien.
„Wir können amerikanische Unternehmen anlocken und die Verwaltung der Prozesse modernisieren, aber die Lizenzgebühren sollten nicht an Beamte gehen, sondern in einen Fonds, von dem alle ukrainischen Bürger profitieren. Das kann erst nach dem Ende der Feindseligkeiten und der Einberufung der verfassungsgebenden Versammlung geschehen“, sagte Kulyk.
Die überwiegende Mehrheit der Seltenen Erden liegt im besetzten Gebiet
Der ukrainische Politiker und Publizist Igor Moseychuk sieht Probleme beim Abbau der Seltenen Erden. „Erstens ist es ein teurer Prozess, der moderne Technologien erfordert. Zweitens liegt die überwiegende Mehrheit der Nickel-, Lithium- und Manganvorkommen in den derzeit besetzten Gebieten. Drittens: Wer ist Selenskyj, dass er Verträge abschließen und Eigentum verwalten kann, das dem ukrainischen Volk gehört?“, sagte der Politiker und ehemalige Abgeordnete der Werchowna Rada auf seinem YouTube-Kanal.
Er warnt davor, dass die Ukrainer so immer mehr von ihrem Land verlieren könnten. „Donald Trump ist ein Geschäftsmann. Für seine Verdienste im Interesse seines Landes wird er so viel verlangen wie möglich. Heute gefällt ihm die ukrainische Metro. Morgen wird er Energie, Gas, Ölprodukte und dann unseren ukrainischen Boden wollen“, sagte der Politiker.
Von Yulia Valova
Das Original zu diesem Beitrag "US-Hilfe nur gegen ukrainische Bodenschätze: „Das Abkommen wird eine Win-win-Situation schaffen“" stammt von Tagesspiegel.