AfD-Abgeordneter lotst Bürger auf Regierungskosten in russische Botschaft

Vergangenen Mittwoch gegen 15.30 Uhr: Ein Charter-Bus des Bundespresseamtes hält direkt vor dem Bundestagsgebäude Unter den Linden 71. Gut 25 Menschen steigen aus – unter ihnen der AfD-Bundestagsabgeordnete Udo Hemmelgarn. Dann ging es in die russische Botschaft gleich nebenan.

AfD-Abgeordneter nimmt Reisegruppe mit in russische Botschaft

Bezahlt wird diese Reise vom Bundespresseamt (BPA) der Bundesregierung. Es finanziert jährlich für 100.000 Teilnehmer viertägige „Informationsfahrten“ nach Berlin. Die werden jeweils von einem Bundestagsabgeordneten organisiert.

Bezahlt werden dabei Fahrtkosten, Übernachtung im Doppelzimmer und zwei Mahlzeiten am Tag. 

Hemmelgarn räumt gegenüber FOCUS online ein, das Bundespresseamt vorab nicht über den Besuch der russischen Botschaft informiert zu haben. Der Besuch sei zum Zeitpunkt der Anmeldung noch offen gewesen.

Union empört: Missbrauch der Steuergelder für Kriegspropaganda

Der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jürgen Hardt, ist empört: Die Informationsreisen von Bürgern aus den Wahlkreisen seien ein wichtiges Instrument, Menschen das politische Berlin nahezubringen.

"Die AfD missbraucht dieses Instrument, wenn sie Gruppen unbescholtener Bürger der Kriegspropaganda der russischen Botschaft aussetzt", kritisiert Hardt gegenüber FOCUS online.

Das Vorgehen Hemmelgarns dürfte auch der Auseinandersetzungen über die Russlandpolitik innerhalb der AfD neue Nahrung geben. 

Hemmelgarn: "Politische Gespräche fanden nicht statt“

Hemmelgarn spielt die Angelegenheit gegenüber FOCUS online runter: "Politische Gespräche fanden anlässlich des Besuchs nicht statt.“ Eine Besucherbetreuerin habe sie durch das Haus geführt, um "die architektonischen Besonderheiten des Gebäudes in Augenschein zu nehmen“.  

Gerade als "Baupolitiker“ habe er ein starkes Interesse an diesem geschichtsträchtigen, im Jahr 1734 erbauten Gebäude. Andere Botschaften habe er auch angefragt, die hätten aber keine Zeit gehabt oder sich gar nicht gemeldet.

Es ist nicht das erste Mal, dass Hemmelgarn durch Putin-Nähe auffällt: 2019 reiste er mit zwei anderen AfD-Politikern zu einem Treffen in ein Luxus-Resort auf der besetzten Krim. Neben AfD-Politikern reisten auch Linke-Politiker dorthin.

„Die Landesverräter der AfD können alleine in die russische Botschaft dackeln“

Der Außenpolitiker Jürgen Hardt sieht das Verhalten Hemmelgarns und der AfD als Teil der Putin-Strategie: „Russlands Putin sehnt sich nach Krieg in Europa und die AfD-Bundestagsabgeordneten sind seine willfährigen Helfer“, sagt er zu FOCUS online. 

Und: „Die Landesverräter der AfD können gerne alleine in die russische Botschaft dackeln, um sich ihre Sprechpunkte abzuholen, aber nicht mit Bürgergruppen, die gar nicht wissen, wie ihnen geschieht."

Hardt fordert, dass das Bundespresseamt und die Bundestagsverwaltung dieser "Praxis dringend einen Riegel vorschieben“ müssen.

Eine Antwort des Bundespresseamts auf die Anfrage von FOCUS online steht noch aus.