Klöckner wegen Nius unter Druck: „Ihr Verhalten macht mich betroffen“

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Ein schräger Vergleich und umstrittene Kontakte setzen Klöckner unter Druck. Das könnte der Union Schaden zufügen, glaubt ein Experte.

Berlin – Schlechte Publicity gibt es nicht? Die aktuelle Debatte um Julia Klöckner beweist womöglich das Gegenteil. Die CDU-Politikerin steht derzeit im Fokus der Aufmerksamkeit – mehr als üblich für eine Bundestagspräsidentin. Abseits der Boulevard-Berichte über ihre Partnerschaft mit Fernsehmoderator Jörg Pilawa geht es um medienpolitische Stellungnahmen und umstrittene Kontakte. Das sorgt für Kritik. So sehr, dass Klöckner zum Problem für die Union werden könnte, glaubt Politikberater Johannes Hillje.

Julia Klöckner
Julia Klöckner steht wegen umstrittener Äußerungen in der Kritik. © Sascha Ditscher/dpa

Julia Klöckner und Nius-Geldgeber Gotthardt: „Annäherung an den rechten Rand“

Klöckner soll laut Medienberichten bei einem Sommerfest der CDU Koblenz die rechtspopulistische Internetseite Nius mit der Tageszeitung Taz gleichgesetzt haben. Die Arbeitsweise und das Handeln beider Medien seien „nicht so sehr unähnlich“, sagte sie demnach. Der Deutsche Journalistenverband (DJV) nannte den Vergleich später „inhaltlich falsch und geschmacklos“. Die Koblenzer Veranstaltung wurde von der Firma CompuGroup Medical (CGM) finanziert, die wiederum hauptsächlich dem Geschäftsmann Frank Gotthardt gehört – der die Internetseite Nius mitfinanziert.

Bereits 2023 soll Klöckner intensive Verbindungen zu Gotthardt unterhalten haben, wie jetzt verschiedene Medien, darunter Tablemedia, melden. Die CDU wollte damals demnach mit Gotthardt ein IT-Strategie-Unternehmen namens „CDU APP GmbH“ gründen, die Kommunikation lief wohl vor allem über Klöckner.

„Den Besuch des CDU-Sommerfestes halte ich nicht für problematisch“, sagt Experte Johannes Hillje im Gespräch mit dieser Redaktion. Aber Klöckners Einlassungen dort seien unpräsidentiell. „Natürlich darf sich eine Bundestagspräsidentin an Debatten beteiligen. Aber sie ist durch ihre kontroverse medienpolitische Äußerung eher als Parteipolitikerin aufgetreten. In ihrem Amt sollte es umgekehrt sein. Damit schadet sie der Union.“

Denn: „Die gemeinsame Abstimmung mit der AfD war bereits eine Annäherung der Union an den rechten Rand. Frau Klöckner hat sich nun medienpolitisch angenähert“, sagt Hillje. Die rechtspopulistische Bewegung profitiere von einer Medienstrategie, von „einem Ökosystem aus Influencern und pseudojournalistischen Portalen wie Nius, die eine AfD-Agenda verfolgen“, so Hillje. „Julia Klöckner sendet Grüße an den rechten Rand. Nicht zum ersten Mal. Ihr Verhalten kann nicht im Sinne der Gesamtunion sein.“

Sein Urteil: „Das Amt der Bundestagspräsidentin sollte auf Überparteilichkeit und Ausgleich ausgerichtet sein. Frau Klöckner hat sich davon wegbewegt.“ Die Partei Die Linke verlangte sogar Klöckners Amtsverzicht, nun äußert sich auch der Koalitionspartner SPD kritisch. Bundestagsabgeordneter Macit Karaahmetoğlu sagte gegenüber dieser Redaktion: „Die Berichte über ihre persönliche Nähe zu Leuten, die die rechtspopulistische Szene unterstützen, finde ich befremdlich. Ihr Amt, das zweithöchste im Staat, verpflichtet zu Neutralität und Geradlinigkeit. Ihr Verhalten macht mich betroffen.“

Klöckner „muss erklären, inwieweit es heute eine Kooperation mit Gotthardt gibt“

Auch Hillje sagt: Die anscheinend verstärkte Verbindung zum Nius-Geldgeber Gotthardt entwickle sich zu einem ernsten Problem für Klöckner: „Sie muss nun öffentlich erklären, inwieweit es heute eine Kooperation mit Gotthardt gibt.“ Bis jetzt hat sich Julia Klöckner nicht öffentlich dazu geäußert.

Schon vor einigen Wochen hatte die Bundestagspräsidentin durch ihr Verbot der Regenbogenflagge am Reichstagsgebäude für heftige Diskussionen und öffentlichen Widerstand vieler Bundestagsabgeordneter gesorgt. Hinter den Kulissen kritisieren einige im Bundestag, dass Klöckner mit dem Flaggenverbot eine Regelung ihrer Vorgängerin Bärbel Bas (SPD) rückgängig machte, was als mangelnder Respekt vor dem Amt verstanden wird.

„Grundsätzlich muss eine Bundestagspräsidentin Maßgaben von Vorgängern zurücknehmen können, etwa bei radikalen Entscheidungen“, findet Johannes Hillje. „Aber das war bei Bärbel Bas nicht der Fall. Insofern verwundert es, dass Frau Klöckner sich zu Beginn ihrer Amtszeit dieses Themas angenommen hat.“

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