Während Friedensgespräche laufen: Opposition in der Ukraine verbrüdert sich mit Trump
Ex-Ukraine-Präsident und andere Oppositionelle kritisieren Wolodymyr Selenskyj – und bauen Kontakt zur Trump-Administration auf. Thema: Wahlen.
Kiew – Der lautstarke Streit zwischen US-Präsidenten Donald Trump und dem ukrainischen Amtskollegen Wolodymyr Selenskyj Ende Februar war ein historischer Moment. Der Besuch im Weißen Haus hat den Druck auf Selenskyj auch innenpolitisch erhöht. Die Opposition vernetzt sich mit der Trump-Administration – in Gesprächen soll von Wahlen in der Ukraine die Rede gewesen sein.
„Kontakte knüpfen“: Ex-Präsident und Ex-Premierministerin machen sich bereit für Ukraine-Wahlen
Zuerst äußerten sich ukrainische Oppositionelle nach dem eskalierten Treffen zwischen Trump und Selenskyj eher subtil – merkten aber an, wie vorrangig die Beziehung zum US-Präsidenten sei. „Wir beobachten, dass einige politische Gruppierungen in Bewegung kommen“, sagte Ruslan Bortnik, Direktor des Ukrainischen Instituts für Politik gegenüber Politico. „Sie versuchen, informelle Kontakte zu knüpfen oder ihre Verbindungen zur Republikanischen Partei oder zu Trumps Umfeld zu nutzen, um ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit Washington zu signalisieren.“
Die Rhetorik der Opposition habe sich aufgrund der laufenden Gespräche über einen Waffenstillstand nun verschärft – wie etwa vom ehemaligen ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko und der Ex-Premierministerin Julia Timoschenko. „Es gibt erneut Erwartungen, dass es in naher Zukunft zu einem Waffenstillstandsabkommen kommen könnte und dass dann in einiger Zeit der Wahlkampf beginnen könnte. Das, denke ich, drängt sowohl Poroschenko als auch Timoschenko zu dieser (politischen) Positionierung“, so der Experte Wolodymyr Fesenko gegenüber der Kyiv Independent.
Während Friedensgespräche laufen: Ukraine-Opposition verbrüdert sich mit Trump
In einem Interview mit dem Guardian kritisierte Poroschenko seinen Amtsnachfolger für das Treffen im Weißen Haus – es sei ein „katastrophaler Fehler“ gewesen. Selenskyj solle außerdem aufhören „Menschen, Territorium und Zeit“ zu verlieren. Ebenso nannte er den ukrainischen Präsidenten einen „unglücklichen Anführer des Teams, das die Nation in die Diktatur führt.“ Diese Darstellungen scheinen mit denen Trumps übereinzustimmen.
Wegen des Ukraine-Kriegs herrscht in der Ukraine weiterhin das Kriegsrecht, das die Präsidentschaftswahlen derzeit aussetzt. Experten warnen, dass derzeitige Wahlen im Chaos enden würden und Russland nutzen könnten, da zahlreiche potenzielle Wähler entweder an der Front kämpfen oder im Ausland als Geflüchtete leben.
Nach Eklat im Weißen Haus: Ukrainische Opposition trifft sich mit Trump-Verbündeten
Anfang März berichtete Politico unter Berufung auf drei ukrainische Abgeordnete und einen US-Außenpolitikexperten, dass Trumps Verbündete geheime Gespräche mit Mitgliedern von Poroschenkos Partei Europäischer Solidarität und Batkiwschtschina-Chefin Timoschenko geführt haben. Dabei ging es laut Bericht um die Möglichkeit vorgezogener Präsidentschaftswahlen in der Ukraine. Beide Politiker bestätigten die Treffen, bestritten jedoch eine Beteiligung an einem Komplott gegen Selenskyj. Die Oppositionsparteien betonten gegenüber dem Kyiv Independent, dass solche Treffen mit ausländischen Politikern üblich seien.
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Mykola Kniazhytskyi von der Europäischen Solidarität erklärte, er habe als Teil einer ukrainischen Delegation – gemeinsam mit Vertretern der Regierungspartei Diener des Volkes – US-Kongressabgeordnete beider Parteien getroffen, unter anderem auch Personen aus Trumps Umfeld. „Wir werden es uns niemals erlauben, mit irgendjemandem im Ausland über die Wahlen zu sprechen und darüber, dass Selenskyj Schaden zugefügt werden könnte, denn in diesem Fall will Russland Selenskyj stürzen“, sagte Kniazhytskyi dem Kyiv Independent. Er betonte, dass seine Partei zwar gegen Selenskyj antreten wolle, aber Wahlen unter Kriegsrecht als Risiko für die Stabilität des Landes sehe, da sie von Russland ausgenutzt werden könnten.

„Dreiste Einmischung“: Kritik an Trumps Haltung gegenüber der Ukraine
Die Gespräche mit Trumps Umfeld ordnen Experten kritisch ein. „Die Tatsache, dass Trump über Wahlen spricht, zeigt ein völliges Unverständnis dafür, was in der Ukraine passiert und wie die innenpolitische Lage ist“, sagte Olexiy Haran, Forschungsberater der Democratic Initiatives Foundation gegenüber der Kyiv Independent. „Ich halte das für eine dreiste Einmischung in die ukrainische Politik.“
Beobachter sind der Meinung, dass Trumps Blick auf die Ukraine verzerrt sei. Genau wie der auf Russland. „Putin glaubte, wenn wir Poroschenko ersetzen, würde die Ukraine kapitulieren. Jetzt glaubt er, wenn wir Selenskyj ersetzen, wird die Ukraine kapitulieren“, so Haran. Demnach sei Trumps Weltanschauung eine Verlängerung Putins: „Aus irgendeinem Grund glauben die Amerikaner, dass sein Nachfolger Zugeständnisse an Russland machen wird. Tatsächlich verstehen sie nicht, dass die Hauptmacht das ukrainische Volk ist, das für seine Unabhängigkeit kämpft.“ (hk)