Nordkorea-Soldaten im Ukraine-Krieg: „China ist sehr besorgt“

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Nordkorea hat Tausende Soldaten in den Ukraine-Krieg geschickt. China betrachte die Nähe zwischen der Kim-Diktatur und Russland mit Argwohn, sagt eine Expertin.

Die USA und mehrere andere Länder haben Dmitri Medwedew längst mit Sanktionen belegt. In China aber ist der Vorsitzende der russischen Regierungspartei Einiges Russland weiterhin ein gern gesehener Gast. Gerade erst empfing der chinesische Staats- und Parteichef Xi Jinping jenen Mann, der dem Westen mit einem Atomkrieg droht und die Ukraine von der Landkarte tilgen will.

Von „großem Respekt“ sprach Xi am Donnerstag (12. Dezember) bei dem Treffen in der Großen Halle des Volkes im Herzen Peking. Und davon, die Zusammenarbeit mit Russland weiter zu stärken. Auch der Ukraine-Krieg war Thema. Einmal mehr warb Xi im Gespräch mit Medwedew für den chinesisch-brasilianischen „Friedensplan“ für das von Russland überfallene Land – jenen Plan also, der mit keinem Wort den Abzug der russischen Truppen aus den besetzten Gebieten der Ukraine fordert und den auch Medwedew wenig überraschend als „positiv“ bewertete.

Soldaten aus Nordkorea in Russland: China schweigt

Ob auch der Einsatz nordkoreanischer Soldaten im Ukraine-Krieg auf der Tagesordnung stand, ist hingegen nicht bekannt. Dass das Regime von Diktator Kim Jong-un seit Monaten Waffen, Munition und auch Soldaten nach Russland schickt, kommentiert Peking ohnehin nur ungern. „Das ist eine Angelegenheit zwischen Russland und Nordkorea als zwei souveränen Staaten“, lautet verlässlich der Standardkommentar aus dem chinesischen Außenministerium, wenn Fragen aufkommen zur zunehmend engen Zusammenarbeit der beiden Länder.

Rachel Minyoung Lee, Nordkorea-Expertin bei der US-Denkfabrik Stimson Center, glaubt trotz der chinesischen Zurückhaltung, dass Peking „sehr besorgt“ ist über die Entwicklung: „Denn die Kooperation zwischen Nordkorea und Russland lenkt die Aufmerksamkeit der USA auf diese Region.“ Im Gespräch mit IPPEN.MEDIA erinnert die Expertin daran, dass US-Präsident Joe Biden in den vergangenen Jahren die Allianzen der USA mit Chinas Nachbarländern Japan und Südkorea gestärkt hat. Die neue Achse Pjöngjang-Moskau werde die drei Länder nun noch enger zusammenbringen, so Lee. Schon jetzt haben die USA mehr als 80.000 Soldaten dauerhaft in Japan und Südkorea stationiert.

Verteidigungspakt zwischen Nordkorea und Russland: „China sieht das sehr ungern“

Auch sei Peking besorgt über den Verteidigungspakt, den Kim Jong-un und Russlands Präsident Wladimir Putin im Sommer geschlossen haben. Der Vertrag sieht vor, dass Russland das nordkoreanische Regime im Kriegsfall unterstützt. Es bestehe die Gefahr, dass sich Kim mit Russlands Rückendeckung ermutigt fühlt, den Konflikt mit Südkorea weiter zu eskalieren, so Lee. Nordkorea betrachtet seinen südlichen Nachbarn als „Hauptfeind“ und hat einer friedlichen Wiedervereinigung der koreanischen Halbinsel vor Kurzem eine Absage erteilt. „China sieht all das sehr ungern. Was Peking will, ist, dass der Status quo in der Region aufrechterhalten wird“, sagt Lee.

Unklar sei, so die Nordkorea-Expertin, welchen Einfluss China noch auf das Kim-Regime habe. Zwar könne Peking durchaus Druck auf Kim ausüben, etwa, indem es die Lieferung von Öl und Lebensmitteln nach Nordkorea stoppe. Auch könnte China damit anfangen, die UN-Sanktionen gegen Nordkorea, die Peking in der Vergangenheit selbst mitgetragen hat, durchzusetzen. „Dann wäre das nordkoreanische Regime am Ende“, sagt Lee. Genau das aber sei nicht im Interesse Chinas. Denn Peking betrachte Nordkorea als Puffer zum US-Verbündeten Südkorea. Zudem fürchte China, dass ein Zusammenbruch des Kim-Regimes und die damit verbundenen Flüchtlingsströme die Region ins Chaos stürzen würden.

Ukraine: Nordkorea-Soldaten töten Tschetschenen

Gleichzeitig sehe man, dass Nordkorea durch die Allianz mit Russland seine Abhängigkeit von China reduzieren wolle. „Es war schon immer eine der Hauptsorgen von Kim Jong-un, dass Nordkorea zu sehr von China abhängig ist“, so Lee. Zwar könne Russland China als wichtigsten Handelspartner Nordkoreas nicht so schnell ersetzen; Kim suche sich aber neben Russland derzeit noch weitere Partner, etwa Belarus. „Das Land verfügt über Weizen und Dünger, also über Dinge, die Nordkorea dringend braucht“, sagt Lee.

Soldaten marschieren bei einer Militärparade in Nordkorea.
Nordkoreanische Soldaten bei einer Militärparade. (Archivbild) © dpa

Unterdessen werden immer mehr Details über den Einsatz der Nordkorea-Soldaten im Ukraine-Krieg bekannt. So teilte der ukrainische Militärgeheimdienst HUR am Samstag (14. Dezember) mit, dass nordkoreanische Truppen in der russischen Grenzregion Kursk das Feuer auf verbündete tschetschenische Soldaten eröffnet hätten. Acht Tschetschenen seien dabei ums Leben gekommen. Grund für das Missverständnis sei die „Sprachbarriere“ zwischen den nordkoreanischen Soldaten und der russischen Kriegsleitung, so Kiew. Auch Dutzende der Kim-Soldaten seien bereits gefallen.

Selenskyj: Bis zu 100.000 nordkoreanische Soldaten möglich

Insgesamt sollen sich US-Schätzungen zufolge bis zu 10.000 nordkoreanische Soldaten in Russland aufhalten. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hält es derweil für möglich, dass Kim Jong-un sogar 100.000 Soldaten in den Ukraine-Krieg schicken könnte. Spätestens dann dürfte sich China gezwungen sehen, sein Schweigen zu brechen.

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