Nach Assad-Sturz in Syrien: Merz fordert Aufnahmestopp und verlangt Rückführungen

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Syrien bleibt weiterhin ein gefährliches Land ohne legitime Regierung. Dennoch fordert Merz einen Aufnahmestopp von Flüchtlingen aus dem Krisenland.


Berlin – Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz hat mit Blick auf den Sturz des Machthabers Baschar al-Assad für einen Aufnahmestopp von Flüchtlingen aus Syrien plädiert. „In jedem Fall ist richtig, jetzt nicht weitere Flüchtlinge aus Syrien aufzunehmen“, sagte er in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“. „Denn diejenigen, die kommen, könnten auch Angehörige der Milizen von Assad gewesen sein und die können wir nun gar nicht in Deutschland gebrauchen.“ Merz wiederholte seine Forderung, dass an deutschen Grenzen zurückgewiesen werden müsse.

Geflohene Syrerinnen und Syrer, die schon in Deutschland seien, sich aber nicht integrieren wollten, sollten nach Syrien zurückkehren, bekräftigte der CDU-Kanzlerkandidat eine andere Forderung. „Wir sind ohnehin schon seit langer Zeit der Auffassung, wenigstens in den Norden hätte man schon längst zurückkehren können, jetzt auch in andere Teile des Landes.“ Wer in Deutschland arbeite und gut integriert sei, könne selbstverständlich bleiben.

Dobrindt fordert: Syrische Straftäter abschieben

Gut integrierte Syrer will auch die CSU halten. Sie drängt aber auf die schnelle Abschiebung syrischer Straftäter. Der Chef der CSU-Bundestagsabgeordneten, Alexander Dobrindt, sagte der Rheinischen Post: „Wenn Schutzgründe wegfallen und damit in vielen Fällen das Aufenthaltsrecht erlischt, muss auch eine Rückführung nach Syrien möglich sein.“ Als Allererstes müsse es darum gehen, Straftäter schnell zurückzuführen. Außerdem wolle seine Partei freiwillige Ausreisen finanziell unterstützen, sagte der CSU-Landesgruppenchef. Kritiker werfen der Union immer wieder vor, das Thema zu forcieren. Dabei halten sie ihr entgegen, dass viele Syrer gut integriert seien. 

Die Union spricht sich für eine strengere Asylpolitik aus.
CDU-Chef Friedrich Merz fordert einen Aufnahmestopp für Flüchtlinge aus Syrien. © dpa/Christoph Reichwein

Migrationsforscher schlägt Rückkehroption nach Deutschland vor

Der Migrationsforscher Herbert Brücker vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) schlug in der Debatte vor, Betroffenen die Option zur Rückkehr nach Deutschland zu geben. Wenn die Politik Syrerinnen und Syrer trotz des Fachkräftemangels in Deutschland zurückschicken wolle, sei das die beste Lösung, sagte Brücker der Rheinischen Post. „Die Forschung zeigt: Menschen gehen eher freiwillig zurück, wenn sie diese Option haben.“ Gut ausgebildete Arbeitskräfte nach Syrien zu schicken, würde jedoch keinen Sinn ergeben, so der Forscher.

Insgesamt halten sich aktuell laut Bundesinnenministerium etwa 975.000 Menschen aus Syrien in Deutschland auf. Der Großteil war in den Jahren seit 2015 im Zuge des syrischen Bürgerkriegs gekommen. Laut Brücker liegt die Beschäftigungsquote der Geflüchteten nach etwa sechs bis sieben Jahren Aufenthalt in Deutschland im Schnitt bei knapp 70 Prozent. Bei Syrerinnen und Syrern liege sie derzeit bei rund 40 Prozent, da die Mehrheit von ihnen erst in den letzten Jahren gekommen sei. Erst am Montag hatte Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) entschieden, über Asylanträge von Menschen aus Syrien wegen der dynamischen Entwicklung im Land vorerst nicht zu entscheiden.

Österreichischer Kardinal warnt vor Abschiebungen nach Syrien

Kritik an den Abschiebepläne kommt dagegen etwa von der katholischen Kirche. Das Ende des Regimes von Baschar al-Assad bedeute nicht, dass Syrien einer guten Zukunft entgegensteuert. „Wie wird es in Syrien weitergehen? Die Islamisten sind die stärkste Gruppe. Sie haben jetzt die Macht übernommen. Werden sie wirklich auf Rache verzichten, Minderheiten und Religionsfreiheit schützen“, fragt der österreichische Kardinal Christoph Schönborn in einer Kolumne in der ebenfalls österreichischen Zeitung Heute.

Abschiebeforderung nach Syrien „unverantwortlich“

Ähnliche Kritik kommt auch von ProAsyl. „Eine reflexartige Forderung, die unrealistisch, gefährlich und unverantwortlich ist und jeglicher rechtlicher und sachlicher Grundlage entbehrt, sowohl mit Blick auf das deutsche Asyl- und Aufenthaltsrecht als auch auf die Situationen in Syrien“, schreibt die Organisation auf ihrer Internetseite. „Die Lage nach dem Sturz von Assad ist extrem instabil und unsicher. Es existiert weder eine funktionierende Regierung, noch gibt es organisierte Ministerien oder ein legitimiertes Staatsoberhaupt“.

Zwar führe HTS-Chef Abu Mohammed al-Dscholani jetzt eine zentrale Rolle in der Regierungsbildung, dennoch sei er weder demokratisch gewählt noch anderweitig legitimiert, diese Verhandlungen zu führen, kritisiert ProAsyl. Zudem überschnitten sich in Syrien auch zahlreiche geopolitische Interessen verschiedener Staaten, darunter die Türkei, der Iran, Russland, Israel und die USA, was die Situation zusätzlich verkompliziert. „Die Sicherheitslage im Land wird vorerst instabil bleiben“, so ProAsyl. (erpe/dpa)

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