„Sie sollten sich schämen!“ – Schwerer Vorwurf löst Sturm der Entrüstung aus

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Zog nicht zum ersten Mal den Unmut seiner Amtskollegen auf sich: der Wolfratshauser Stadtrat Dr. Hans Schmidt (Grüne). © Hans Lippert

Ein Grünen-Stadtrat unterstellt zwei Firmen, die sich um einen Auftrag der Stadt Wolfratshausen beworben haben, eine illegale Preisabsprache. Der Bürgermeister hält den Vorwurf für eine „bodenlosen Frechheit“.

Wolfratshausen – Zu einem Eklat ist es in der jüngsten Sitzung des Bauausschusses gekommen. Stadtrat Dr. Hans Schmidt (Grüne) unterstellte Firmen, die sich um einen Auftrag der Kommune beworben hatten, eine illegale Preisabsprache. Im Gremium löste das einen Sturm der Entrüstung aus. Rathauschef Klaus Heilinglecher (Bürgervereinigung) sprach von einer „bodenlosen Frechheit“, Vize-Bürgermeister Günther Eibl (CSU) distanzierte sich „förmlich und komplett“ von den Aussagen Schmidts, die er als „Unverschämtheit“ bezeichnete. SPD-Rätin Gerlinde Berchtold nannte den Grünen-Vertreter einen „Wiederholungstäter“, der das Klima im Stadtrat vergifte.

Was war geschehen? Im Juli 2024 hatte der Stadtrat die Verwaltung beauftragt, ein Leistungsverzeichnis (LV) zu erstellen und die Ausschreibung für ein Mobilitätsentwicklungskonzept zu veranlassen. Das LV wurde mit der Städtebauförderung abgestimmt, um sicherzustellen, dass die Anforderungen und Förderbedingungen berücksichtigt werden, erläuterte Sebastian Sens, Mitarbeiter im Rathaus-Referat Planen und Umwelt, in der Bauausschusssitzung am Dienstagabend. Zur Abschätzung der Kosten seien vorab Richtpreisangebote für Mobilitätskonzepte abgefragt worden. Sens: „Diese lagen zwischen 70 000 und 120 000 Euro.“

Grünen-Stadtrat behauptet: „Da sind Telefonate gelaufen“

Die Ausschreibung erhielten sechs ausgewählte Firmen. Die Stadtverwaltung zog neben dem Preis Kriterien wie den Zeitplan, die Methodik, die Zahl der Mitarbeiter und die Referenzen des Unternehmens heran, „um das beste Preis-Leistungs-Verhältnis zu evaluieren“, so Sens. Zwei Angebote trafen im Rathaus ein, dem Bauausschuss schlug das Fachreferat vor, den Auftrag „Erstellung eines Mobilitätsentwicklungskonzepts“ an die Planersocietät mit Hauptsitz in Dortmund zu vergeben – vorbehaltlich des Förderbescheids der Städtebauförderung. Kostenpunkt: Knapp 171 000 Euro.

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Das sei „ein beachtlicher Preis“, stellte Schmidt fest. Dass das Angebot der zwei Anbieter mit 1000 Euro Unterschied nahezu identisch sei, könne „kein Zufall sein“. Er unterstellte zum einen, dass die Firmen in dem Wissen, dass staatliche Fördermittel fließen, ihr Preisangebot mit einem satten Aufschlag versehen hätten. Und: „Da sind Telefonate gelaufen.“ Damit unterstellte er, dass die beiden Bieter sich abgesprochen hätten.

Sie sollten sich schämen!

Diese schwerwiegenden Vorwürfe, die Schmidt nicht belegte, seien „eine bodenlose Frechheit“, schimpfte Bürgermeister Heilinglechner. „Sie sollten sich schämen!“ Er wolle „nie wieder solche Unterstellungen im Bauausschuss hören“, empörte sich Vize-Rathauschef Eibl. „Voll und ganz“ pflichtete Josef Praller, Fraktionschef der Bürgervereinigung, Eibl bei. „Das geht wirklich gar nicht“, ließ er Schmidt wissen. Es sei nicht ungewöhnlich, dass die Anbieterpreise hier und da „nah beieinander“ liegen würden. „Mit einem lapidaren Satz die Arbeit vieler Menschen in Frage zu stellen“, sei ein Unding, so Praller. Nicht zuletzt „müssen wir hier die Integrität der Firmen schützen“. Schmidts Unterstellungen „werfen ein schlechtes Bild auf dieses Gremium“, sagte Eibl.

Bürgermeister verlangt eine Entschuldigung

„Solche Aussagen gehen einfach nicht“, urteilte Richard Kugler (Wolfratshauser Liste). „Sie vergiften das Klima“, konstatierte Berchtold, die ihrem Amtskollegen Schmidt vorhielt: „Sie sind ein Wiederholungstäter.“ Vor drei Jahren hatte der Grünen-Vertreter wie berichtet eine Rathaus-Mitarbeiterin in öffentlicher Sitzung diskreditiert, kurze Zeit später kündigte sie ihren Job bei der Kommune.

Als sich Schmidt erneut zu Wort melden wollte, erklärte Bürgermeister Heilinglechner: Eine Rechtfertigung wolle er nicht hören – „Sie können sich aber jetzt öffentlich entschuldigen“. Schmidts Reaktion: „Ich entschuldige mich für den Satz.“

Einstimmig fiel der Beschluss, den Auftrag an die Planersocietät zu vergeben. Nach Abzug der erwarteten Fördermittel bleibt für die Stadt ein Kostenanteil von rund 68 000 Euro für das Mobilitätskonzept. cce

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