Krise bei Intel: Neuer Chef kündigt „schmerzhafte Entscheidungen“ und Stellenabbau an

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Intel steht vor einem massiven Stellenabbau. Obwohl bereits viele Mitarbeiter gehen mussten, könnten noch zehntausende weitere folgen.

München – Der neue Chef des kriselnden Chipkonzerns Intel, Lip-Bu Tan, hat nur wenige Wochen nach seinem Amtsantritt „schmerzhafte Entscheidungen“ angekündigt und einen umfassenden Stellenabbau in Aussicht gestellt. Der Branchenveteran, der Mitte März an die Konzernspitze berufen wurde, betonte nach der Vorlage der jüngsten Quartalszahlen, dass Intel dringend Kosten senken und bürokratische Hürden beseitigen müsse.

Intel in der Krise: Drastischer Stellenabbau geplant

„Dabei müssen wir auch Arbeitsplätze streichen“, erklärte Tan. Finanzchef David Zinsner ergänzte, dass Intel derzeit noch keine konkreten Zahlen zum Ausmaß der Jobkürzungen nennen könne. Der Konzern wolle die Kosten auch auf andere Weise senken.

Auf dieser Baustelle in Magdeburg sollte die neue Intel-Fabrik entstehen. Doch der Chip-Hersteller steckt in einer tiefen Krise. © picture alliance/dpa/Klaus-Dietmar Gabbert/ Andrej Sokolow (Montage)

Laut einem Bericht des Finanzdienstes Bloomberg könnte Intel bald den Abbau von rund einem Fünftel der Arbeitsplätze ankündigen. Einige Medien berichten sogar von bis zu 20.000 betroffenen Stellen. Die Zahl der Intel-Beschäftigten war bereits zum Ende des vergangenen Jahres auf knapp 109.000 von gut 124.000 Ende September gesunken.

Der einstige Marktführer Intel dominierte jahrzehntelang die Halbleiter-Industrie, kämpft aber seit Jahren mit gravierenden Problemen. Besonders im boomenden Geschäft mit Chips für Künstliche Intelligenz hat der Grafikkarten-Spezialist Nvidia eine klare Spitzenposition erobert. Zudem steht Intel unter wachsendem Druck im angestammten Geschäft mit PC-Prozessoren und Chips für Rechenzentren.

Lip-Bu Tans Vorgänger Pat Gelsinger hatte versucht, Intel mit neuen Produktions-Techniken erstmals auch als Auftragsfertiger für andere Chipentwickler zu etablieren. Er musste im Dezember seinen Hut nehmen, weil er bei der Umsetzung dieser Strategie nur mühsam vorankam.

Magdeburger Intel-Werk auf der Kippe?

Teil von Gelsingers Plan war der milliardenschwere Bau neuer Fabriken, unter anderem in Magdeburg. Dieses Projekt wurde im September zunächst für voraussichtlich zwei Jahre auf Eis gelegt. Auch in den USA wurde die Arbeit an einem riesigen Werk in Ohio ausgesetzt.

Tan erklärte nun, Intel wolle zunächst darauf achten, dass bereits vorhandene Kapazitäten effizient genutzt würden, bevor man Geld für einen Ausbau freigebe. Diese Aussage lässt Zweifel aufkommen, ob und wann das geplante Werk in Magdeburg tatsächlich realisiert wird.

Für die Region Sachsen-Anhalt wäre ein endgültiges Aus des Projekts ein herber Rückschlag. Die Bundesregierung hatte die Ansiedlung mit sehr viel Geld gefördert – etwa einem Drittel der Gesamtinvestition von bis zu 30 Milliarden Euro. Es handelt sich um eine der größten Investitionen eines ausländischen Konzerns in Deutschland überhaupt.

Intel mit Problemen: Enttäuschende Prognose für das laufende Quartal

Mit der Umsatzprognose für das laufende Quartal enttäuschte Intel die Anleger. Die Aktie fiel im nachbörslichen Handel um gut fünf Prozent. Intel stellte für das zweite Quartal Erlöse zwischen 11,2 und 12,4 Milliarden Dollar in Aussicht. Analysten hatten im Schnitt mit einer Prognose von rund 12,8 Milliarden Dollar gerechnet.

Aus Sicht der Anleger wog das schwerer als die Ergebnisse des ersten Quartals, in dem Intel die Markterwartungen übertraf. Der Umsatz stagnierte bei 12,7 Milliarden Dollar, während Analysten im Schnitt mit einem Rückgang auf 12,3 Milliarden Dollar gerechnet hatten. Unterm Strich war der Verlust mit 800 Millionen Dollar allerdings doppelt so hoch wie vor einem Jahr. Beim bereinigten Ergebnis pro Aktie übertraf Intel mit 0,13 Dollar aber klar die Analysten-Prognosen von nur 0,01 Dollar.

Intel: Neue Strategie unter neuem CEO

Tan gilt als Kritiker der bisherigen Intel-Strategie. Bereits vor seiner Ernennung zum CEO saß er im Aufsichtsrat von Intel, den er schließlich aus Protest über die Strategie des Konzerns verließ. Nun hat er die Chance, seine eigenen Vorstellungen umzusetzen. Nach Tans Auffassung sind die drei wichtigsten Maßnahmen, um das Ruder herumzureißen: Die Fachkräfte zu ersetzen, die man verloren hat, die Bilanz zu verbessern und die Herstellungsprozesse besser auf die Bedürfnisse potenzieller Kunden einzustellen.

Branchenexperten sehen die Schwierigkeiten von Intel als Ergebnis jahrelanger Fehlentwicklungen. Schon kurz nach der Jahrtausendwende hatte es Intel versäumt, konkurrenzfähige Chips für den lukrativen Markt der Smartphones und Tablets zu entwickeln. Inzwischen gerät auch die Dominanz im Markt für PC- und Server-Chips in Gefahr, wo der Konkurrent AMD Intel technologisch überholt hat.

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