Die gute Nachricht zuerst: Wer in Deutschland mit einem E-Auto längere Strecken zurücklegen muss, braucht sich keine Sorgen zu machen, dass er mit seinem Stromer liegenbleibt. Irgendeine Lademöglichkeit findet man immer. E-Auto-Besitzer können in Deutschland an immer mehr Ladesäulen die Batterie aufladen, allerdings schwankt die Versorgung je nach Bundesland deutlich. Das zeigt eine Auswertung von Daten der Bundesnetzagentur und des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) durch den Verband der Automobilindustrie (VDA).
Demnach gab es zum 1. Oktober 2025 bundesweit knapp 180.000 öffentliche Ladepunkte, darunter rund 44.250 Schnellladepunkte. Das waren 16 Prozent mehr als zum gleichen Stichtag des Vorjahres. Noch deutlicher hat sich die öffentlich verfügbare Ladeleistung erhöht – um knapp 30 Prozent auf mehr als 7,3 Millionen Kilowatt.
Immer mehr Ladesäulen, aber auch immer mehr E-Autos
Allerdings steigt auch die Zahl der E-Autos stark an. Aktuell ist schon jeder fünfte in Deutschland zugelassene Neuwagen ein reines E-Auto. Diese Zahl dürfte bald noch viel schneller steigen, da die Bundesregierung neue Kaufprämien und Privilegien für E-Autos auf den Weg gebracht hat.
Allerdings bleibt die tatsächliche Versorgung mit öffentlichen Ladepunkten regional sehr unterschiedlich. Am besten ist das Verhältnis in den Bundesländern Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen. Hier müssen sich rechnerisch jeweils nur 11,7 Autos einen öffentlichen Ladepunkt teilen. Im Saarland ist die Versorgung am schlechtesten, auf einen Ladepunkt kommen dort 24,6 E-Fahrzeuge.
Thüringen hat auch bei der Versorgung mit öffentlichen Schnellladepunkten die Nase vorn: Auf jede solche Lademöglichkeit kommen in dem Bundesland knapp 32 Autos.
Bundesweit liegt dieses Verhältnis dem VDA zufolge bei 70,6, es teilen sich also im Schnitt etwa 70 Autos eine Schnelladesäule. Auch hier belegt das Saarland mit knapp 103 den letzten Platz.
ADAC: Autobahn-Laden mit Problemen
Parallel zum Lademonitor des VDA hat der ADAC ein aktuelles Testergebnis veröffentlicht, dabei geht es speziell um die Schnellladesäulen an deutschen Autobahnen. In der Untersuchung ist mehr als die Hälfte von jeweils 25 untersuchten Rastanlagen und Autohäfen als mangelhaft oder sogar sehr mangelhaft bewertet worden. Lediglich ein Viertel der untersuchten Standorte habe mit mindestens zehn Ladepunkten ein zahlenmäßig ausreichendes Angebot gehabt. Bei einem Drittel der Anlagen sei mindestens ein Ladepunkt defekt gewesen. Zudem kritisiert der ADAC mangelnde Überdachung oder schlechte Beleuchtung.
Bemerkenswerterweise gehen beide Studien zur Ladesituation auf zwei weitere, ganz entscheidende Probleme des öffentlichen Ladens in Deutschland gar nicht ein:
- Problem 1: Schnellladen in Deutschland ist im internationalen Vergleich aufgrund der auf die Verbraucher umgewälzten Kosten der Energiewende geradezu absurd teuer. Während man in China, den USA und auch einigen europäischen Ländern nur wenige Cent pro Kilowattstunde zahlt, sind es an Schnellladern in Deutschland zwischen 59 und 89 Cent pro Kilowattstunde. Sparen kann man nur mit bestimmten Abo-Modellen, bei denen man dann aber an einen Anbieter gebunden ist und eine monatliche Grundgebühr zahlen muss. Die Kosten lassen sich dann noch einmal um 10 bis 20 Cent pro kWh drücken. Allerdings: Durch hohe Roaminggebühren kostet z.B. beim EnBW-Basistarif, der eigentlich 59 Cent pro kWh kosten soll, in der Realität an vielen Säulen der Strom 74, 79, 84 oder 89 Cent. Da die meisten E-Autos auf der Autobahn zwischen 20 und 30 kWh auf 100 Kilometer verbrauchen, ist das Fahren mit dem E-Auto dann nicht günstiger als mit einem Verbrenner, sondern teurer.
- Problem 2: Die Ladeleistung ist oft erheblich geringer als versprochen. "150 kW", "300 kW" oder gar "400 kW" steht verheißungsvoll an immer mehr Schnellladern. In der Realität fließt oft weniger Strom, was die versprochenen Ladezeiten entsprechend verlängert – und reale Reisezeiten mit dem E-Auto schwer kalkulierbar macht.
Für den ADAC war das Thema Ladeleistung offenbar so heikel, dass er es bei seinem jüngsten Autobahn-Test erst gar nicht geprüft hat. Auf Anfrage von FOCUS online sagte ein Sprecher des Clubs:
"Die tatsächlich abgegebene Ladeleistung der einzelnen Punkte wurde im Test nicht erfasst. Grund hierfür ist unter anderem die Tatsache, dass die maximale Ladeleistung sehr stark vom jeweiligen Fahrzeug und dem aktuellen Ladezustand der Batterie abhängt. Ein Versuchsaufbau, in dem für alle Ladepunkte vergleichbare Bedingungen herrschen, steht in keiner Relation zur Aussagekraft der Ergebnisse."
Tatsächlich gibt es zahlreiche Faktoren, die die Ladeleistung reduzieren, selbst wenn das Fahrzeug laut Hersteller-Versprechen zumindest im Fenster zwischen 20 und 80 Prozent Batterie-Status mit der maximalen Ladeleistung laden sollte. Schon wenn mehrere Autos an einer Säule hängen, kann die Leistung abfallen. Kommuniziert werden diese Tatsachen von den Autoherstellern entweder versteckt im Prospekt – oder gar nicht.
Wo lade ich, wenn ich nicht nass werden will?
Der ADAC bemängelt im Übrigen ein Komfort-Manko beim öffentlichen Laden: "Hier fiel auf, dass keine einzige Anlage überdachte Ladepunkte bot – vor allem bei schlechtem Wetter ein Ärgernis. Auch für Fahrzeuge mit Camper ist die Fahrt an die Ladesäule oftmals mühselig und nur mit einem Abkoppeln des Anhängers möglich", so der Autoclub zum Testergebnis in der Region Süddeutschland.
Gerade im Herbst und Winter passiert es E-Auto-Fahrern häufig, dass sie buchstäblich im Regen stehen. Und das oft mehrere Minuten, wenn etwa mal wieder die Kommunikation des Fahrzeugs mit der Ladesäule länger dauert. Tätsächlich sind die allermeisten Ladesäulen in Deutschland nicht überdacht. Selbst bei Tankstellen wie Aral, wo mit Aral Pulse ein vergleichsweise gutes Angebot an Schnellladern besteht, sind die Säulen im Gegensatz zu den Zapfsäulen für Benzin und Diesel Wind und Wetter ausgesetzt. Das gleiche gilt für die vielen Tesla-Supercharger. Wer laden will, ohne klatschnass zu werden, sollte vor allem folgende Anbieter ansteuern:
- Fastned – Das schnell expandierende Unternehmen aus den Niederlanden bietet Wetter-geschützte Ladeparks, bei denen man zuderm wie in einer Tankstelle an- und abfährt und damit auch nicht auf engem Raum rangieren muss.
- EnBW Hypernetz-Stationen – Hier sind zumindest einige Ladeparks überdacht. Generell gilt: Je mehr Ladesäulen in der App an einem Punkt angezeigt werden, desto größer ist die Chance auf einen "echten" Ladepark mit Wetterschutz.
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