- Der vollständige Artikel ist hier verfügbar: Mehrheit der Bürgergeldempfänger sucht nicht aktiv nach einem Job
Ein Bericht über die Situation von Bürgergeldempfängern entfacht eine breite Leserdebatte über Arbeit, Verantwortung und soziale Gerechtigkeit. Viele Kommentatoren sehen in der Reform einen Fehlanreiz, der Leistungsbereitschaft schwächt und Ungleichheit verstärkt. Andere fordern bessere Betreuung durch Jobcenter oder verweisen auf strukturelle Probleme des Arbeitsmarkts. Zwischen Unmut über angebliche Bequemlichkeit und berechtigten Hinweisen auf fehlende Perspektiven zeigt sich, wie stark das Vertrauen in die Sozialpolitik unter Druck steht.
Kritik an Sozialpolitik und Bürgergeld
Viele Leser bewerten das Bürgergeld als sozialpolitischen Fehlanreiz. Sie sehen darin ein System, das Arbeit unattraktiver mache und zu wenig Druck auf Empfänger ausübe. Tatsächlich zeigt eine aktuelle Auswertung der Bundesagentur für Arbeit, dass knapp die Hälfte der Leistungsbezieher derzeit keine aktive Arbeitssuche nachweisen kann. Die Politik verweist auf strukturelle Ursachen, etwa fehlende Qualifikationen oder Betreuungsbedarf in Familien. Doch in der Diskussion überwiegt die Wahrnehmung, dass das Gleichgewicht zwischen Förderung und Forderung verloren gegangen sei.
"Warum sollten viele auch suchen? Geld kommt regelmäßig, Miete wird bezahlt, viele "Nebenkosten" auch. Manch einem schlecht oder gar nicht ausgebildeten Menschen, vor allem in Großstädten, geht es im BG besser als in einem Job mit Mindestlohn." Zum Originalkommentar
"Na wat'n Wunder, wenn es einem so leicht gemacht wird und es kaum Konsequenzen und Sanktionen gibt. Die Regierungen sollten mal langsam aufwachen und nicht die Arbeitnehmer mit längerer Lebensarbeitszeit bedrohen. Das ist die wahre Life-Balance, ohne Work!" Zum Originalkommentar
"Jeder Arbeitnehmer hat auch einen Leistungsdruck, das kann man von den zu Hause hängenden Bürgergeld-Empfängern auch erwarten. Wenn dieses nicht geschieht, sind Leistungskürzungen mehr als gerecht und angebracht. Denn Bürgergeld ist nicht da, um davon ständig zu leben, es kann auch Überbrückungsgeld heißen!" Zum Originalkommentar
Kritik an politischer Führung und Regierung
In dieser Gruppe dominiert Enttäuschung über die Regierungsarbeit. Viele Leser sehen in der Sozialpolitik der Ampel eine Fortsetzung alter Muster: hohe Kosten, aber wenig Wirkung. 2025 belaufen sich die Ausgaben für Bürgergeld und Grundsicherung auf über 50 Milliarden Euro – rund ein Fünftel mehr als vor der Reform 2023. Kritiker sehen darin ein Zeichen politischer Mutlosigkeit. Sie werfen den Verantwortlichen vor, mehr auf parteipolitischen Ausgleich zu achten als auf die Sanierung des Arbeitsmarkts. Auch die Opposition, insbesondere CDU und CSU, wird für fehlende Alternativen kritisiert.
"Wie bei der Rente, der Migration, der Einbürgerung, dem Staatshaushalt auch hier die SPD, die das Land ins Chaos stürzt und Steigbügelhalter für diese Politik ist die CDU." Zum Originalkommentar
"Als ob das jetzt völlig überraschende Erkenntnisse wären. Jeder weiß, wie die Verhältnisse sind. Nur die schwarz-rot-grünen Politiker nicht." Zum Originalkommentar
"(...) In allen anderen Ländern gibt es nach einer Übergangszeit nichts mehr und die Sozialwohnungen werden geräumt. Wenn man das so weiterlaufen lässt, steigert das nur den Fremdenhass und die AfD-Prozente ..." Zum Originalkommentar
Sarkasmus zur Arbeitsmotivation und Alltag
Ironie und Spott prägen viele Beiträge. Die Kommentare greifen das Bild des „bequemen Empfängers“ auf, der keine Motivation zum Arbeiten habe – ein Vorwurf, der in der Realität schwer zu belegen ist. Rund 45 Prozent der erwerbsfähigen Bürgergeldbezieher sind tatsächlich dauerhaft in Betreuung, etwa wegen gesundheitlicher Einschränkungen. Dennoch ist der Eindruck verbreitet, das System belohne Passivität. Diese Diskrepanz zwischen statistischer Realität und öffentlicher Wahrnehmung erklärt, warum das Thema so emotional aufgeladen bleibt.
"Erlebe es hautnah jeden Tag bei meinem Nachbarn. Total entspannt, keine Arbeit, aber immer eine sehr warme Wohnung mit riesigem Fernseher. Toll. Warum sollte der sich krumm machen?" Zum Originalkommentar
"(...) Aber welche Motivation sollten diese Kandidaten denn haben, sich aus der Komfortzone zu bewegen? Denen wird ja von der Politik und besonders den Wohlfahrtsverbänden immer eingeredet, wie furchtbar schlecht es ihnen angeblich geht. Das einzig Richtige wäre eine zeitliche Befristung - z.B. 6 Monate zur Arbeitssuche, danach Verpflichtung zu (unbezahlter!) Arbeit für Kommunen ..." Zum Originalkommentar
"Ach was, das hätte ich jetzt aber nicht gedacht. Ein bis zwei Tage im Monat schwarz gearbeitet und man hat mit dem Bürgergeld mindestens genauso viel, wie jemand, der 22 Tage im Monat in einer schlecht bezahlten Arbeit malocht." Zum Originalkommentar
Skepsis gegenüber Studien
Zahlreiche Leser stellen die Relevanz der zitierten Studie infrage. Viele halten ihre Ergebnisse für banal oder politisch motiviert. Die Zweifel vieler Leser an Umfragen spiegeln ein tieferes Misstrauen gegenüber staatlicher Informationspolitik. In dieser Haltung zeigt sich die Distanz vieler Bürger zur wissenschaftlichen und politischen Vermittlung sozialer Themen.
"Geld für Studie ausgegeben, für etwas, was seit Jahren fast jeder Bürger weiß. Unfassbar." Zum Originalkommentar
"Was soll daran neu sein? Wozu bedarf es da einer neuen "Studie"?" Zum Originalkommentar
"Unglaublich, ganz neue Erkenntnis, dazu braucht es eine Studie für wieviel Geld? Wäre interessant, das zu erfahren." Zum Originalkommentar
Kritik an Jobcenter und Arbeitsvermittlung
Die Rolle der Jobcenter wird vielfach als zu passiv beschrieben. Leser fordern eine konsequentere Vermittlungspraxis, gezieltere Förderung und eine bessere Kontrolle von Mitwirkungspflichten. Die Bundesregierung plant zwar eine Reform, doch bei den Lesern überwiegt der Eindruck, dass Kontrolle und Effizienz hinter politischen Absichtserklärungen zurückbleiben.
"Dass beim Bürgergeld sehr viel schief läuft, wissen wir auch dank dieser Studie. Dass in den Job-Centern auch einiges schiefzulaufen scheint, jetzt auch. Ist den Bearbeitern im Job-Center und vor allem deren Chef eigentlich richtig bewusst, dass sie für das Geld der hart arbeitenden Bürger, die Steuern bezahlen, Verantwortung tragen?" Zum Originalkommentar
"Es wäre schon mal viel wert, wenn Arbeitslose vernünftige Weiterbildungsangebote bekämen, insbesondere auch Langzeitarbeitslose. In der arbeitslosen Zeit hätte schon viel passieren können. Es nutzt ja nicht viel, wenn sich Leute mit fehlenden oder überholten Qualifikationen auf alles bewerben sollen, was nach Arbeit aussieht. Kommunale Arbeitsverpflichtungen sehe ich da als sehr sinnvoll an. Wenn dann im Gegenzug Abgaben für die Bürger gesenkt werden können, wäre das endlich mal ein guter Start." Zum Originalkommentar
"Daran wird auch die Reform nichts ändern. Arbeitsamt und Jobcenter sind ja schon jetzt mit dem Controlling gnadenlos überfordert. Es müssen wirklich radikale Einschnitte her und nur noch die gefördert (Umschulung, Weiterbildung, etc.) werden, die tatsächlich Eigeninitiative zeigen. Es gibt zahlreiche gute Plattformen im Web. Wer wirklich arbeiten will, der findet auch was - ohne Jobcenter." Zum Originalkommentar
Kritik an Arbeitsmarkt und Stellenangeboten
Ein Teil der Leser sieht das Problem weniger im Bürgergeld als beim Arbeitsmarkt. Viele Regionen – vor allem in Ostdeutschland – leiden unter einem Mangel an gut bezahlten Stellen, was die Rückkehr in Arbeit erschwert. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts arbeiten rund 22 Prozent der Vollzeitbeschäftigten weiterhin im Niedriglohnsektor. Diese strukturellen Schwächen nähren den Unmut über soziale Ungleichheit und die fehlende Aufstiegschance. Leser fordern, die Ursachen von Arbeitslosigkeit differenzierter zu betrachten, statt pauschal über „fehlenden Willen“ zu diskutieren.
"In unserer Gegend - Westthüringen/Osthessen - suchen gefühlt die Hälfte der Unternehmen gut sichtbar mit Plakaten nach Mitarbeitern. Die Plakate vergilben und die Unternehmen haben immer noch keine Mitarbeiter. „Interessenten“ bräuchten also nicht einmal suchen, sie müssten nur die Angebote annehmen." Zum Originalkommentar
"(...) Was bietet man denn auf dem Lande im Osten Deutschlands an Arbeitsplätzen an? Banker in Frankfurt, Industrie in Ludwigshafen, Logistik im Hamburger Hafen?" Zum Originalkommentar
"Welchen Job will man vermitteln, der psychisch, physisch gar nicht in der Lage ist, einer regelmäßigen Tätigkeit nachzugehen. Solche gehen bestimmt nicht aus Spaß zur Tafel. Oder möchte jemand mit so einem tauschen?" Zum Originalkommentar
Sonstiges
Zwölf Prozent der Kommentare lassen sich keinem klaren Lager zuordnen.
Wie sehen Sie das: Braucht es mehr Druck, mehr Hilfe oder grundlegend neue Ansätze in der Sozialpolitik? Diskutieren Sie mit – Ihre Meinung bringt die Debatte voran.