Pentagon-Bericht: China rüstet massiv auf – trotz Korruption im Militär
In Chinas Streitkräften ist Korruption weitverbreitet. Das hindert das Land nicht, sein Militär zu modernisieren. Vor allem die nuklearen Fähigkeiten wachsen.
Zuletzt traf es Miao Hua. Das Mitglied von Chinas fünfköpfiger Zentraler Militärkommission wurde wegen des „Verdachts auf schwerwiegende Verstöße gegen die Disziplin“ von seinem Posten suspendiert, wie chinesische Staatsmedien Ende November berichteten.
Immer wieder gerieten in den letzten beiden Jahren hochrangige chinesische Militärs in den Fokus der Ermittlungsbehörden. Im Sommer erst wurden zwei ehemalige Verteidigungsminister der Korruption und Bestechung beschuldigt und aus der Kommunistischen Partei ausgeschlossen. Auch in den Raketenstreitkräften rumort es, zwei leitende Kommandeure verschwanden im August 2023 urplötzlich. Die Abteilung von Chinas Volksbefreiungsarmee (VBA) ist für das Atomwaffenarsenal und ist somit für die landgestützte nukleare Abschreckung des Landes verantwortlich.
Laut dem US-Verteidigungsministerium ist die Korruption im chinesischen Militär mittlerweile so groß, dass sie die Modernisierungsziele, die sich die VBA gegeben hat, „beeinträchtigen könnte“. Das geht aus dem jährlichen Pentagon-Bericht zum Zustand der chinesischen Streitkräfte hervor, der am Mittwoch veröffentlicht wurde. Der „China Military Power Report“ macht aber auch deutlich: Chinas militärische Macht wächst trotz aller Probleme unaufhaltsam weiter.
China baut nukleare Fähigkeiten massiv aus
Das betrifft zum Beispiel die nuklearen Fähigkeiten der Volksrepublik. „Im nächsten Jahrzehnt wird die VR China wahrscheinlich ihre Nuklearstreitkräfte weiter modernisieren, diversifizieren und ihre Nuklearstreitkräfte rasch ausbauen“, heißt es in dem Bericht. Aktuell besitze das Land mehr als 600 Atomsprengköpfe, 100 Stück mehr als noch ein Jahr zuvor; bis 2030 werde die VBA über mehr als 1000 einsatzfähige Sprengköpfe verfügen.

Zudem entwickelten die Raketenstreitkräfte neue ballistische Interkontinentalraketen, auf denen die Sprengköpfe montiert werden könnten. „Wir sehen eine Streitkraft, die nicht nur in Bezug auf die Anzahl der operativ eingesetzten Sprengköpfe wächst, sondern auch in Bezug auf die Vielfalt und die Raffinesse“, erklärte ein hochrangiger Pentagon-Beamter bei einem Pressebriefing anlässlich der Veröffentlichung des Berichts.
Chinesische Marine weiterhin die größte der Welt
Fortschritte mache auch die chinesische Marine, die mit mehr als 370 Schiffen und U-Booten weiterhin die größte der Welt sei. Vor allem baue China seine Fähigkeiten weiter aus, Marineeinsätze jenseits der sogenannten ersten Inselkette durchzuführen, heißt es in dem Bericht. Die erste Inselkette reicht von Japan über Taiwan bis zu den Philippinen. Da alle diese Länder enge Verbündete der USA sind, bildet sie quasi eine Barriere zwischen China und den Vereinigten Staaten. In der vergangenen Woche erst hatte China im Rahmen einer Militärübung so viele Kriegsschiffe wie seit fast drei Jahrzehnten nicht mehr in die Region verlegt.
Meine news
Zu spüren bekommt die wachsenden militärischen Fähigkeiten der chinesischen Marine vor allem Taiwan, der demokratisch regierte Inselstaat, den Peking als Teil des eigenen Staatsgebiets betrachtet. Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping lässt keinen Zweifel daran, dass er Taiwan notfalls auch militärisch an die Volksrepublik angliedern will. Ob die Volksbefreiungsarmee dazu aber schon 2027 in der Lage sein wird, wie in Washington immer wieder gemutmaßt wird, ist offen.
China erhöht militärischen Druck auf Taiwan
Zwar habe China in den vergangenen Jahren den diplomatischen und militärischen Druck auf Taiwan erhöht. Allerdings attestiert der Pentagon-Bericht der VBA auch „erhebliche Mängel“, unter anderem bei der Kriegsführung in Städten. „Wir glauben nicht, dass ein Konflikt unmittelbar bevorsteht oder unvermeidlich ist“, sagte dazu der Pentagon-Beamte. Die Strategie der USA, China von seinem Angriff auf Taiwan abzuschrecken, funktioniere. Obwohl Washington und Taipeh keine diplomatischen Beziehungen unterhalten, unterstützen die USA Taiwan mit Waffenlieferungen zur Verteidigung. Zuletzt trafen Anfang der Woche 38 Abrams-Kampfpanzer in Taiwan ein.