Die Flüchtlingsunterkünfte im Landkreis werden gerade mit Internetzugängen und WLAN ausgestattet. Dabei gilt es, ein kompliziertes Regelwerk zu beachten.
Landkreis – Die Zahl der Flüchtlingsunterkünfte im Landkreis ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen. Vor der Ukraine-Krise gab es 105 Unterkünfte, jetzt sind es rund 200. Sie alle sollen mit WLAN versorgt werden, weil das für die Bewohner oftmals die einzige Möglichkeit ist, mit den Menschen in ihrer Heimat in Verbindung zu bleiben.
„Unser Bestreben ist es, alle Flüchtlinge gleichzubehandeln. Es werden alle Unterkünfte mit unserem System ausgestattet – auch wenn nur zwei Personen dort wohnen“, heißt es dazu auf Anfragen seitens des Landratsamtes. Ohnehin habe das bayerische Innenministerium die Weisung erteilt, dass alle Unterkünfte „internetfähig“ sein müssen, indem die nötige Technik installiert wird. Bei rund 200 Asylunterkünften im Landkreis sei das eine sehr aufwändige Aufgabe, weswegen man sich entschieden habe, einen Anbieter „mit hoher Erfahrung“ auszuwählen.
Bewohnern darf kein Geld für WLAN abgezogen werden
Das Landratsamt selbst stellt dabei die Internetanschlüsse zur Verfügung. Beauftragt wurde damit die Deutsche Telekom. Die damit verbundenen Vorschriften sind durchaus kompliziert. Den Bewohnern darf kein Geld pauschal für die Nutzung des Internets abgezogen werden, weil das einer „Zwangsnutzung“ entsprechen würde. Gleichzeitig darf das Landratsamt aber auch nicht einfach ein Gratis-WLAN anbieten, weil das eine Bevorteilung der Geflüchteten gegenüber Bürgergeldempfängern bedeuten würde.
Deswegen wurde nach Angaben des Landratsamtes eine Voucher-Lösung von einem externen Dienstleister konzipiert. Um das WLAN in der Unterkunft nutzen zu können, müssen sich die Bewohner einen dieser Voucher kaufen – etwas Ähnliches kennt man vielleicht aus dem Urlaub, wenn für das WLAN im Hotel bezahlt werden muss. Zur Auswahl stehen in den Asylunterkünften Voucher, die eine Woche gelten und drei Euro kosten, und welche für einen Monat, für die sieben Euro fällig werden.
Die Umstellung und Installation der Technik läuft. Neben der Deutschen Telekom kümmert sich die Firma Work und Fun Schwab aus Penzberg nach Angaben des Landratsamtes um die technische Umsetzung. Die beiden Firmen könnten, wie es weiter heißt, rund 20 Standorte pro Woche entsprechend versorgen. Der Flaschenhals hierbei ist allerdings das personell stark überlastete Landratsamt, weswegen in der Realität zehn bis 20 Anschlüsse pro Monat eingerichtet werden.
Kosten für Installation fallen an
Definitiv ist seitens des Landratsamtes nicht gewünscht, dass sich die Bewohner selbst Anschlüsse in den Unterkünften legen lassen. Das habe in der Vergangenheit immer mal wieder dafür gesorgt, dass man nicht mehr „Herr der Lage“ war, weil die Leitung belegt war, deren Mindestvertragslaufzeit noch lief, deren Auftraggeber aber untergetaucht waren.
Mit der Installation der Technik verbunden sind teilweise erhebliche Investitionen. Diese würden zwischen 179 und 1000 Euro liegen, so das Landratsamt.
Die Unterschiede begründen sich durch die Größe der jeweiligen Unterkünfte – für die Versorgung großer Unterkünfte braucht es mehr Technik, während für Wohnungen nur ein Router nötig wird, wie er bei vielen daheim steht.
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Investitionen zahlt die Regierung
Diese Kosten trägt nicht der Landkreis, sondern die Regierung von Oberbayern. Diese refinanziert die Investitionen über den Verkauf der Voucher. Konkret rechnet die Telekom mit dem Landkreis ab, der überweist dann die Erlöse aus dem Voucher-Verkauf an die Regierung. Um zu verhindern, dass die Bewohner über ein vom Staat finanziertes Internetangebot auf Seiten mit extremistischen Inhalten zugreifen, gibt es, wie das Landratsamt auf Anfrage mitteilt, eine sogenannte „Blacklist“, die den Zugriff auf Seiten mit bestimmten kritischen Inhalten sperrt. Der persönliche Datenverkehr der Bewohner werde aber in keinster Weise überwacht.
„Refugees online“ kritisiert Entscheidung
Der Verein „Refugees Online e.V.“ betreute bislang eigenverantwortlich WLAN-Anlagen in Asylunterkünften des Landkreises. Wie die Verantwortlichen gegenüber der Heimatzeitung mitteilten, wurden sie jetzt aufgefordert, die Technik zu entfernen. „Wir wurden vor einigen Tagen wieder mal vor vollendete Tatsachen gestellt: Das Landratsamt Weilheim-Schongau überträgt den Betrieb des WLANs in allen Unterkünften im Landkreis an eine kommerzielle Firma“, heißt es in einem Facebook-Posting des Vereins.
Das sorge für großes Unverständnis bei den ehrenamtlichen Mitgliedern: „Da wird aus Steuermitteln eine neue Infrastruktur aufgebaut. Die Technik von uns, die den Steuerzahler nichts gekostet hat und seit neun Jahren ihren Dienst tut, wird stattdessen demontiert.“ Die Enttäuschung ist im Posting nicht zu überlesen: „Wir haben also im Landkreis Weilheim keine Arbeit mehr mit dem WLAN – und dafür möchten wir uns bedanken. Auch für die umfassende Wertschätzung der Arbeit der Ehrenamtlichen“, heißt es sarkastisch weiter.
Auf Anfrage der Heimatzeitung teilte das Landratsamt Weilheim-Schongau mit, dass der Refugees Online e.V. bisher das WLAN in insgesamt 18 Asylunterkünften in Zuständigkeit des Landratsamtes betrieben habe. Dazu seien noch die beiden Gemeinschaftsunterkünfte der Regierung von Oberbayern vom Verein mit drahtlosem Internet versorgt worden.
Bei den Geräten, die im Zuge der „Verstaatlichung“ der Internetanschlüsse in den Flüchtlingsunterkünften demontiert werden – dazu gehören auch die von „Refugees Online“ – werden nun die Eigentumsverhältnisse geprüft. Danach würden die Eigentümer die Geräte zurückerhalten, so das Landratsamt. Diese seien nicht defekt, aber teilweise schon vor dem Einsatz in den Asylunterkünften gebraucht gewesen. Ob der Verein sie allerdings noch einmal in Unterkünften außerhalb des Landkreises einsetzen kann, ist derzeit nicht klar.