Russland-Experte über Kreml-Chef - Hyperaggressiver Machthaber? Putin ist „geradezu verweichlicht“
Alexej Nawalny starb im Februrar 2024 in einem russischen Straflager. Er war der prominenteste Kritiker des Kremlregimes. Laut dem britischen Autor und Investigativ-Journalisten John Sweeney (66) war Nawalny auch der Mensch, vor dem der russische Präsident Wladimir Putin „eine geradezu krankhafte Angst“ hatte.
Hyperaggressiver Machthaber? Sweeney sieht Putin als „geradezu verweichlicht“
„Lange Zeit hat er sich nicht einmal getraut, Nawalnys Namen auszusprechen. Wir kennen und fürchten Putin als hyperaggressiven Machthaber, aber er hat noch eine ganz andere Seite. Da ist Putin schüchtern, übervorsichtig und geradezu verweichlicht“, erklärt Sweeney im Interview mit „t-online“ . Der Journalist geht davon aus, dass Putin das Impostor-Syndrom hat.
„Wahrscheinlich schreckt Putin hin und wieder aus dem Schlaf auf – und denkt in diesen Augenblicken, all dies nicht verdient zu haben, was er bislang erreicht hat. Dann wird Putin noch aggressiver, um sich seinen Wert zu beweisen“, erklärt Sweeney weiter. Der Journalist sieht darin in gewisser Weise auch eine Erklärung für den Giftanschlag auf Nawalny 2020 und dessen Tod im Straflager vier Jahre später.
Russland-Experte sicher: „Putin genießt es, andere Menschen zu demütigen“
Nawalny sei ein „Freigeist, hochgewachsen, gut aussehend und charismatisch“ gewesen. Dazu „ausgestattet mit einem wunderbaren, schelmischen Sinn für Humor, der geradezu unverwüstlich war“, erklärt Sweeney. Damit habe sich Nawalny über Putin lustig gemacht. „Der kann keine einzige von Nawalnys Eigenschaften für sich in Anspruch nehmen. Putins Humor ist eher grober Natur. Er genießt es, andere Menschen zu demütigen“, so der 66-Jährige zu „t-online“.
Der Brite hat gerade sein neues Buch „Der Fall Nawalny – Mord im Gulag“ veröffentlicht. Sweeney berichtet seit Jahrzehnten über Russland und hat unter anderem für BBC gearbeitet.