Wilde Szenen spielten sich vor einem Jahr an einer Schongauer Tankstelle ab: Ein 26-Jähriger wollte ein Auto stehlen und hätte dabei fast eine Fünfjährige entführt.
Schongau – Manche der Prozessbeteiligten schüttelten den Kopf, andere schmunzelten, als sie sich im Landgericht München Aufnahmen von Überwachungskameras ansahen. Auf einem der Videos ist eine Frau zu sehen, die an einer Tankstelle in der Schongauer Bahnhofstraße gerade mit dem Tanken begonnen hat. Auf dem Rücksitz ihres Autos sitzt ihre fünfjährige Tochter. Ein Mann öffnet die Fahrertür und setzt sich ans Steuer. Nach einem kurzen Gespräch mit der Frau steigt der Mann wieder aus.
Wie sich herausstellt, handelt es sich um einen wohnsitzlosen 26-jährigen Ukrainer. Er musste sich vor dem Münchner Landgericht verantworten: Er war der Frau nämlich völlig unbekannt und wäre wohl mit ihrem Kind davongefahren, hätte sie den Schlüssel stecken lassen.
26-Jähriger stiehlt Taxi und liefert sich Verfolgungsjagd mit Polizei
Das war nicht das einzige Fahrzeug, das der Mann am 15. Februar vergangenen Jahres stehlen wollte. Zuvor hatte er versucht, am Bahnhof einen Motorroller zu starten – bis er von Polizisten gestört wurde. Kaum war er wieder auf freiem Fuß, machte er sich an zwei Autos zu schaffen, die auf dem Hof einer Werkstatt in der Altenstadter Straße abgestellt waren: Das eine war jedoch verschlossen, und beim anderen hat er den Rückwärtsgang nicht gefunden.
An der Tankstelle war der 26-Jährige dann doch noch erfolgreich: Nachdem er aus dem Fahrzeug der Mutter ausgestiegen war, setzte er sich ans Steuer eines Taxis – in dem der Schlüssel steckte. Obwohl der Taxifahrer mehrfach an die Scheibe geklopft und sich über das Auto gelehnt hatte, startete der 26-Jährige den Wagen und fuhr in Richtung Peiting davon. „Nach einer längeren Verfolgungsfahrt“, wie die Polizei damals mitgeteilt hat, konnte er auf einem Feld festgenommen werden.
Zum Tatzeitpunkt schuldunfähig
Auch wenn der Taxifahrer unverletzt blieb, handelt es sich keinesfalls um ein Kavaliersdelikt: Wer nach einem Diebstahl Gewalt gegen eine Person anwendet, um im Besitz der Beute zu bleiben, wird wie ein Räuber bestraft. Verwendet er dazu ein gefährliches Werkzeug wie hier das Auto, sieht das Gesetz für den Regelfall eine Mindeststrafe von fünf Jahren vor.
Der Ukrainer kann hingegen nicht bestraft werden: Er leidet nämlich an einer manischen Episode und war zum Tatzeitpunkt schuldunfähig. Vor Gericht hat er angegeben, er habe ein Fahrzeug gebraucht, um zu seiner Verlobten nach Polen zu fahren. Wie sich herausgestellt hat, handelt es sich um eine Jugendfreundin, zu der er seit Jahren keinen Kontakt mehr hat. Er höre Stimmen, berichtete der 26-Jährige weiter. Diese würden jedoch weniger, seit er in Haar mit Medikamenten behandelt werde. Er versuche, die Stimmen nicht zu beachten.
Gericht lehnt Unterbringung in der Psychiatrie ab
Weil die Staatsanwaltschaft den Ukrainer für gefährlich hält, hat sie seine dauerhafte Unterbringung in der Psychiatrie beantragt. Anders als bei zeitiger Freiheitsstrafe ist die Unterbringung unbefristet und wird erst aufgehoben, wenn ein Gutachter bescheinigt, dass keine erheblichen Straftaten mehr zu erwarten sind. Deshalb sind die Hürden für eine Einweisung hoch und nach dem Fall Gustl Mollath nochmals angehoben worden.
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Das Gericht sah die Taten offenbar als nicht schwerwiegend genug an und lehnte die Unterbringung des Mannes ab. Damit bleiben die Taten des Ukrainers folgenlos.