Mit 247 km/h über die Landstraße: Instagram-Videos führen zu Gerichtsverhandlung

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Vor der Justiz musste sich ein junger Mann wegen verbotener Kraftfahrzeugrennen verantworten. © Frank Rumpenhorst

Ein junger Mann filmte seine rasanten Autofahrten und stellte die Videos auf Instagram. Er fuhr mit Geschwindigkeiten von bis zu 247 km/h und deaktivierte die Sicherheitssysteme seines Autos. Nun wurde er zu einer Geldstrafe von 2500 Euro verurteilt und sein Auto wurde eingezogen.

Beim Verlesen der Anklage konnten sich dem Zuhörer die Nackenhaare sträuben. Mit aberwitzigen Geschwindigkeiten war ein Heranwachsender im Zeitraum zwischen dem 8. August 2022 und dem 28. Januar 2023 mit verschiedenen Pkw auf Landstraßen rund um Bad Tölz unterwegs. Nun wurde er wegen verbotener Kraftfahrzeugrennen und weiterer Straftaten zu 2500 Euro Geldstrafe verurteilt. Außerdem wurde das Auto des jungen Rasers eingezogen.

„M4 wieder gottlos unterwegs“

210 km/h zeigte die Tacho㈠nadel eines 431 PS starken BMW M4, mit dem der damals 19-jährige Greilinger über eine mutmaßlich bayerische Landstraße schoss. „M4 wieder gottlos unterwegs“ betitelte der junge Mann das Instagram-Video, das er von der wilden Fahrt ins Netz stellte. Ein anderes Mal beschleunigte er seinen Seat Cupra (310 PS) in 25 Sekunden auf 247 km/h – mit einer Hand am Steuer, die andere brauchte er zum Filmen mit seinem Handy. Ein weiteres Filmchen belegt, dass er auf unbekannter Strecke zur Nachtzeit seinen Seat Cupra in zehn Sekunden von 0 auf 145 km/h beschleunigte – die elektronischen Sicherheitssysteme des Fahrzeugs hatte er vor Fahrtbeginn deaktiviert.

Mit 476-PS-Mercedes unterwegs

Das Filmdokument, das er wenige Tage später von seiner Fahrt mit 230 km/h (bei erlaubten 100) auf der Bundesstraße zwischen Lenggries und dem Sylvensteinspeicher anfertigte, unterlegte er mit dem Titel „normal ride“ (normale Fahrt). Noch deutlicher brachte er sein Faible für halsbrecherische Autofahrten zum Ausdruck, als er (nachdem er ESP und ABS ausgeschaltet hatte) einen geliehenen Mercedes Benz AMG (476 PS) auf einer Landstraße in zwölf Sekunden von 0 auf 184 km/h hochjagte. Titel des Internetvideos: „Never fear death, fear a wasted life“ – fürchte niemals den Tod, fürchte ein verschwendetes Leben.

Mit Tempo 120 durch Tempo-30-Zone geschlittert

Darüber, dass er mit jeder dieser irrwitzigen Fahrten Menschenleben aufs Spiel gesetzt hatte – vor allem, als er filmend bei winterlichen Straßenverhältnissen mit bis zu Tempo 120 in Bad Tölz durch eine 30er-Zone schlitterte – habe er erst später nachgedacht. Mit zeitlichem Abstand sei für ihn selbst das Ganze schwer nachvollziehbar, erklärte der heute 21 Jahre alte Greilinger vor dem Jugendschöffengericht.

Verbotenes Kraftfahrzeugrennen in neun Fällen

Dort musste er sich wegen verbotener Kraftfahrzeugrennen in neun Fällen verantworten. Zudem legte ihm die Staatsanwaltschaft zur Last: Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes (weil er eine Verkehrskontrolle durch einen Polizeibeamten gefilmt hatte), vorsätzliches Fahren ohne Fahr㈠erlaubnis, vorsätzliches unerlaubtes Führen einer Schusswaffe in mehreren Fällen (er hatte Luftdruckwaffen im Auto dabei und einmal auch damit in der Gegend herumgeschossen, wie Handyaufnahmen belegen) sowie unerlaubter Besitz vor Munition in Tat㈠einheit mit veruntreuender Unterschlagung.

Getunter Seat wird eingezogen

Die Patrone der Manövermunition stammte aus dem Bestand der Kaserne, wo der junge Mann damals als Soldat tätig war. Seinen Traumberuf verlor er infolge des laufenden Strafverfahrens. „Der Wegfall seines Berufswunsches war das einschneidendste Erlebnis für ihn“, erläuterte Jugend㈠gerichtshelferin Lena Wahner, welche teilweise drastischen Folgen die „jugendliche Angeberei“ und „Selbstüberschätzung“ für den Angeklagten gehabt hatten. Hinzu kam der Verlust des Führerscheins seit Januar 2023.  Dass der Greilinger sich zudem damit einverstanden erklärte, dass sein getunter Seat Cupra von der Justiz eingezogen wird, wertete Richterin Friederike Kirschstein-Freund als Ausdruck dafür, dass „der Angeklagte wirklich verstanden hat, dass man sich so im Straßenverkehr nicht verhält.“

Taten liegen lange zurück

Strafmildernd wirkte sich ebenfalls aus, dass der Beschuldigte geständig war, die Taten lange zurückliegen und er inzwischen viel Zeit hatte, nachzudenken über „den Riesen-Mist, den Sie da begangen haben“, wie die Richterin zusammenfasste. „Sie haben ohne Rücksicht auf das Leben anderer ihre eigenen Wünsche und Bedürfnisse ausgelebt.“ Das Jugendschöffengericht sprach den Greilinger in allen Anklagepunkten schuldig und verurteilte ihn zu einer Geld㈠strafe von 2500 Euro sowie zu einer Führerscheinsperre von weiteren zwölf Monaten. Darauf hatten sich die Verfahrensbeteiligten – für den Fall eines umfassenden Geständnisses – in einem Rechtsgespräch schon zu Beginn der Verhandlung verständigt.

Anonyme Anzeige bringt Verfahren ins Laufen

Ins Rollen gekommen war die ganze Sache übrigens durch eine anonyme Anzeige, wie ein Polizist vor Gericht bestätigte. Viereinhalb Monate habe er ausschließlich in dieser Sache ermittelt, bis er in den Videoschnipseln genügend Hinweise gefunden hatte, die auf den Angeklagten als Fahrer schließen ließen.

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