McAllister warnt vor Zoll-Gerangel: „EU sollte Trumps Wunsch nach einem Deal entgegenkommen“

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Der EU-Handelsüberschuss gegenüber den USA ist Trump ein Dorn im Auge. Der EU-Abgeordnete McAllister plädiert für einen Deal mit dem US-Präsidenten.

Straßburg – Donald Trump droht den Handelspartnern der USA mit wirtschaftlichen Sanktionen und Zöllen. Auch die Europäische Union ist dem neuen US-Präsidenten ein Dorn im Auge. Im Handel mit den USA erwirtschaftete die EU zuletzt einen jährlichen Handelsüberschuss in Höhe von 200 Milliarden Euro. Der Chef des Außenausschusses im Europarlament, David McAllister (CDU), erklärt, wie Europa mit Trumps Rhetorik umgehen sollte. Der frühere Ministerpräsident Niedersachsens ist auch Vorsitzender der EU-Delegation für die Beziehung zu den Vereinigten Staaten. Seine Idee: Europa soll sich als verlässlicher US-Partner positionieren – nicht als Problem.

Herr McAllister, die USA haben einen neuen Präsidenten, der Amerika erneut „great again“ machen will. Rechnen Sie mit US-Zöllen auf europäische Exporte?

Im Wahlkampf hat Donald Trump der Europäischen Union mehrfach mit Zöllen gedroht. Bei seiner Antrittsrede äußerte er sich diesbezüglich nicht, aber das bedeutet keine Entwarnung. Wir Europäer müssen der amerikanischen Seite deutlich machen: Zölle sind weder in unserem noch in ihrem Interesse. Das ist der falsche Weg. Wir müssen uns gemeinsam auf allen Ebenen engagieren und die Gründe für den Handelsüberschuss der EU gegenüber den Vereinigten Staaten analysieren.

Wie kann die Europäische Union den Handelsüberschuss im Sinne von Trump gerechter gestalten?

Es gibt zwei naheliegende Möglichkeiten: Die eine betrifft Energie-Importe. So könnte sich die EU verpflichten, mehr Flüssigerdgas (LNG) aus den USA zu importieren. Diese Überlegungen gibt es in der Kommission. Zweitens werden wir Europäer künftig viel mehr für unsere Sicherheit und Verteidigung ausgeben müssen. Dieses Geld könnte zu einem Teil für amerikanische Produkte ausgegeben werden. Europa ist gut beraten, wenn wir Trumps Wunsch nach einem „Deal“ entgegenkommen. Wir sollten Europa als verlässlichen Partner positionieren – und nicht als Problem.

David McAllister steht im EU-Parlament.
David McAllister kümmert sich als EU-Abgeordneter auch um die Beziehungen zu den USA. © Privat

USA-Experte McAllister: EU müsste Trumps Zölle mit Gegenzöllen beantworten

Aber was machen die europäischen Staaten, wenn diese Deals Trump nicht zufrieden stellen? Beispielsweise plädieren andere Politiker für den Aufbau einer stärkeren Rüstungsindustrie in Europa. Wie würden Sie auf US-Zölle reagieren?

Grundsätzlich gilt, dass Europa dringend seine Strategie-, Handlungs- und Verteidigungsfähigkeit verbessern und den europäischen Pfeiler innerhalb der Nato stärken muss. Wir sind bei dem Nato-Ziel, zwei Prozent der Wirtschaftsleistung für Verteidigung auszugeben, vorangekommen. Europa muss sich in der Tat selbst in die Lage versetzen, die zum Schutz des Kontinents notwendigen Verteidigungsgüter zu produzieren. Eine eigenständige und leistungsfähige europäische Verteidigungsindustrie ist von strategischer Bedeutung für unsere Souveränität. Es gilt also, transatlantisch zu bleiben und zugleich europäischer zu werden.

Und wie würden Sie auf US-Zölle reagieren?

Mit Blick auf den geplanten Wirtschaftsprotektionismus von Präsident Trump gilt: Auf Zölle folgen Gegenzölle. Aber das führt nur zu Verlusten auf beiden Seiten des Atlantiks. Im Endeffekt würden Produkte einfach teurer werden. Das ist auch nicht im Interesse von Trump, denn er hat versprochen, die Lebenshaltungskosten der Amerikaner nicht weiter steigen zu lassen. Schlussendlich muss Engagement vor Eskalation stehen. Auch in seiner ersten Amtszeit hatte Präsident Trump umfassende Zölle angekündigt, die aber schlussendlich durch kluge Diplomatie vermieden werden konnten.

David McAllister und Ursula von der Leyen umarmen sich.
Im Umgang mit Trumps Zoll-Drohungen spricht sich der EU-Abgeordnete David McAllister für Deeskalation aus. Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission, muss mit Trump möglicherweise über die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen USA und EU verhandeln. © Philipp von Ditfurth/dpa

Eigentlich macht Trumps Rhetorik doch wenig Sinn. Wenn Länder mit Gegenzöllen reagieren, steigen vermutlich die Kosten für US-Bürger. Kann man Trump in diesem Punkt überhaupt ernst nehmen?

Für Trump sind Zölle ein legitimes Instrument, um den amerikanischen Markt zu schützen. Wir müssen den Amerikanern ruhig und sachlich erklären: Druck erzeugt Gegendruck – und das sollten wir tunlichst vermeiden. In diesem Zusammenhang könnte der Trade and Technology Council eine wichtige Rolle spielen. In diesem transatlantischen Kooperationsforum erläutern Amerikaner und Vertreter der Europäischen Kommission konkrete Handelsfragen. Ich hoffe, dass dieses Format jetzt nicht unnötig in Washington politisiert wird, sondern dass weiterhin Fragen zu transatlantischen Handelsbarrieren vernünftig besprochen werden.

Trumps Zoll-Drohungen: McAllister plädiert für geeinte EU

Eine andere Trump-Strategie könnte sein, dass er sich bestimmte europäische Staaten herauspickt und mit ihnen Abkommen schließt. Das würde die Europäische Union schwächen.

Die Handelspolitik liegt in der ausschließlichen Zuständigkeit der Europäischen Union und nicht bei den Mitgliedstaaten. Wenn Präsident Trump an neuen Deals interessiert ist, dann ist die Kommission der Ansprechpartner. Einig sind wir stärker. Wenn es Europa gelingt, sich an bestehende Zuständigkeiten zwischen Brüssel und den einzelnen Mitgliedstaaten zu halten, dann können wir sachorientiert nach mittel- und langfristigen Interessensparallelen suchen.

Aber in einigen wichtigen Bereichen eben auch nicht.

Ja, als überzeugter Transatlantiker bedaure ich das sehr. Präsident Trumps Ausstieg aus der Weltgesundheitsorganisation und dem Pariser Klimaabkommen sind falsche Weichenstellungen. Dort, wo sich die USA zurückziehen, werden andere die Lücken füllen. Und das ist zuallererst China.

Ein weiterer Konfliktherd zwischen Europa und Trump könnten die Interessen seiner Tech-Milliardäre sein. Meta-Chef Mark Zuckerberg schafft Faktenchecks in den USA ab und erhebt Zensurvorwürfe gegen die EU. Elon Musks Vorstellungen der Meinungsfreiheit sind radikal und enden nicht bei Beleidigungen, Hetze und Lügen. Bei Trumps Amtseinführungen saßen beide neben Amazon-Gründer Jeff Bezos ganz vorne – noch vor zahlreichen republikanischen Senatoren.

Digitale Medien beeinflussen die öffentliche Meinung stark. Dass einzelne Personen durch die digitale Wirtschaft gigantische Vermögenswerte schaffen und enorme politische Einflussmöglichkeit – sowohl auf die Meinungsbildung der Bevölkerung durch Algorithmen, als auch auf die direkte politische Entscheidungsfindung im Weißen Haus – besitzen, ist in der Tat eine neue und riskante Entwicklung. Bei Herrn Musk ist die politische Macht am sichtbarsten, weil er Präsident Trump aktiv im Wahlkampf unterstützt hat und nun sogar ein Regierungsamt übernehmen wird.

Gegen Zuckerburg, Musk und Trump: Notfalls müsste EU hart durchgreifen

Was bedeutet diese neue Machtkonzentration für die EU? Wie kann die Union mit diesen US-Oligarchen umgehen?

Digitale Unternehmen aus den USA können selbstverständlich Geschäfte in Europa machen. Aber sie müssen sich dabei an europäische Gesetze halten. Daher begrüße ich, dass die EU-Kommission nun prüft, ob die Aktivitäten von „X“ mit dem Digital Service Act in Einklang stehen. Dieses EU-Gesetz vereinheitlicht die Haftungs- und Sicherheitsvorschriften für digitale Plattformen in Europa. 

Wird die EU in diesem Punkt hart durchgreifen?

Eine Vermischung von wirtschaftlichen und politischen Interessen darf unsere Demokratie nicht gefährden. Genau darauf hat auch Joe Biden in seiner Abschiedsrede hingewiesen. Denn diese Machtkonzentrationen stellen eine Gefahr für den gesellschaftlichen Zusammenhalt dar. Ohne Regulierung bleiben Social-Media-Plattformen rechtsfreie Räume. (Interview: Jan-Frederik Wendt)

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