Ohrenschmerzen bei Kindern - Mittelohrentzündungen bei Kindern: Ursachen, Symptome und Behandlung
Mitten in der Nacht wachen Sie auf, weil Ihr Kind weint und sich an sein Ohr fasst. Es wirkt untröstlich und hat offensichtlich große Schmerzen. Szenarien wie dieses sind für viele Eltern nur allzu vertraut – Mittelohrentzündungen sind eine der häufigsten Krankheiten bei Babys und Kleinkindern. Welche Symptome Sie beachten sollten und wie Sie Ihrem Kind helfen können.
Warum Kinder häufiger an Mittelohrentzündungen erkranken
Die Anfälligkeit von Kindern für Mittelohrentzündungen hängt eng mit ihrer Anatomie und dem sich noch entwickelnden Immunsystem zusammen. Die Ohrtrompete oder Eustachische Röhre, die das Mittelohr mit dem Rachen verbindet, ist bei Babys und Kleinkindern kürzer und horizontaler als bei Erwachsenen. Dies begünstigt den Eintritt von Keimen aus dem Nasen-Rachen-Raum ins Mittelohr. Hinzu kommt, dass das Immunsystem von Kindern im Vergleich zu Erwachsenen weniger ausgereift ist, was die Bekämpfung von Infektionen erschwert.
Die häufigsten Ursachen für Mittelohrentzündungen sind Infektionen der oberen Atemwege, wie Erkältungen oder Halsentzündungen. Diese können durch Viren oder Bakterien verursacht werden, die sich über die Eustachische Röhre ins Mittelohr ausbreiten und dort zu einer Ansammlung von Flüssigkeit und einer Entzündung führen. Weitere Risikofaktoren sind der Gebrauch von Schnullern, häufige Aufenthalte in Gemeinschaftseinrichtungen wie Kindertagesstätten und passives Rauchen.
Symptome einer Mittelohrentzündung bei Kindern
Kinder, insbesondere Babys, können ihre Beschwerden nicht immer verbal äußern, daher ist es wichtig, auf bestimmte Anzeichen zu achten. Zu den häufigsten Symptomen einer Mittelohrentzündung gehören:
- Ohrenschmerzen: Diese äußern sich häufig durch Weinen, Unruhe und das Greifen ans Ohr.
- Schlafstörungen: Kinder haben oft Schwierigkeiten, einzuschlafen oder durchzuschlafen, weil sie die Schmerzen im Liegen stärker empfinden.
- Fieber: Ein Anstieg der Körpertemperatur ist oft ein Begleitsymptom.
- Hörminderung: Kinder reagieren möglicherweise weniger auf auditive Reize.
- Flüssigkeitsabsonderung aus dem Ohr: Dies kann auf ein gerissenes Trommelfell hinweisen.
- Allgemeine Unwohlseinssymptome: Dazu gehören Reizbarkeit, Appetitlosigkeit, Erbrechen und Durchfall bei Kleinkindern und Babys.
Die meisten akuten Mittelohrentzündungen klingen innerhalb von ein bis zwei Wochen ab, wobei die stärksten Symptome in den ersten Tagen auftreten. Bei chronischen oder wiederkehrenden Entzündungen kann der Verlauf länger sein, und eine kontinuierliche ärztliche Überwachung ist erforderlich.
Behandlungsmöglichkeiten bei Kindern
Medikamentöse Behandlung
Die Behandlung von Mittelohrentzündungen richtet sich nach der Schwere der Symptome und dem Alter des Kindes. In vielen Fällen wird zunächst eine symptomatische Behandlung empfohlen:
- Schmerzmittel: Ibuprofen oder Paracetamol können helfen, die Schmerzen zu lindern und das Fieber zu senken. Zudem wirkt es entzündungshemmend. Dabei ist essenziell, die entsprechende Dosierung zu beachten und den Anweisungen des Arztes zu folgen.
- Abschwellende Nasentropfen: Diese helfen dabei, die Schleimhäute abzuschwellen und die Belüftung des Mittelohrs zu verbessern, weswegen sie in jedem Fall angewendet werden sollten. Allerdings maximal sieben Tage.
Antibiotikas
Antibiotika kommen zum Einsatz, wenn die Mittelohrentzündung durch Bakterien verursacht wird oder wenn bestimmte Risikofaktoren vorliegen, wie zum Beispiel eitriger Ausfluss aus dem Ohr oder eine Entzündung beider Ohren bei Kindern unter zwei Jahren. In der Regel wird jedoch bei vielen Kindern zunächst abgewartet, um Antibiotika nicht unnötig zu verschreiben, die zur Entwicklung resistenter Bakterien führen kann.
Wenn die Ärztin oder der Arzt Antibiotika verschreibt, ist es wichtig, die gesamte verschriebene Dosis zu verabreichen, auch wenn sich die Symptome bereits gebessert haben, um sicherzustellen, dass die Infektion vollständig bekämpft wird.
Hausmittel und unterstützende Maßnahmen
Neben der medikamentösen Behandlung gibt es auch einige Hausmittel, die helfen können, die Beschwerden zu lindern:
- Warme Kompressen: Eine warme Kompresse auf das betroffene Ohr kann helfen, den Schmerz zu lindern. Das Auflegen einer Zwiebel auf das Ohr wirkt zusätzlich entzündungshemmend.
- Viel Flüssigkeit: Das Trinken von viel Flüssigkeit kann helfen, den Schleim zu lösen und das Abfließen zu erleichtern.
- Ruhige Umgebung: Schaffen Sie eine ruhige und entspannende Umgebung, damit sich Ihr Kind wohlfühlt und schneller erholt.
Wann sollten Sie zum Arzt gehen?
Eltern sollten bei den folgenden Anzeichen sofort einen Arzt aufsuchen:
- Wenn das Kind sehr starke Schmerzen hat und sich trotz aller Bemühungen nicht beruhigen lässt.
- Wenn hohes Fieber auftritt (über 39 Grad Celsius).
- Wenn es zu einer Absonderung von Flüssigkeit aus dem Ohr kommt.
- Wenn das Kind wiederholt an Mittelohrentzündungen leidet.
- Wenn die Symptome länger als zwei bis drei Tage anhalten oder sich verschlimmern.
Mögliche Komplikationen und Gefahren
Obwohl die meisten Mittelohrentzündungen bei Kindern keine langfristigen Probleme verursachen, können unbehandelte Infektionen zu Komplikationen führen. Dazu gehören:
- Chronische Mittelohrentzündung: Wiederkehrende Infektionen können zu dauerhaften Schäden am Mittelohr führen.
- Hörverlust: In seltenen Fällen kann eine fortschreitende oder unbehandelte Infektion das Hörvermögen beeinflussen.
- Mastoiditis: Eine schwerwiegende Komplikation, bei der die Infektion sich auf den Knochen hinter dem Ohr ausbreitet.
- Meningitis: Sehr selten, aber potenziell lebensbedrohlich, wenn sich die Infektion auf das Gehirn und Rückenmark ausbreitet.
Prävention von Mittelohrentzündungen
Es gibt mehrere Maßnahmen, die helfen können, das Risiko von Mittelohrentzündungen bei Kindern zu verringern:
- Stillen: Stillen liefert wichtige Antikörper, die vor Infektionen schützen können.
- Rauchfreie Umgebung: Vermeiden Sie es, Ihr Kind passivem Rauch auszusetzen.
- Impfungen: Schutzimpfungen, insbesondere gegen Pneumokokken und Haemophilus influenzae Typ b (Hib), können das Risiko von Mittelohrentzündungen reduzieren.
- Gute Hygiene: Regelmäßiges Händewaschen kann die Verbreitung von Keimen verhindern.
- Vermeidung von Schnullern: Der sparsame Gebrauch von Schnullern kann das Risiko verringern.
Ansprechpartner und Unterstützung
Wenn Ihr Kind an wiederkehrenden oder schweren Mittelohrentzündungen leidet, können verschiedene Fachpersonen und Einrichtungen Unterstützung bieten:
- Kinderarzt: Der erste Ansprechpartner bei akuten Symptomen und zur regelmäßigen Kontrolle.
- Hals-Nasen-Ohren-Arzt (HNO-Arzt): Bei wiederkehrenden Infektionen oder Komplikationen kann ein HNO-Arzt spezialisierte Diagnose- und Behandlungsmethoden anbieten.
- Kinderkrankenschwester: Besonders bei Babys und sehr kleinen Kindern kann eine Kinderkrankenschwester wertvolle Tipps zur Pflege und Linderung der Beschwerden geben.
- Ergotherapeuten und Sprachtherapeuten: Bei längerfristigen Hörproblemen und deren Auswirkungen auf die Sprachentwicklung.
Fazit
Mittelohrentzündungen sind eine häufige, aber behandelbare Erkrankung bei Kindern. Das Erkennen der Symptome und das Wissen um die besten Behandlungs- und Präventionsstrategien sind entscheidend, um Ihrem Kind schnell Linderung zu verschaffen und mögliche Komplikationen zu vermeiden. Durch eine Kombination aus liebevoller Pflege, medizinischer Behandlung und vorbeugenden Maßnahmen können die meisten Kinder schnell wieder gesund werden.
Über Sabine Lindau
Sabine Lindau ist examinierte Fach- und Familienkinderkrankenschwester mit Zusatzweiterbildung für pädiatrische und neonatologische Intensivpflege, Erste Hilfe Ausbilderin, Familienbegleiterin. Sie arbeitet seit 30 Jahren in einer großen Uniklinik und davon über 20 Jahre auf einer Kinderintensivstation. Berufsbegleitend absolvierte sie 2016 die Weiterbildung zur Familienkinderkrankenschwester beim Landesjugendamt und frischt regelmäßig ihren Lehrschein als „Erste Hilfe Ausbilderin“ auf. Seit 2012 berät und begleitet sie freiberuflich junge Familien in allen Fragen rund um die Gesundheit und Sicherheit von Kindern. Ihre Erfahrungen als Mutter helfen ihr dabei, sich in die Situation der Eltern hineinzuversetzen. Durch die Fortbildung „Train the Trainer“ am ZWW Mainz konnte sie sich viel Wissen aneignen, um ihre Kurse gut zu vermitteln und aufzubereiten.
Wichtiger Hinweis: Die hier bereitgestellten Informationen dienen nur zu allgemeinen Informationszwecken und ersetzen nicht die professionelle Beratung und Behandlung durch einen Arzt. Bei Verdacht auf ernsthafte gesundheitliche Probleme oder bei anhaltenden Beschwerden sollten Sie immer einen Arzt aufsuchen.