Die Angst geht um - Automobilzulieferer sollen bis 2030 ein Viertel ihrer Arbeitsplätze abbauen
Die deutschen Automobilzulieferer machen derzeit vor allem durch Stellenabbau von sich reden. Branchenexperten rechnen sogar mit noch schlechteren Zahlen.
Hannover - In Deutschland werden immer weniger Autos produziert. Nach dem Höchststand von 5,7 Millionen Fahrzeugen im Jahr 2016, sank die Zahl über 4,7 Millionen in 2019 auf 4,1 Millionen im vergangenen Jahr. Und die Aussichten werden nicht besser. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) prognostiziert für 2024 eine Stagnation der Inlandsproduktion bei 4,1 Millionen Pkw.
Automobilzulieferer bauen ein Viertel ihrer Stellen ab: 70.000 Arbeitsplätze sollen wegfallen
Das hat auch gravierende Folgen für die Automobilzulieferindustrie, in der derzeit knapp 270.000 der insgesamt rund 780.000 Beschäftigten der Automobilindustrie arbeiten. „Die rund 310.000 Beschäftigten in den Jahren 2018 und 2019 gehören der Geschichte an“, sagte Frank Schwope, Dozent für Automobilwirtschaft an der Hochschule FHM Hannover, der Zeitschrift Automobilwoche. Durch den Wandel zur E-Mobilität und den Trend zum Insourcing bei den Herstellern werde ihre Zahl weiter sinken. Bis 2030 werde es nur noch „rund 200.000 Beschäftigte bei Zulieferern in Deutschland“ geben. Die Schaffung neuer Arbeitsplätze, zum Beispiel in der Batterieentwicklung oder -fertigung, könne den Wegfall anderer Arbeitsplätze nicht kompensieren.

Die Hiobsbotschaften der Automobilzulieferer in den letzten Wochen scheinen Schwopes Einschätzung zu bestätigen. Mitte Februar kündigte Continental an, weltweit 7.150 Stellen im Autozuliefergeschäft zu streichen. Der Betriebsrat von ZF Friedrichshafen befürchtet einen großen Kahlschlag, 12.000 Beschäftigte könnten ihren Job verlieren. Bei Bosch sollen weltweit 1.200 Stellen wegfallen, davon bis zu 950 in Deutschland.
Automobilzulieferer bauen ein Viertel ihrer Stellen ab: Branche kommt noch glimpflich davon
Für VDA-Chefvolkswirt Manuel Kallweit ist die Branche mit diesen Zahlen sogar noch glimpflich davongekommen. „Ich hätte sie mir in diesem Umbruch sogar noch ein bisschen deutlicher vorgestellt. Das zeigt: Die Unternehmen wollen Beschäftigung hierzulande halten“, sagte er der Automobilwoche. Denn der angekündigte Stellenabbau sei sozialverträglich geregelt und den Mitarbeitern seien andere Stellen im Unternehmen angeboten worden. Viele der Betroffenen würden angesichts des Fachkräftemangels auch in benachbarten Branchen unterkommen.
Hinzu kommt, dass ein Mitarbeiter eines Automobilzulieferers, der zu einem Batteriehersteller wechselt, statistisch der Elektroindustrie zugeordnet wird. Ähnlich verhalte es sich, wenn ein Mitarbeiter zu einem Halbleiterhersteller wechsle. „Sie zählen dann nicht mehr automatisch zu den klassischen Autozulieferbetrieben, stellen aber sehr wohl noch Komponenten für Fahrzeuge her.“
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Automobilzulieferer bauen ein Viertel ihrer Stellen ab: Produktionsrückgang ist höher
Kallweit weist zudem darauf hin, dass in der gesamten Automobilindustrie die Produktion prozentual stärker zurückgegangen ist als die Beschäftigung. Während die Zahl der Beschäftigten in der Branche von 2019 bis 2023 um sechs Prozent gesunken ist, wobei der Rückgang bei den Zulieferern stärker ausgefallen ist, ist die Produktion um zwölf Prozent zurückgegangen.
Noch deutlicher zeigt sich die Entwicklung im Vergleich zu 2016: Die Zahl der gebauten Autos sank um 28 Prozent auf 4,1 Millionen, die Zahl der Beschäftigten nur um rund vier Prozent auf 780.000. „Angesichts des deutlichen Produktionsrückgangs und der Transformation hätten die Beschäftigungseffekte weitaus deutlicher ausfallen können“, so Kallweit.