„Bedenklicher“ Aufstieg von Temu – Billigplattform wird zunehmend zum Problem
Der chinesische Billighändler Temu wächst rasant. Aus der Wirtschaft kommen immer mehr warnende Stimmen. Einer der Kritikpunkte: Temu kümmert sich nicht ausreichend um Nachhaltigkeit.
Berlin – Seit einigen Wochen häuft sich die Kritik: Verbraucherschützer warnen vor Temu, Experten raten zur Vorsicht, auf Bewertungsportalen teilten Kunden ihre negativen Erlebnisse beim Shoppen mit. Mittlerweile ist das Thema sogar bei der Bundesregierung gelandet. Diese prüft derzeit, welche Schritte sie hinsichtlich des chinesischen Verkaufsportals einleiten soll. Das Gebrauchtwarenportal Rebuy meldet vor allem wegen Mängeln in Sachen Nachhaltigkeit vor Temu.
Der Aufstieg von Temu – Rebuy-Chef sieht „bedenkliche“ Entwicklung
Im Grunde handelt es sich bei Temu um eine chinesische Amazon-Variante. Zum Verkauf steht so ziemlich alles vom Babyspielzeug bis zur Unterhaltungselektronik. Ähnlich wie SHEIN und AliExpress, zwei weitere schnell wachsende Unternehmen aus China, hat sich Temu durch ein aggressives Verhalten am europäischen Markt hervorgetan, eine gewaltige Social-Media-Kampagne unterstützte den rasanten Aufstieg.

Philipp Gattner, Chef vom Gebrauchtanbieters Rebuy, findet dieses Wachstum beeindruckend. Allerdings gibt er im Interview mit der Wirtschaftswoche Bedenken an. „Dass ich den Aufstieg von Temu bedenklich finde, ergibt sich vor allem aus der Perspektive der Nachhaltigkeit“, erklärte Gattner. Wenn „sehr günstige“ Konsumgüter die Märkte überfluten (und die darüber hinaus einen Flugzeugtransport brauchen), widerspräche das der deutschen Idee vom nachhaltigen Konsum.
Sorge bezüglich Nachhaltigkeit bei Temu
Genau auf dieser Idee basiert das Geschäftsmodell von Rebuy. Gattners Unternehmen bietet eine Alternative für Konsumenten, die sowohl nach niedrigen Preisen suchen als auch auf Nachhaltigkeitsaspekte achten wollen. „Wir machen es Verbrauchern so einfach wie möglich, an der Kreislaufwirtschaft teilzunehmen“, sagte der Rebuy-Chef dazu. Er geht davon aus, dass sich Temu in einigen Sparten nicht durchsetzen wird – bei der Unterhaltungselektronik zum Beispiel seien Apple, Samsung, Nintendo und Sony einfach zu stark.
In anderen Sparten aber gilt es, Vorsicht walten zu lassen. „Wenn Unternehmen wie Temu mit genau gegensätzlichen Prinzipien erfolgreich sind, bedeutet das für uns, dass wir unsere Anstrengungen weiter verstärken müssen“, räumte Gattner ein. Ein Eingreifen der Politik hält er für nicht unbedingt notwendig, ist jedoch auch nicht sicher, ob die von Temu verkauften Produkte in Europa zulässig sind. Bei vielen Elektrogeräten aus dem Temu-Versand zum Beispiel fehlt die CE-Kennzeichnung, die in Europa eigentlich Pflicht ist. Nicht solchermaßen gekennzeichnete Produkte haben meist Qualitätsmängel und tendenziell eine erhöhte Brandgefahr. Für Kunden ist Vorsicht geraten.
Temu selbst gibt an, ein „kontinuierliches Engagement“ in Sachen Nachhaltigkeit zu verfolgen. Dazu habe sich der Konzern mit Trees for the Future zusammengetan, um in Afrika Bäume zu pflanzen.
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Billiganbieter bewirken Wettbewerbsverzerrung
Von Temu selbst hieß es dazu, dass der Konzern fehlerhafte oder gefährliche Ware umgehend prüfe. „Sobald Produkte unter Verdacht stehen, gefälscht oder sogar gefährlich zu sein, leitet Temu eine sofortige Überprüfung der Produkte ein und nimmt sie im Zweifelsfall von der Plattform“, teilte eine Mitarbeiterin auf Anfrage von Ippen.Media hin mit. Außerdem arbeite Temu eng mit all seinen Verkäufern zusammen, um sicherzustellen, dass sie die notwendigen Kriterien erfüllen.
Volker Treier, Außenwirtschaftschef der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) warnte davor, dass die Billigplattformen aus China für die deutsche Wirtschaft zu einem „zunehmenden Problem“ würden. Es komme zu Wettbewerbsverzerrungen. Unter anderem liegt das daran, dass sich europäische Hersteller mit zunehmender Bürokratie auseinandersetzen und Regularien einhalten müssten, die Temu teils einfach umgeht.