Bundesregierung gegen China – Kampfansage gegen Temu, Shein und Co.

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Billighändler wie Temu, SHEIN und AliExpress expandieren in Europa. Für die nationalen Unternehmen bedeutet das teils massive Nachteile. Die Bundesregierung geht in den Angriffsmodus.

Berlin – „Shoppe wie ein Milliardär“, lockt die chinesische Verkaufs-App „Temu“ ihre Kundschaft. Dass es dabei einen Haken gibt, ist kein Geheimnis: In der Vergangenheit kam es häufiger zu Kritik wegen Qualitätsmängeln, Lieferproblemen und einem kaum zu erreichenden Kundenservice. Sowohl Temu als auch die Konkurrenzunternehmen SHEIN und AliExpress stammen aus China und wenden allerlei Tricks an, um sich Wettbewerbsvorteile zu erspielen. Vonseiten der Bundesregierung gibt es nun ein paar Ansätze, um das zu unterbinden.

Mehr Marktüberwachung gegen chinesische Billigprodukte?

Temu, SHEIN und AliExpress sind quasi chinesische Amazon-Varianten mit verschiedenen Schwerpunkten. SHEIN zum Beispiel hat sich auf Mode spezialisiert, während Käufer bei Temu alles von Spielzeug bis Elektronik finden. Gemein haben die drei Unternehmen ihr rasendes Wachstum und das aggressive Vorgehen. Wie sich die Bundesregierung diesbezüglich positioniert, wollte zuletzt der CDU-Bundestagsabgeordnete Michael Meister wissen.

Nahaufnahme eines Smartphones mit Temu-Shop-Logo.
Nahaufnahme eines Smartphones mit Temu-Shop-Logo. Für die hiesigen Händler bringen chinesische Billiganbieter massive Nachteile. Jetzt wacht die Bundesregierung auf – und geht in den Angriffsmodus. © IMAGO / NurPhoto/ Nikos Pekiaridis

In einem Schreiben an Meister, aus dem die Wirtschaftswoche zitiert, teilte der Wirtschaftsstaatssekretär Udo Philipp mit, dass Temu sich nicht groß um gesetzliche Vorgaben kümmert. Als Beleg führte er einen Testkauf der Bundesnetzagentur bei elektronischen Waren an, durchgeführt bei Temu. „Diese ergaben in nahezu allen Fällen, dass die gesetzlichen Anforderungen nicht eingehalten wurden“, hieß es in dem Schreiben.

Weiter schrieb Philipp: „Es muss sichergestellt werden, dass sich alle Händler an die regulatorischen Anforderungen halten.“ Jetzt will die Bundesregierung eine verschärfte Marktüberwachung und eine Reform der Zollverfahren erreichen. Meister selbst fordert eine flächendeckende Kontrolle der importierten Waren.

Chinesische Billighändler unter der Lupe – keine Mangelware an Mangelware

Die versandten Produkte selbst sind dementsprechend das erste größere Problem, vor das Temu, SHEIN und AliExpress die deutsche Wirtschaft stellen. Testkäufe legen wieder und wieder Mängel offen. Zuletzt hatte der Spielzeugverband „Toy Industries of Europe“ bei 18 von 19 gekauften Spielzeugen aus TEMUs Versand Sicherheitsrisiken für Kinder bemerkt, kein einziges Produkt war mit EU-Richtlinien vereinbar. Konkret hatte das beauftragte Labor wiederholt scharfe Kanten und lose Teile entdeckt, die zu Schnittverletzungen und Erstickung führen könnten. Gegenüber Ippen.Media hatte Temu sich selbst zu Wort gemeldet.

Auf Bewertungsportalen hatten Kunden außerdem wiederholt die schlechte Warenqualität, nicht erhaltene Sendungen oder schlichtweg falsche Produkte bemängelt. Teils kamen etwa Kleidungsstücke in falschen Farben und Größen an. Ein Temu-Testkauf vom WDR enthielt beim Transport beschädigte Waren, bei einem SHEIN-Testkauf von Greenpeace waren 15 Prozent der Produkte mit schädlichen Substanzen verunreinigt.

Bei elektronischen Geräten aus Temu-Versand fehlt laut WDR häufig die CE-Kennzeichnung, die zeigt, dass das Produkt europäischen Anforderungen entspricht. Hier besteht eine erhöhte Brandgefahr. Wenn ein solches Gerät Feuer fängt und zum Beispiel die Wohnung eines Freundes abbrennt, ist der Käufer selbst juristisch belangbar. Temu zieht sich hier mit einem Haftungsausschluss aus dem Konflikt – Käufer müssten eventuelle Probleme dann direkt mit den (meistens chinesischen) Herstellern klären.

Wie Billighändler aus China den Zoll unterlaufen

Das zweite Problem: Die Plattformbetreiber unterlaufen gezielt die europäischen Zoll- und Umsatzsteuerbestimmungen. Kaum ein Produkt ist teurer als 150 Euro (das Limit, ab dem Zoll fällig ist), und falls doch, „zerstückeln“ die Anbieter die Kaufpreise. So bleiben die chinesischen Verkäufer stets unter der Zoll-Grenze. Die Verbraucherzentrale hatte potenzielle Kunden bereits vor solchen Online-Shops gewarnt.

Vonseiten der EU-Kommission gibt es bereits Vorschläge, wie die Länder das verhindern könnten. „Sie hat unter anderem vorgeschlagen, die 150-Zollfreigrenze abzuschaffen und Online-Plattformen zu ‚fiktiven Einführern‘ zu erklären“, gab der Wirtschaftsstaatssekretär Philipp dazu an. Das soll Umgehungsrisiken wie zum Beispiel die Aufteilung von Sendungen eliminieren. Die Meinungsbildung innerhalb der Bundesregierung zu den Vorschlägen läuft noch – Details zur Umsetzung sind nicht bekannt.

Verdrängung an den nationalen Märkten

Und das dritte Problem betrifft die nationalen Unternehmen. Wie sich der chinesische Einfluss hier auswirkt, zeigte jüngst das Beispiel Primark. Der Konzern steht bereits wegen der steigenden Energiepreise und sinkender Kauflaune unter Druck, der Fast-Fashion-Händler SHEIN gräbt ihm das Online-Geschäft ab.

Die hiesigen Hersteller, die sich an deutsche und europäische Regulierungen halten, sind gegenüber Temu, Shein und Co. im Nachteil – die chinesischen Akteure umgehen die bestehenden Gesetze, wo sich eine Möglichkeit bietet. Volker Treier, Außenwirtschaftschef der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) sprach hier von einem „zunehmenden Problem für die deutsche Wirtschaft“.

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