Nach massiven Verlusten – Putins Gas-Flaggschiff schwingt den Entlassungs-Hammer

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Gazprom hat schwere Verluste erlitten. Jetzt greift es zu radikalen Schritten. Grund dafür ist der westliche Verzicht auf russisches Gas.

Sankt Petersburg – Der russische Gastitan Gazprom steht hinter schwere Verlusten. Um sich zu retten, musste er bereits im Frühjahr 2024 zu einer Verzweiflungstat schreiten. Russlands Wirtschaft, stark von Gas- und Ölexporten abhängig, leidet unter der Entwicklung. Außerdem fließt seit Jahresbeginn kein russisches Gas mehr durch ukrainische Pipelines. Um wieder auf einen grünen Zweig zu kommen, greift Gazprom zu einem drastischen Schritt.

Schwere Verluste für Gazprom – 1.600 Mitarbeiter müssen gehen

Jetzt reagiert Gazprom auf die schweren finanziellen Verluste und will rund 1.600 Mitarbeitern kündigen. Betroffen ist davon vorrangig das Hauptquartier in Sankt Petersburg. Mehrere Medien hatten berichtet, darunter Kyiv Independent. Der Konzern habe neben den Verlusten mit einer schwindenden Marktmacht in Europa zu kämpfen. Per Brief habe Deputy CEO Elena Ilyukhina vom Gazprom-Chef Alexei Miller verlangt, die Belegschaft im Hauptquartier von 4.100 auf 2.500 zu reduzieren. Kostenoptimierungen seien notwendig. Der Grund: „Herausforderungen, die auf die Gazprom-Gruppe zukommen“.

Wladimir Putin in Moskau.
Wladimir Putin in Moskau (Symbolfoto). Gazprom hat schwere Verluste erlitten. Jetzt greift es zu radikalen Schritten. Grund dafür ist der westliche Verzicht auf russisches Gas. © IMAGO / ITAR-TASS/Alexander Kazakov

Diese Mitarbeiterreduzierung betreffe auch die Führungskräfte. Es führe kein Weg daran vorbei, ihre Anzahl zu optimieren. Unter anderem müsse Gazprom Doppelfunktionen und übermäßige bürokratische Prozesse beseitigen, berichtete die Berliner Zeitung. Das auf diese Weise eingesparte Geld sollte Gazprom dafür nutzen, um „Aktivitäten zur Motivationssteigerung“ durchzuführen – oder für die Entwicklung der Mitarbeiter.

Sergey Kupriyanov aus der Geschäftsleistung von Gazprom habe die Authentizität des Briefs gegenüber Forbes Russland bestätigt, wollte sich aber nicht weiter dazu äußern. Gazprom hatte massive Verluste erlitten, nachdem der europäische Markt weggebrochen war. Exporte nach Europa seien seit 2021 um mehr als 80 Prozent geschrumpft. Der Aktienkurs des Unternehmens war drastisch gefallen.

Ukraine und Europa wollen kein russisches Gas mehr – Einige Länder sind noch abhängig

Innerhalb der vergangenen Monate hatte Gazprom wiederholt Schläge verkraften müssen. Zum Jahresende 2024 war ein wichtiger Gasliefervertrag zwischen Gazprom und einem ukrainischen Betreiber ausgelaufen – in der Konsequenz darf Russland kein Gas mehr durch ukrainische Pipelines leiten. Das beeinflusst direkt die Gasversorgung in einige europäische Länder, die sich noch nicht von russischem Gas hatten lösen können. Unter anderem sind davon Österreich, die Slowakei und Ungarn betroffen. Jedes dieser Länder kämpft auf seine Weise mit der früheren Abhängigkeit von russischem Gas: Für die Slowakei war die Thematik rund um die ukrainischen Pipelines schwerwiegend genug, um der Ukraine wiederum mit dem Lieferstopp von Strom zu drohen.

Österreich dagegen hatte sich über einen Winkelzug aus einem Gazprom-Vertrag befreit. Konkret war es dabei um die Nord-Stream-Pipeline und ausbleibende russische Lieferungen gegangen. Weil Russland (bis heute ohne echte Begründung) die Gaslieferungen kurz vor den Explosionen an der Ostsee-Pipeline eingestellt hatte, sprach ein Gericht Österreich Schadensersatz in Millionenhöhe zu. Russland verweigerte die Zahlung, Österreich wollte sie mit Gaslieferungen verrechnen, Russland stellte die Gaslieferungen ein – und der österreichische Energiekonzern OMV kündigte den Vertrag auf.

Russlands Wirtschaft leidet unter Gazprom-Schwäche – China blockiert Lösung

All das geschieht nun in einer Zeit, in der Gazprom mit Rekordverlusten kämpft. Im Frühjahr 2024 berichtete das Unternehmen einen Nettoverlust von 629 Milliarden Rubel (umgerechnet 6,4 Milliarden Euro). Russische Medien hatten vom ersten Nettoverlust seit 1999 berichtet. Klar ist vor allem eines: Dieser Einbruch war eine direkte Konsequenz der ausbleibenden europäischen Einkäufe. Seitdem Wladimir Putin die großflächige Invasion der Ukraine sogar über die Krim hinaus befohlen hatte, hatten die westlichen Ukraine-Verbündeten sich zunehmend vom russischen Gas gelöst.

Der Anteil von russischem Gas an den europäischen Gasimporten war nach Informationen der EU von 40 Prozent (2021) auf rund acht Prozent (2023) gesunken. Das hatte die Financial Times berichtet. Stattdessen nehmen Norwegen und die USA eine zunehmend wichtige Rolle bei der Energieversorgung des Kontinents ein.

Zuletzt drückt eine enorme Besteuerung auf Gazproms Ergebnisse. Die Gazprom-Steuern hatten 2023 etwa neun Prozent der gesamten Staatseinnahmen ausgemacht. Eine denkbare Lösung für Putin wäre, dass China die kompletten Anteile der EU übernimmt, allerdings gibt es dabei zwei gravierende Probleme. Erstens müsste in China drastisch der Bedarf steigen, zweitens müsste die Infrastruktur neu entstehen. Ein Projekt dazu existiert bereits: Die „Power of Siberia 2“-Pipeline soll es Russland ermöglichen, mehr Gas nach China zu liefern. Allerdings blockiert Peking das Projekt derzeit und verhandelt lieber.

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