Protestwelle gegen Zusammenlegung der ILS Oberland und FFB

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Noch laufen hier die Notrufe aus dem Oberland ein: Die Integrierte Rettungsleitstelle Oberland in Weilheim soll nach Maisach/Landkreis FFB umziehen. © ILS Oberland/BRK

Es knistert in der ILS Oberland: Die Fusionspläne zu einer gemeinsamen Leitstelle in FFB treffen auf Widerstand – Projektgruppe angedacht.

Oberland - Wo werden in Zukunft die Notrufe aus dem Oberland landen – in Weilheim oder Maisach? Die angedachte Fusion der Integrierten Rettungsleitstellen (ILS) von sieben Landkreisen schlägt hohe Wellen. Werden Bedenken genügend beachtet?

Im Notfall die 112. Noch wird man in die Integrierte Leitstelle (ILS) Oberland nach Weilheim geleitet, wenn in den Landkreisen Bad Tölz-Wolfratshausen, Garmisch-Partenkirchen und Weilheim-Schongau ein Feuer ausbricht oder ein Unfall passiert und man den Notruf wählt. Die ILS alarmiert dann die örtlichen Rettungsdienste. Betreiber der Weilheimer ILS ist das Bayerische Rote Kreuz (BRK) im Namen des Zweckverbandes für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung ZRF Oberland (siehe Infokasten).

Struktur der 112-Notruf-Bereiche

Große Diskussion über einen Super-Standort für einlaufende Notrufe aus der Region zwischen Lech und Isar.
Große Diskussion über einen Super-Standort für einlaufende Notrufe aus der Region zwischen Lech und Isar. © PantherMedia B86729744/georgejmclittle

Bayern ist in 26 Rettungsdienstbereiche untergliedert, jeder besteht aus einem oder mehreren Landkreisen sowie kreisfreien Städten. Für jeden dieser Schutzbereiche ist ein Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung (ZRF) als Träger eingerichtet; deren Verbandsmitglieder sind die entsprechenden Landkreise. Aufsichtsbehörden sind die Bezirksregierung und das Bayerisches Innenministerium. In jedem Rettungsdienstbereich ist eine Leitstelle für den Rettungsdienst (RLST) oder eine Integrierte Leitstelle (ILS) eingerichtet. Die Zweckverbände können die Leitstellen selbst errichten und betreiben, jedoch auch einen Dritten damit beauftragen. 18 Zweckverbände haben sich für kommunale Betreiber (ZRF, Landkreis, Stadt) entschieden, acht ILS betreibt das BRK

Fusionsplan

In einer Verbandssitzung am 13. Oktober haben der ZRF Oberland respektive seine Vertreter, die vorsitzende Landrätin Andrea Jochner-Weiß (WM-SOG) sowie die Landräte Anton Speer (GAP) und Josef Niedermaier (TÖL), beschlossen, dass ab 2026 solche Notrufe nach Maisach bei Fürstenfeldbruck gehen sollen, wo gerade ein Neubau für die ILS FFB entsteht (ungefähr 50 Millionen Euro teuer). Eine Fusion mit der dortigen ILS (zuständig für die Landkreise Dachau, Fürstenfeldbruck, Landsberg und Starnberg) sei geplant, quasi zu einem Superstandort mit einem Einzugsbereich von sieben Landkreisen. Grund: um für die Zukunft besser aufgestellt zu sein und Synergien zu nutzen. Mitarbeitern in Weilheim wolle man Arbeitszeitmodelle anbieten, um den längeren Arbeitsweg zu kompensieren. Entscheiden über die angedachte Fusion werden aber die entsprechenden Kreistage.

Der Anlass, jetzt mit FFB zu fusionieren, sei der auslaufende Mietvertrag der BRK Kreisgruppe Weilheim, die wegen Eigenbedarfs ihre Räume der ILS Oberland nur noch bis 1. Januar 2026 vermietet, allerdings mit Aussicht auf eine sechs- bis zwölfmonatige Verlängerung. Außerdem bräuchte die ILS Oberland mittelfristig mehr Platz, da das Notfallaufkommen gestiegen sei.

Was ist teurer – Miete oder Eigentum?

Aus Sicht des ZRF Oberlands habe man kein geeignetes neues Mietobjekt gefunden. Daher biete sich ein Einzug in den FFB-Neubau geradezu an und sei langfristig die bessere Alternative, auch wenn es möglicherweise in Summe mehr kosten werde, als jetzt ein Gebäude anzumieten und herzurichten.

Das sehen jedoch Experten anders. Ihnen zufolge sei es Fakt, dass der Einzug in den Fürstenfeldbrucker Neubau langfristig für die drei dazukommenden Landkreise (WM-SOG, GAP, TÖL) viel teurer wäre als ein Mietverhältnis innerhalb der drei Landkreise. Man glaubt, der Bau könnte für die Landkreise später zur Millionenbelastung werden.

Grund: Das Gebäude in Maisach sei auf Basis der Anforderungen der bisherigen vier Landkreise (DAH, FFB, LL, STA) geplant worden – und aufgrund der beabsichtigten Fusion müsste viel früher als vorgesehen die nächste Ausbaustufe durchgeführt werden. Der Kosten-Vorteil läge nur auf Seite der ursprünglichen Bauherren. Denn „die Finanzierung liegt dann auf den Schultern von sieben statt nur vier Landkreisen“, lautet die Meinung.

Mangelnde Kommunikation

Über den Fusionierungsplan wurde zwar der Öffentlichkeit in einer Pressekonferenz Ende Oktober berichtet. Dem BRK als Betreiber der ILS Oberland liege allerdings bis dato keine offizielle Grundlage zur geplanten Fusionierung vor. Es seien die Beschlüsse der zuständigen Kreistage abzuwarten, erklärte BRK-Pressesprecher Sohrab Taheri-Sohi in München.

Das BRK wehre sich nicht gegen eine Fusion. „Wir sehen die Nutzung von Synergien und eine langfristige Zusammenlegung von einzelnen Leitstellen als wichtigen Schritt. Wir stören uns an dem nicht realistischen Zeitplan, der nicht nachvollziehbaren Vorfestlegung auf eine Leitstelle in vorstädtischer Region und der Tatsache, dass nicht mal wirtschaftliche Gründe dafür sprechen.“

Mangelnde Kommunikation seitens des ZRF scheint es beim Gespräch mit den Mitarbeitern der ILS Oberland, auch Disponenten genannt, gegeben zu haben. „Das Thema Fusion haben die ILS-Mitarbeiter unter der Hand beim Metzger und von Mitgliedern der Feuerwehr erfahren“, so der BRK-Sprecher. Erst kurz vor der Pressekonferenz wären die Oberland-Mitarbeiter informiert worden. Dementsprechend überrascht waren auch damals die 32 Betroffenen, für die sich ihr Arbeitsweg extrem verlängern könnte und das sehr kurzfristig.

Für Taheri-Sohi ein Unding: „Eine so schnelle Fusionierung zeigt wenig Wertschätzung für unsere Mitarbeitenden. Es geht nicht, dass man die Disponenten in der ILS Oberland jahrelang als Helden beklatscht, sie dann aber auf diese Weise rücksichtlos fallen lässt. So nehmen das unsere Mitarbeitenden und auch Außenstehende wahr. Denn: Wenn ein Mitarbeitender nicht bereit ist, in Zukunft 90 Kilometer in die Arbeit zu fahren – was dann? Wenn sie dem Betriebsübergang nicht zustimmen, ist das das Problem des Mitarbeitenden und des Arbeitgebers – dem BRK.“ Mit einer langfristigeren Zeitplanung wären solche ‚Kollateralschäden‘ vermeidbar und die Mitarbeiter hätten fairere Planungschancen.

Problematisch sehen BRK und ILS-Mitarbeitern den mit dem Standortwechsel einhergehender eventuellen Know-How-Verlust gerade in Sachen Bergrettung sowie Technikprobleme aufgrund unterschiedlicher Standort-Ausstattungen. Generell wären Fusionsüberlegungen mit einer Leitstelle mit ähnlichen geografischen Besonderheiten (z.B. Rosenheim) die bessere Lösung. Diese Punkte formulierten die Mitarbeiter auch in ihrem Offenen Brief an den ZRF Oberland.

In einer zweiten ZRF-Sitzung am 11. November wurde das weitere Vorgehen mit Vertretern der Rettungsdienste, FFW, Bergwacht, THW und Regierung von Oberbayern diskutiert. Allerdings erweckte der Diskurs bei einigen Teilnehmenden den Eindruck, man wolle keine Bedenken hören. Ähnlich wie in der ersten Sitzung – von einer „Gleichgültigkeit der politischen Mandatsträger“ war damals die Rede.

Projektgruppe soll‘s richten

Trotzdem kam jetzt Bewegung in die Sache, wie Dominik Detert, Pressesprecher im Landratsamt Weilheim-Schongau, erklärte: „Es wird vom ZRF Oberland baldmöglichst eine Projektgruppe eingerichtet, die alle bestehenden Fragen, Argumente und Bedenken prüfen und Lösungen erarbeiten wird.“ Die Projektgruppe werde solange bestehen bleiben, bis die Inbetriebnahme der gemeinsamen ILS erfolgen könne. Die Belange der Bergwacht würden selbstverständlich ebenso berücksichtigt, wie die Belange jeder anderen Organisation, die von der ILS alarmiert wird (Rettungsdienst, Feuerwehr, Hubschrauber oder THW).

Zum zeitlichen Horizont merkte Detert an: „Falls eine Fusion zum 1. Januar 2026 nicht möglich sein sollte, da noch mehr Vorlaufzeit erforderlich ist, so kann z.B. die Vorlaufzeit um sechs Monate oder auch ein Jahr verlängert werden. Die sichere Alarmierung der Rettungskräfte und somit die Sicherheit der Bevölkerung hat oberste Priorität.“ Auf Nachfrage der Redaktion bei den Tölzer und Garmischer Landräten Niedermaier und Speer wird lediglich auf diese Weilheimer Stellungnahme hingewiesen.

BRK-Landesgeschäftsführerin Dr. Elke Frank teilte vergangene Woche mit: „Zur Ergebnisoffenheit gehört aus unserer Sicht auch, dass die von der Verbandsversammlung am 23. Oktober beschlossene Vorfestlegung auf die ILS Fürstenfeldbruck als Fusionspartner aufgehoben wird. Nicht, weil sich das BRK gegen die ILS Fürstenfeldbruck ausspricht. Sondern weil für die Bevölkerung in den Landkreisen Garmisch-Partenkirchen, Weilheim-Schongau und Bad Tölz-Wolfratshausen zählt, dass die beste Lösung für ihre Sicherheit erreicht wird.“ Ihr Wunsch: Es solle den nun anzuhörenden Experten überlassen bleiben, Empfehlungen für die zukünftige Ausgestaltung vorzulegen.

In die gleiche Richtung geht auch die Forderung der CSU-Kreistagsfraktionen aus Tölz, Weilheim und Garmisch nach einer Informationsveranstaltung mit allen Beteiligten.

Das letzte Wort ist also Stand heute (Redaktionsschluss Donnerstagmittag) noch nicht gesprochen.

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