„Putin-Elite 2.0“: Russlands Soldatenfrauen protzen mit Reichtum
Russland lockt Soldaten mit höheren Prämien. Frauen zeigen ihren Luxus auf Social Media, doch hinter der Fassade steckt oft eine andere Realität.
Moskau – Damit Russland bei den hohen Verlusten Soldaten-Nachschub bekommt, hat der Kreml die finanziellen Anreize erhöht. Erwachsen ist daraus eine neue Generation russischer Influencer entstanden. Während die Männer an der Front kämpfen, zeigen die Frauen der Soldaten ihr plötzlich luxuriöses Leben in den sozialen Medien. Dass TikTok und Instagram nach dem Einmarsch in die Ukraine Anfang 2022 gebannt wurden, hält die Influencer-Frauen nicht auf.

Luxus, finanziert durch russische Soldaten-Ehemänner im Ukraine-Krieg – Teure Geschenke für Russinnen
Eine dieser Frauen, über die die Moscow Times berichtete, ist die 22-jährige Vika. Statt einem Video mit ihrem Ehemann teilte die Russin an Silvester ein Unboxing-Video des neuen iPhone 16 mit ihren über 30.000 Instagram-Followern. „Wie er [mein Ehemann] sagte: ‚Nur das beste für meine Ehefrau‘“, sagte Vika zu ihrem Geschenk. Das iPhone kostet in Russland mehrere Hundert US-Dollar mehr als in den USA.
Auf ihrem Profil teilt Vika Tipps für die Dekoration der vorübergehenden Militärunterkunft, die die Regierung ihrem Mann als Soldat zur Verfügung gestellt habe – ganz im Pinterest-Stil. „Solange ich Geld habe, gibt es auch Bewertungen“, ist ihr charakteristischer Videostart.
„Echte Katjuscha“: Russische Soldaten-Ehefrauen verbreiten Pro-Kriegsmeinungen in den sozialen Medien
„Ich bin jetzt eine echte Katjuscha geworden“, schrieb Jekaterina aus der sibirischen Kleinstadt Chanty-Mansijsk auf Instagram und bezog sich dabei auf die Heldin eines sowjetischen Kriegsliedes, in dem eine Frau auf die Rückkehr ihres Mannes von der Front wartet. Die junge Mutter teilt auf ihrem Konto Videos mit ihrer Tochter.
In manchen kollaboriert sie auch mit ihrem Partner, der als Soldat an der Frontlinie aufnimmt. „Unser Daddy ist kein Feigling, sein bester Freund ist sein Gewehr. Daddy kämpft, und wir schlafen friedlich“, schrieb sie laut der Moscow Times in einem Beitrag, der an die Tochter gerichtet war.
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Auch die Soldaten-Frau Lesya, die ihren Mann Andrei bereits mit 19 heiratete, verglich sich auf TikTok mit Katjuscha. Auf ihrem Kanal teilt sie „Souvenirs“ ihres Mannes aus dem Ukraine-Krieg, darunter einen ukrainischen Pass, und verteidigt „traditionelle Werte“ oder wünscht sich, dass die Ukraine eines Tages einen Präsidenten „wie Putin“ habe. Andrei ist ebenfalls mit „traditionellen“ Inhalten auf TikTok unterwegs und spricht dort auch über den Umgang mit einer posttraumatischen Belastungsstörung.
Soldaten-Familien in Russland – neue Elite? Das bekommt ein russischer Soldat vom Putin-Regime
Im Jahr 2025 werden die Bezahlungen für russische Soldaten im Ukraine-Krieg höchstwahrscheinlich weiter steigen. Seit Januar erhalten Männer aus der Region Samara die höchste Einmalzahlung aller Regionen des Landes, bis zu vier Millionen Rubel (etwa 37.882 Euro). Außerdem bekommen Soldaten mindestens 210.000 Rubel (etwa 1.988 Euro) an monatlichem Gehalt und Soldaten profitieren von subventionierten Hypotheken und kostenloser Universitätsausbildung. Im Todesfall sollen die Familien der Soldaten bis zu fünf Millionen Rubel (etwa 47.352 Euro) bekommen.
Laut dem Historiker Dmitry Dubrowsky aus Prag solle durch die hohen Auszahlungen nicht zuletzt eine neue Elite in Russland geschaffen werden. „Eines der wichtigsten Ergebnisse des laufenden Krieges ist der Versuch, eine ‚Putin-Elite 2.0‘ zu schaffen, die an die Stelle der ursprünglichen Elite treten soll, die in den frühen 2000er Jahren auf der Grundlage von Öl- und Gaseinnahmen entstanden ist“, so Dubrowsky. Der Prozess habe bereits 2014 begonnen, „als sich die ‚Helden des russischen Frühlings‘ allmählich in Putins Regime integrierten“, und sei nun völlig sichtbar.
Auf dem russischen sozialen Netzwerk VKontakte soll es sogar eine Dating-Gruppe für Soldaten geben, wo zum Beispiel Anastasia aus der Region Krasnodar ihren zukünftigen Ehemann gefunden habe. Sie teilte den Weg bis zur Hochzeit auf Instagram und veröffentlicht heutzutage Beiträge, die ihren Luxus zeigen oder in denen es Ehetipps gibt. Laut eigenen Aussagen habe ihre Femininität ihr ihren Mann gebracht, was sie passenderweise in einem Onlinekurs für 990 Rubel (9,38 Euro) vermarktet.
Nicht alle russischen Soldaten-Familien zeigen sich glücklich über Fronteinsatz – Privilegien sind begrenzt
Aber nicht jede Geschichte der Soldaten-Frauen in den sozialen Medien ist so rosig, wie diese Beispiele es vermarkten. Der Ehemann der 23-jährigen Mira wurde, kurz nachdem sie schwanger geworden ist, wegen seiner durch eine Spielsucht angehäufte Schulden an die Front geschickt. Auf Instagram teilt sie ihre Erfahrungen und fragt nach Tipps. „Wenn ich eine Geschichte wie die meine von jemand anderem hören würde, würde ich sagen, dass das Mädchen verrückt ist und sich offensichtlich überhaupt nicht liebt“, schrieb Mira in einem Beitrag.
Laut Dubrowsky würden die russischen Soldatenfamilien erst nach dem Ende des Putin-Regimes ihre Privilegien verlieren. „Ich sehe kein anderes Szenario. Im Gegenteil, sie werden immer mehr zu ‚geachteten Mitgliedern der Gesellschaft‘, sie ahmen die Veteranen des Großen Vaterländischen Krieges [Zweiter Weltkrieg] nach und werden im Grunde genommen mit ihnen gleichgesetzt“. (lismah)