Keine Habeck-Zukunft bei den Grünen: Weil ihm Baerbock den nächsten Posten wegschnappt?
Nach der Bundestagswahl steht Robert Habeck vor dem vorläufigen Ende seiner politischen Karriere. Wie geht es weiter für den Kanzlerkandidaten der Grünen?
„Egal wie das heute ausgeht“, sagte Robert Habeck am Sonntag auf der Wahlparty der Grünen, „ab 22 Uhr werden die Handys abgeklebt und es wird gefeiert.“ Der Kanzlerkandidat hatte die Grünen bei der Bundestagswahl auf 11,6 Prozent geführt, so gerade noch akzeptabel angesichts des Regierungsbruchs, aber auch knapp drei Prozentpunkte weniger als bei der Bundestagswahl 2021. Damals war Annalena Baerbock Kanzlerkandidatin, jetzt war Habeck an der Reihe. Was wird nach der Bundestagswahl aus ihm?
Habeck-Zukunft nach der Bundestagswahl: „Werde keine führende Rolle anstreben“
Zunächst einmal hat Habeck sein Mandat für den Bundestag sicher. Seinen Wahlkreis in Schleswig-Holstein verlor er zwar an die CDU (deren Kandidatin wegen der Wahlrechtsreform trotzdem nicht einzieht), er war allerdings über Landeslistenplatz zwei abgesichert. Ob Habeck sein Bundestagsmandat abgibt oder behält und wie seine künftige Rolle bei den Grünen aussehen könnte, ließ er am Montagmorgen offen.
„Die Partei wird sich in einer neuen Rolle neu aufstellen“, sagte Habeck auf einer Pressekonferenz. Und: „Ich werde keine führende Rolle in den Personaltableaus der Grünen mehr anstreben.“ Habeck hat derzeit abgesehen von seinen Regierungsämtern bei den Grünen keine Ämter inne.
Optionen, das zu ändern, hätte es ohnehin kaum gegeben. Die spannendste Frage bei den Grünen ist die Besetzung der Fraktionsspitze. Britta Haßelmann könnte weichen und Bundestagsvizepräsidentin werden. Der Name Robert Habeck kommt dann zwangsläufig infrage – doch: Offenbar greift Annalena Baerbock nach dem Amt. Sie könnte Habeck damit zum zweiten Mal einen Posten wegschnappen. Nach der Kanzlerkandidatur 2021.
Die Grünen haben traditionell zwei Fraktionsvorsitzende. Baerbock und Habeck wären kaum vermittelbar. Beide gehören wie Haßelmann dem eher konservativeren Realo-Flügel der Partei an, der linke Teil der Grünen würde rebellieren. Die linke Co-Fraktionschefin Katharina Dröge darf wohl bleiben. Baerbock selbst wollte sich am Montag nicht zu Gerüchten um die Fraktionsspitze äußern. Am Mittwoch wollen die Grünen entscheiden, wie sie sich hier personell aufstellen.
Habeck als Parteichef? Unwahrscheinliches Szenario nach der Bundestagswahl
Auch über eine Habeck-Rückkehr als Parteichef wurde spekuliert. Allerdings ist auch das eher unwahrscheinlich. Schließlich hatten sich die Grünen hier erst Ende 2024 neu aufgestellt. Das neue Führungsduo Franziska Brantner und Felix Banaszak soll für die Zukunft aufgebaut werden.
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Würde Habeck nach dem Amt greifen, müsste einer von ihnen, wenn nicht sogar beide, zurücktreten. Eine Doppelspitze mit zwei Männern kommt bei den Grünen nicht infrage. Ein Parteiduo Brantner-Habeck eigentlich auch nicht; sie ist eine von Habecks engsten Vertrauten in der Partei. Wie er Realo. Das wäre für einige in der Partei ganz schön viel Robert Habeck – für einen Mann, der die Partei gerade auf Platz vier bei der Bundestagswahl geführt hat.
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Bundestagswahl: Habeck und Baerbock scheitern mit Kanzlerambitionen
Vieles deutet deshalb darauf hin, dass Habeck tatsächlich als normaler Abgeordneter im Bundestag sitzen wird. Es ist das vorläufige Ende seiner Karriere in der ersten Reihe, die mit dem Kanzleramt gekrönt werden sollte. Eigentlich wäre er gerne schon 2021 Kanzlerkandidat geworden. Laut Umfragen war er im Sommer 2020, als die Partei allmählich die Entscheidung vorbereitete, deutlich beliebter als Baerbock. Aber er ließ Baerbock den Vorzug. Auch, weil die Grünen ein Signal senden wollten, mit einer Frau ins Rennen zu gehen. 2021 stand die Ökopartei teils sogar auf Platz eins in Umfragen; eine Kanzlerschaft schien nicht ausgeschlossen. Doch Baerbock leistete sich Patzer im Wahlkampf und schaffte es nicht ins Kanzleramt. Längst war damals klar: Das nächste Mal darf Robert Habeck.
Bundestagswahl: Wegen BSW – Grüne verpassen Regierung um 13.000 Stimmen
2025 trat Habeck dann an, um Kanzler zu werden; bezeichnete sich selbst als „Bündniskanzler“. Diesmal war aber lange vor der Bundestagswahl klar, dass das nichts werden würde. Zu sehr führten Friedrich Merz und die Union in den Umfragen. Habeck blieb nur ein Strohhalm: Nach Beobachtungen unserer Redaktion hätten die Grünen auch nach der Bundestagswahl gerne weiter regiert. Man wolle Verantwortung übernehmen, heißt es in der Partei öfter. Nur in Regierungsarbeit könne man etwas verändern. Gegen alle Hindernisse.
Die CSU schloss eine Koalition mit den Grünen kategorisch aus. Und auch Friedrich Merz sagte, es werde unter ihm keinen Wirtschaftsminister Habeck geben (Schwarz-Grün mit einem anderem Kabinettsposten für Habeck schloss Merz nicht aus). Habeck selbst glaubte am Sonntag trotzdem an die Regierungsoption. Deutschland stehe vor einer „schwierigen Regierungsbildung“, sagte er, als er nach den ersten Zahlen noch einmal auf die Bühne kam. „Vielleicht gibt es ja noch die Chance, dass wir dort unseren Beitrag leisten.“

Dass die Grünen nicht regieren, liegt wohl auch an rund 13.000 Stimmen. So viele fehlten dem Bündnis Sahra Wagenknecht, um in den Bundestag einzuziehen. Wäre das BSW drin, wäre eine Zweierkoalition aus Union und SPD rechnerisch nicht mehr möglich. Dann hätte Merz tatsächlich auf Habeck und die Grünen zugehen müssen. Weil die Union ein Bündnis mit AfD und Linkspartei ausschließt, hätte Deutschland wohl eine „Kenia“-Koalition aus CDU/CSU, SPD und Grünen regiert. Wohl mit Habeck als Minister. Weil das nicht passierte, könnte Habecks politische Karriere vorbei sein.