Immer öfter finden mysteriöse Postsendungen ihren Weg in Briefkästen. Der Inhalt, aber auch der Hintergrund werfen Rätsel auf. Nun warnt eine Behörde.
München – Dass Verbraucher auf viele verschiedene Arten um ihr Geld gebracht werden können, ist nichts Neues. Eine neue Masche sorgt jedoch für Verwirrung. Denn immer öfter landen seltsame Briefe bei Verbrauchern im Briefkasten. Wer Saatgut in den Händen hält, dieses jedoch nicht selbst bestellt hat, sollte aufpassen. Was genau hinter den mysteriösen Briefen steckt, ist allerdings unklar. Experten spekulieren über gleich zwei mögliche Szenarien.
Wer sich vor Betrug schützen will, der denkt womöglich erstmal an sein Konto. Immer öfter versuchen Betrüger mit perfiden Betrugsmaschen, wie beispielsweise mit täuschend echten E-Mails, an das Bankkonto vieler Verbraucher zu kommen. Auch ein IBAN-Trick ist aktuell im Umlauf. Selbst Amazon-Kunden geraten immer öfter ins Visier von Betrügern. Doch auch wer aktuell Post im Briefkasten hat, die er sich selbst nicht erklären kann, sollte lieber wachsam sein.
Konkret landet immer häufiger Saatgut in vielen deutschen Haushalten. Wer die Päckchen mit Saatgut nicht selbst bestellt hat, der sollte Vorsicht walten lassen. Auch wenn es auf den ersten Blick harmlos erscheint und sich der ein oder andere vielleicht sogar darüber freut: Behörden raten dringend davon ab, das Saatgut auszusäen. Auch die Entsorgung im Kompost oder in der Biotonne sei nicht ratsam. Vielmehr solle man die kleinen Päckchen im Hausmüll entsorgen. Die mysteriösen Sendungen, die häufig aus China kommen, veranlassen die Behörden derzeit zu Warnungen. Das Saatgut könne letztlich eine Gefahr darstellen.
„Von solchem unbekannten Saatgut geht eine Gefahr für unsere Natur, das urbane Grün mit Gärten und Parks und sogar die Landwirtschaft aus“, erklärt Bernhard Schäfer vom Julius Kühn-Institut (JKI) in Braunschweig, dem Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen. „Denn es kann sich dabei um invasive Arten handeln, die sich unkontrolliert ausbreiten und heimische Pflanzen verdrängen.“ Das Saatgut könne auch von Krankheiten und Schädlingen befallen sein.
Wegen der Gefahr, invasive Arten einzuschleppen, sei es auch generell nicht empfehlenswert, Saatgut etwa aus China zu kaufen, selbst wenn alle Papiere korrekt sind. „Tatsächlich raten wir davon ab, Saatgut im Internet zu bestellen aus Nicht-EU-Ländern“, betont das JKI.
Saatgut-Post immer öfter am Flughafen abgefangen - doch was steckt dahinter?
In diesem Jahr wurden am Flughafen Frankfurt bereits zahlreiche Sendungen mit Saatgut entdeckt. Diese fielen bei den Kontrollen der Pflanzengesundheitsinspektion auf. Bis Anfang Juni seien etwa 65.000 Sendungen aus China ohne die erforderlichen Dokumente festgestellt worden. Dies sei eine Häufung, wie eine JKI-Sprecherin bestätigt. Das zuständige Regierungspräsidium Gießen zählte 2020 mehr als 126.000 solcher Sendungen, allerdings im Gesamtjahr.
Die Sendungen wurden zurückgeschickt, da Pflanzengesundheitszeugnisse fehlten. Hauptsächlich enthielten sie das mysteriöse Saatgut. Auffällig war, dass der Inhalt der Pakete häufig falsch deklariert wurde. So wurden oft „Ohrschmuck“ oder „Grußkarten“ als Inhalt angegeben, obwohl tatsächlich Saatgut enthalten war, berichten das JKI und die zuständigen Landespflanzenschutzdienste.
Das Phänomen tritt in Frankfurt besonders häufig auf, da sich dort das DHL-Postzentrum am Flughafen befindet. Von diesem Standort aus werden Pakete aus China in ganz Deutschland verteilt. Laut den Behörden seien andere Bundesländer von der „neuen Masche“ kaum betroffen.
Saatgut-Briefe könnten tatsächlich ein betrügerischer Trick sein
Die genauen Hintergründe der rätselhaften Postsendungen sind bisher unklar. Experten vermuten, dass es sich um einen „Brushing Scam“ handeln könnte. So werden betrügerische Tricks bezeichnet, die das Ziel haben, Verkaufszahlen fälschlicherweise in die Höhe zu treiben oder Nutzerbewertungen zu erhalten. Saatgut komme für diese Methode deshalb infrage, weil es leicht und günstig sei und als Briefsendung verschickt werden könne.
Ein weiteres mögliches Szenario sei, dass Eintrittspunkte in die EU getestet würden, um Stellen zu finden, an denen nicht einfuhrfähige Sendungen leichter durchkämen, heißt es vom Regierungspräsidium. Nach Angaben der deutschen Behörden sind auch in anderen EU-Ländern ähnliche Fälle bekannt. China sollte aufgefordert werden, zoll- und pflanzengesundheitliche Bestimmungen einzuhalten.
Betrug kann auch am Telefon drohen. Bei so mancher Nummer sollten Verbraucher lieber gar nicht erst den Hörer abnehmen. (jl)