„Bräche ein Stück Tradition weg“: Verein droht nach fast 130 Jahren das Aus - Die Zeit drängt
Er zählt zu den ältesten Vereinen in Wolfratshausen, doch nun droht dem Garten- und Verschönerungsverein das Aus. Dringend gesucht werden aktive Mitglieder.
Wolfratshausen - Er entstand in einer Zeit des industriellen Aufschwungs, als Kaiser Wilhelm II. das Deutsche Reich regierte – und existiert bis heute: 1896 wurde in Wolfratshausen der Garten- und Verschönerungsverein gegründet. Er zählt zu den ältesten Vereinigungen in der Loisachstadt. Nun droht ihm das Aus.
„Unser Problem ist nicht, dass wir keine Mitglieder haben“, berichtet die vorübergehende Vorsitzende Barbara Thümling unserer Zeitung. Das Durchschnittsalter der circa 80 Mitglieder beträgt 74 Jahre. Ab einem gewissen Alter würden sich die Gartler weniger aktiv einbringen können als jüngere – und das ist der Knackpunkt.
Garten- und Verschönerungsverein Wolfratshausen: Dringend aktive Mitglieder gesucht
Dabei begann alles einst so vielversprechend, vor fast 130 Jahren. Langsam, aber sicher kam der Tourismus nach Wolfratshausen. „Ursprünglich wurde der Verein als Stadtverschönerungs- und Fremdenverkehrsverein gegründet“, berichtet der amtierende Kassier Sebastian Huber. Engagierte Wolfatshauser wollten ihre Stadt schöner machen. Nach den Weltkriegen traten immer mehr private Gärtner der Vereinigung bei. Ihr Ziel: Sich mit Gleichgesinnten auszutauschen und einander beim Garteln zu unterstützen.
Huber: „Von da an stand der Garten bei uns im Vordergrund.“ Das gilt bis heute. Und das zeigt sich im 410 Quadratmeter großen Vereinsgarten am Floßkanal, um den sich die Mitglieder kümmern.
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Vor allem, um ihn erhalten zu können, sucht der Verein dringend neue Mitstreiter. „Ein Garten, die Möglichkeit selber anzupflanzen – eigentlich ist das bei vielen Jungen doch wieder gefragt“, wundert sich Thümling. „Vielleicht ist einfach das Vereinsleben out.“
Wolfratshausen: Gemeinschaft spielt beim Verein große Rolle
Trotzdem hofft die 45-Jährige weiter, dass sich engagierte Bürger finden, „die bei uns etwas anpacken möchten“. Diese müssen nicht zwangsläufig aus Wolfratshausen kommen, betont die Vorsitzende. „Genauso wenig muss man sich perfekt im Garten auskennen. Bei uns helfen sich alle gegenseitig.“
Denn die Gemeinschaft spiele im Verein eine große Rolle. Das zeige sich auch beim zweimal im Jahr stattfindenden Vereinsgartentag, bei Ausflügen und dem Pflanzentauschmarkt. Ebenso stehe die Tür zu dem Garten am Floßkanal Schulklassen und Kindergärten offen, ergänzt Kassier Huber. „Es gibt die Möglichkeit, dass sich die Kinder ein Beet anlegen und so vieles über Garten und Natur lernen.“
Huber und Thümling selbst können fürs Hobbygärtnern nur werben. „Mich fasziniert es jedes Mal aufs Neue, wenn ich im Garten etwas selber ziehen und hinterher essen kann“, schwärmt der 60-jährige Wolfratshauser. „Wenn‘s zum Frühstück zum Beispiel Quittengelee aus den eigenen Früchten gibt. Wo man genau weiß, wo es herkommt“, ergänzt die Vorsitzende. Bei der Arbeit im Garten könne sie außerdem abschalten und entspannen.
Garten- und Verschönerungsverein: Paar wendete Auflösung in letzter Sekunde ab
Ursprünglich sollte der Verein bereits in der jüngsten Jahresversammlung aufgelöst werden. „In letzter Sekunde hat uns ein Paar quasi am Leben erhalten“, verrät Thümling und grinst. Die beiden zogen kürzlich in die Loisachstadt, in eine Wohnung ohne Garten. „Sie wurden auf uns aufmerksam, stellten einen Mitgliedsantrag und wollen sich um den Garten kümmern.“
Ein Hoffnungsschimmer für die Vereinigung, der auf Dauer aber nicht ausreichen wird. Nun haben sich die Gartler eine Frist bis zum Jahresende gesetzt. „Wenn bis dahin nicht mehr neue Mitstreiter dazukommen, lösen wir uns wohl auf“, sagt die 45-Jährige bedrückt.
Wenn der Verein plötzlich nicht mehr besteht, bricht ein Stück Wolfratshauser Tradition weg. Das wäre echt schade.
„In Wolfratshausen gibt es seit jeher viele Vereine, der Garten- und Verschönerungsverein war bislang immer ein Teil davon“, so Huber. „Wenn der plötzlich nicht mehr besteht, bricht ein Stück Wolfratshauser Tradition weg. Das wäre echt schade.“
Wer Interesse an einer Mitgliedschaft beim Garten- und Verschönerungsverein hat, kann sich per E-Mail an info@gartenbauverein-wolfratshausen.de melden.
Den Verein kennenlernen
Am Sonntag, 27. Juli, findet von 15 bis 18 Uhr ein Gartenkaffee im Vereinsgarten am Floßkanal statt. Dort sind nicht nur Mitglieder, sondern alle Interessierten eingeladen – um den Verein kennenzulernen, zum Austausch und gemütlichen Beisammensein.