Stadtjugendring Kempten weist AfD-Kritik entschlossen zurück
Den Vorwurf, von Stadtrat Walter Freudling (AfD), der Kemptener Stadtjugendring sei nicht neutral genug, weist die Organisation entschieden zurück.
Kempten – „Neutralität würde dem Stadtjugendring gutstehen“, meldete sich Walter Freudling (AfD) am Ende der Stadtratssitzung zu Wort und bezog sich auf die Mitte Mai startende Aktion des Stadtjugendrings (SJR) zur Europawahl. In der Dachorganisation der städtischen Jugendverbände habe sich eine „linksgrüne Agenda“ durchgesetzt, deshalb sollte sie sich aus dem Wahlkampf heraushalten. Der SJR werde auch mit den Steuergeldern der AfD-Wähler finanziert und diese belege bei den 14- bis 29-Jährigen laut einer aktuellen Umfrage mit 22 Prozent den Spitzenplatz (Es handelt sich um die Studie „Jugend in Deutschland 2024“ – Anm. d. Red.). Dann begann er offen für den eigenen Kandidaten bei der Europawahl zu werben.
Auf den Antrag von Bürgermeisterin Erna-Kathrein Groll (Grüne) unterbrach Oberbürgermeister Thomas Kiechle den AfD-Stadtrat. „Hier geht es um kommunale Politik“, betonte Groll. Es sei unerträglich, dass Freudling zum wiederholten Mal versuche, den Stadtrat als Plattform für Wahlpropaganda zu nutzen. Sie bat den Oberbürgermeister darum, besser auf die Einhaltung der Regeln zu achten. Kiechle stellte klar, dass der SJR eine eigenständige Organisation mit eigenständigen Gremien sei. Er sehe keinen Anlass, auf diesen Einfluss zu nehmen. „Ich will mich beim Stadtjugendring für seine Stellungnahme ausdrücklich bedanken“, sagte Julius Bernhardt (Future for Kempten). Er habe große Zweifel daran, dass die AfD auf der Grundlage des Grundgesetzes stehe und wies auf die aktuellen Spionage-Fälle und auf die „Remigrationspläne“ der Partei hin. Und solange diese öffentlich nicht das Gegenteil beweise, sollte man sie weiterhin zu keiner Veranstaltung einladen, so der junge Stadtrat. Mit dieser Aussage erntete er großen Beifall, was der Oberbürgermeister versuchte zu unterbinden.
Der Stadtjugendring nimmt Stellung
„Der Stadtjugendring Kempten ist eine Untergliederung des Bayerischen Jugendrings (Landesjugendamt für die Jugendarbeit in Bayern) und daher eine Körperschaft des öffentliches Rechts“, schreibt Thomas Wilhelm, 1. Vorsitzender des SJR, in seiner Stellungnahme auf Anfrage des Kreisboten. Den Grundsatz des Neutralitätsgebots lege die Satzung fest. Dadurch werde sichergestellt, dass die Organisation für alle Kinder, junge Menschen und Erziehende in Kempten gleichermaßen offen und zugänglich bleibe. Die Neutralität habe aber auch ihre Grenzen und diese fasse Paragraf 1 des Grundgesetzes schlicht und einfach zusammen: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“
Bei allen Veranstaltungen achte man darauf. Bei der „digitalen Schnitzeljagd“ zur Europawahl liege der Fokus beim Aufklären, beim Wecken von Emotionen für Europa, damit die jungen Menschen spüren, welche tollen Momente sie mit Europa verbinden. „Hier sind wir absolut neutral und wollen junge Menschen ermutigen, zur Wahl zu gehen und mitzuentscheiden, was in Europa passiert. Dass sich hier Stadträte der AfD angegriffen fühlen, können wir nicht verstehen“, schreibt Wilhelm.
Das Neutralitätsgebot des SJR bedeute nicht, dass politische Themen tabu seien. „Im Gegenteil, der Stadtjugendring kann und sollte Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene und Erziehende ermutigen, sich mit politischen und gesellschaftlichen Fragen auseinanderzusetzen und ihre Meinungen zu äußern.“ Das geschehe auf eine Weise, die alle Menschen einbeziehe und keine bestimmte politische Position bevorzuge. Wilhelm fügt hinzu: „Zur Verantwortung gehört aber für uns dazu: Wählt demokratische Parteien, die fest auf dem Fundament des Grundgesetzes stehen. Dies ist bei der AfD gesichert nicht so!“
Zusammenarbeit mit allen demokratischen Parteien
Als gesichert rechtsextrem gilt die AfD in drei Bundesländern. Die Verfassungsschützer beobachten außerdem weitere sechs Landesverbände als extremistische Verdachtsfälle, unter ihnen den Verband in Bayern. Der Bundesverband der AfD-Jugendorganisation Junge Alternative wird als gesichert rechtsextreme Bestrebung eingestuft. „Die Erkenntnisse des Verfassungsschutzes stehen aus unserer Sicht einer Neutralität konträr gegenüber! Dies widerspricht allen unseren Grundsätzen und Werten“, meint Wilhelm.
Der SJR arbeite mit allen Demokratinnen und Demokraten zusammen und werde junge Menschen immer dazu aufrufen, politisch aktiv zu werden. „Unsere Verantwortung ist aber, dass wir politische Kompetenz vermitteln und ‚die Jugend im Geist der Freiheit und Demokratie zu erziehen‘ (Satzung BJR) und uns gegen Demokratie-Feinde wehren“, schließt Wilhelm seine Stellungnahme.
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Zu dem Thema gibt es auch einen Kommentar von Lajos Fischer.
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