Vom IT-Experten zum Lokführer: Familienvater wagt beruflichen Neustart

  1. Startseite
  2. Lokales
  3. Schongau
  4. Peiting

Kommentare

Vom Software-Entwickler zum Lokführer: Samuel Falkner am Weilheimer Bahnhof. © Gronau

Fachleute im IT-Bereich sind heiß begehrt. Trotzdem wollte Samuel Falkner (36) aus Peiting irgendwann etwas anderes machen und sattelte in eine völlig fremde Branche um – seit Anfang des Jahres ist er Lokführer. Keine einfache Entscheidung mit zwei kleinen Kindern. Doch bisher hat er es nicht bereut.

Peiting – Geboren in Nürnberg, hat Falkner im IT-Bereich seine Ausbildung als Fachinformatiker gemacht und ist dann Software-Entwickler geworden. Sein Berufsweg hat ihn über Oberhaching nach Uffing geführt, wo er sieben Jahre lang bei einem Unternehmen gearbeitet hat. Der Verdienst war wie fast überall in der Branche gut, und bei der Geburt des zweiten Kindes – heute sind seine beiden Buben sieben und fünf Jahre alt – hat er die Arbeitszeit auf 32 Stunden reduzieren können. „Leider wurden es im Laufe der Zeit immer mehr Meetings, aber weniger Entwicklung“, sagt Falkner.

So war Falkner offen für eine Neuorientierung, ohne dass er eine konkrete Vorstellung hatte. Bis er die Anzeige eines Bahnunternehmens sah, das um Quereinsteiger warb. Er informierte sich über die Modalitäten einer möglichen Umschulung, doch dabei hätte er ein Jahr kein Einkommen gehabt. „Das ging natürlich nicht“, sagt Falkner. Aber er hatte Blut geleckt, obwohl er mit dem Thema Bahn bislang keinerlei Berührungspunkte hatte – außer früher eine Modelleisenbahn, wie Falkner lachend erzählt.

Nächste Annäherung war ein Tag der offenen Tür der Deutschen Bahn in Kempten, da hat es endgültig „klick“ gemacht: „Ich habe lange mit einem DB-Teamleiter gesprochen, der hat mich irgendwie überzeugt“, so Falkner. „Ab da war klar: Das will ich machen.“

Das war im Mai 2023, und es folgten lange Gespräche mit seiner Frau, die bei einem großen Unternehmen im Landkreis beschäftigt ist und nicht begeistert war, wie der 36-Jährige zugibt. Schließlich musste die Familie für die einjährige Umschulung finanzielle Einbußen hinnehmen, auch wenn es dafür einen ordentlichen Lohn gab. Nachdem Falkner den Eignungstest bestanden hatte, ging es schnell – es folgte die Kündigung bei seinem bisherigen Arbeitgeber („die Kollegen und der Chef haben Verständnis gezeigt“) und im Oktober 2023 der Beginn der Ausbildung in München.

(Übrigens: Alles aus der Region gibt‘s jetzt auch in unserem regelmäßigen Schongau-Newsletter.)

Bei den Quereinsteigern werden einige Themen weggelassen, die bei der normalen dreijährigen Lokführer-Ausbildung gelehrt werden, sagt Franziska Kapitza, „Recruiterin“ bei der DB. Zum Beispiel das Thema Fahrdienstleiter, das Lokführer eigentlich kaum betrifft. „Das Wissen als Lokführer ist natürlich dasselbe“, so Kapitza.

Falkner büffelte viel Theorie, auch nach dem Ausbildungstag musste er abends daheim noch lernen. Er lernte die Strecken im Werdenfels kennen, auf denen er eingesetzt wird, also zwischen München und Mittenwald sowie Tutzing-Penzberg und Murnau-Oberammergau, sowie die dort eingesetzten Loks und Triebwagen. Bald saß er auch selbst im Führerstand, immer begleitet von einem erfahrenen Ausbilder.

Am 13. Januar dieses Jahres stand schließlich Falkners erste Alleinfahrt an – sehr unspektakulär: Eine Leerfahrt ohne Fahrgäste nachts von Murnau in die Waschstraße nach München. „Das war ganz gut, dass ich keinen Stress hatte. Denn ich war schon aufgeregt“, sagt Falkner. Seitdem ist er im Werdenfels unterwegs, bisher läuft alles super, sagt er. Nur einmal ist ihm das Herz in die Hose gerutscht, als ein Traktor auf der Straße nebenan gewendet hat: „Ich dachte, der kommt auf die Schienen, aber es ging alles gut.“ Zum Glück halten sich die Verspätungen derzeit in Grenzen. „Während der Ausbildung vergangenes Jahr hatten wir viele Langsamfahrstellen, da war es echt anstrengend. Denn man hat natürlich immer das Ziel, auf die Minute pünktlich zu sein.“

Ungewohnte Schichtdienste

Auf die für ihn ungewohnten Schichtdienste hat er sich schnell eingestellt, er mag die Berechenbarkeit im neuen Job: „Urlaube und freie Tage werden für ein ganzes Jahr vorausgeplant, und wenn ich mal bei einem Engpass einspringen soll, muss ich zustimmen“, sagt Falkner. Er kann sich gut vorstellen, bald auf das Arbeitszeitmodell mit mehr Urlaubstagen umzusteigen. Finanziell hat er sich zwar verschlechtert, aber nicht viel, sagt er.

Was für Falkner die größte Erleichterung ist: Dienstende ist Dienstende, auch gedanklich, es bleibt keine Arbeit liegen. „Früher war es immer vor dem Urlaub stressig, auch während der Erholung habe ich immer daran gedacht, was ich noch machen muss – das fällt alles weg, man macht sein eigenes Ding und muss sich nicht den Kopf zerbrechen über den nächsten Tag, sondern nur, wann Dienstbeginn ist.“ Da liegt noch das einzige Problem von Falkner: „Ich bin immer überpünktlich, wenn es darum geht, den Zug vorzubereiten, und sitze dann tatenlos herum. Ich hoffe, das bekomme ich nochmal raus.“

Auch interessant

Kommentare