Das soziale Netz mit all seinen Hilfen und Angeboten ist groß – so groß, dass kaum jemand einen umfassenden Überblick hat. Diesen Schwachpunkt will der Verein Bürgerzentrum beheben, der sich am Montag in Miesbach gegründet hat.
Miesbach – Ziel ist es, Hilfesuchenden ohne Umwege kompetente Anlaufstellen zu vermitteln.
Im kleinen Kreis wurde gestern im Miesbacher Rathaus ein kleiner Verein gegründet, der Großes bewirken soll. Das Ziel ist es, ein Navigationssystem zu entwickeln, das Betroffenen, Sozialträgern und Behörden helfen soll, auf direktem Weg passende Angebote und zuständige Fachstellen zu finden.
Gründungsmitglieder handeln als Privatpersonen
Dazu haben nun der katholische Dekan Michael Mannhardt als neuer Vorsitzender, Miesbachs Bürgermeister Gerhard Braunmiller als sein Stellvertreter, Hans Grasser (Leiter des katholischen Kita-Verbunds Schlierach-Leitzachtal) als Schatzmeister, Anna Porer (Geschäftsbereichsleiterin der Diakonie in Rosenheim) als Schriftführerin, der evangelische Pfarrer Erwin Sergel als Rechnungsprüfer sowie Petra Schubert (Kreisgeschäftsführerin der Caritas Miesbach) und Landrat Olaf von Löwis den Verein Bürgerzentrum gegründet. Bemerkenswert dabei: Alle Gründungsmitglieder treten als Privatpersonen auf und nicht als Vertreter ihrer Arbeitgeber. Aus gutem Grund, wie Löwis und Mannhardt betonten. Denn die Zustimmung im eigenen Haus bei den jeweiligen Gremien einzuholen hätte zu viel Verzögerung bedeutet, denn die Gründung sollte zügig passieren. Nun könne im Nachgang Körperschaften und Verbände als Mitglieder andocken.
Im Zentrum des Bürgerzentrums steht laut Braunmiller „die Netzwerkbildung und Schnittstellenpflege“. Was das heißt, verdeutlichte Pfarrer Mannhardt: „Es gibt großen Bedarf, alles miteinander zu vernetzen und voneinander zu profitieren.“ Die Notwendigkeit eines solchen Dreh- und Angelpunkts bestätigten alle Gründungsmitglieder. „Es gibt ja schon fast alles im Landkreis“, stellte Grasser fest. „Jetzt geht es darum, die einzelnen Bausteine zu verbinden.“ Doch das gebe die Finanzstruktur der einzelnen Mitstreiter nicht her.
„Das ist ein Dschungel“
Dabei betonte Schubert: „Wir wollen keine Parallelstrukturen aufbauen, sondern die bestehenden transparenter machen. Jeder hat sein eigenes Netzwerk, und die sollen zusammengeführt werden.“ Etwaiges Konkurrenzdenken gelte es im Interesse der betroffenen Bürger abzubauen. „Wir können mit diesem Verein größtmöglichen Nutzen schaffen und in ein starkes Miteinander gehen.“
„Wir kennen nicht alles, was es im Landkreis gibt.“
Transparenz schaffen könnte man beispielsweise mit einer Homepage oder im persönlichen Kontakt – die genaue Umsetzung müsse sich noch zeigen. Zielgruppen sind Betroffene, Behörden, Verbände und Sozialträger. Denn selbst Fachstellen haben Probleme, alles zu überblicken, wie Schubert erklärte: „Wir kennen nicht alles, was es im Landkreis gibt.“ Was Löwis bestätigte: „In vielen Fällen wissen wir zu wenig. Das ist ein Dschungel, und bislang muss sich der Bürger oft genug allein durchkämpfen. Das wollen wir ändern.“ Dabei sei das Bürgerzentrum als eine Art Programm gedacht – „ein Prozess, der sich immer weiterentwickelt“.
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Hoffen auf Leader und Spenden
Knapp vier Jahre wurde das Projekt entwickelt und bestehende Servicestrukturen analysiert. Im Miesbacher Stadtrat hatte Grasser die Idee im April 2023 vorgestellt. Der Tenor der Stadträte: eine unterstützenswerte Idee, aber Geld gibt es dafür nicht. Das haben die Gründungsmitglieder beherzigt. Die angedachten Stellen – eine in Vollzeit und eine in Teilzeit – sollen per Leader-Förderung und Spenden finanziert werden. Ob das gelingt? Der Leader-Antrag wird jetzt mit Vereinsgründung gestellt. Die Arbeitsräume sind vage. Sie sollen laut Grasser mobil sein, auch in Räumen der Mitglieder. Postadresse ist Mannhardts Miesbacher Pfarrbüro an der Pfarrgasse.
Als die Praxis so unübersichtlich macht, verdeutlichte Grasser bei Förderbedarf in der Kita: Je nach Thema seien verschiedene Stellen zuständig. Erste Ansprechpartnerin sei meist die Erzieherin, „doch die weiß oft nicht, wie sie helfen kann“. Das Bürgerzentrum soll schnell Lösungen finden. Was Löwis unterstrich: „Die schlimmste Antwort für uns ist: Dafür bin ich nicht zuständig. Das darf nicht sein.“ Deshalb soll das geplante Netzwerk auf den gesamten Landkreis Miesbach ausgerollt werden. „Wir müssen eine bürgerfreundliche Gesellschaft werden“, fordert Löwis. „Das ist ein Prozess, der jetzt erst anfängt.“
ddy