Die Polizeien im Landkreis Freising nehmen Stellung: Brennpunkt Bahnhof?

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In der Nähe des Tatorts: Nach der Vergewaltigung am S-Bahnhof Hallbergmoos waren Polizei und Ordnungsamt vor Ort, um potenzielle Maßnahmen für mehr Sicherheit zu besprechen. © Oestereich

Ein versuchter Totschlag in Freising, eine Vergewaltigung in Hallbergmoos: An zwei Bahnhöfen im Landkreis Freising haben sich 2024 schwere Straftaten abgespielt. Die Polizei hat die Lage genau im Blick – gibt aber Entwarnung.

Dieser Tage wurden sie wieder besonders stark frequentiert, denn viele Menschen haben sich über Weihnachten und den Jahreswechsel auf den Weg gemacht, um ihre Liebsten zu besuchen: Die Rede ist von Bahnhöfen. Doch harmonisch geht es dort oft nicht zu – im Gegenteil.

„Bahnhöfe sind immer Brennpunkte für die Polizei. Schlicht und einfach, weil dort immer viele Menschen unterwegs sind“, erklärt Michael Ertl, Leiter der Polizeiinspektion Neufahrn. Entsprechend würden die drei im Zuständigkeitsbereich der PI Neufahrn – Hallbergmoos, Eching und Neufahrn – permanent uniformiert sowie zivil bestreift. „Aber keiner der drei fällt regelmäßig extrem negativ auf.“

Räder: Gelegenheit macht Diebe

Das typische Bahnhofsdelikt sei der Fahrraddiebstahl. „Da werden einfach viele Räder abgestellt, und Gelegenheit macht Diebe“, sagt Ertl. Auch Körperverletzungsdelikte kämen ab und an vor. „Gerade nachts, wenn Betrunkene unterwegs sind, kommt es zu Streitereien.“ Das sei vor allem in Eching und Neufahrn der Fall, wo nicht nur die S1, sondern auch der Regionalverkehr hält. In Hallbergmoos, wo nur die S8 in Richtung Flughafen stoppt, sei es vergleichsweise ruhiger.

Allerdings hat sich dort Mitte November ein schweres Verbrechen ereignet: Wie berichtet, hat dort ein 25-Jähriger eine 19-Jährige überfallen, ins Gebüsch gezerrt und über mehrere Stunden lang vergewaltigt. Da der Bahnhof anders als üblich nicht im Ortskern, sondern außerhalb liegt, konnte der jungen Frau erst geholfen werden, als am frühen Morgen die ersten Pendler unterwegs waren und ihre Hilfeschreie vernahmen.

Die brutale Tat hat inzwischen vor Ort zu einigen Maßnahmen geführt. „Seitens der Gemeinde Hallbergmoos werden wir alles im Rahmen unserer Möglichkeiten tun, um die Sicherheit am S-Bahnhof für unsere Bürgerinnen und Bürger weiter zu erhöhen“, verspricht Katrin Liebig, Geschäftsleiterin der Kommune.

Neue Lichter, weniger Büsche

Nachdem die ermittlungstechnischen Maßnahmen am Tatort beendet worden waren, fand laut Liebig eine Vielzahl an Besprechungen mit allen relevanten Beteiligten statt. Dazu zählen neben der Gemeindeverwaltung die PI Neufahrn, die Kripo Erding, das Bayernwerk, das Staatliche Bauamt sowie die Deutsche Bahn. „Einen Teil der Sofortmaßnahmen konnten wir bereits umsetzen beziehungsweise in die Wege leiten. Auf Weitere haben wir uns gemeinsam verständigt.“

So seien bereits Leuchtmittel erneuert und Glaskörper gereinigt worden. Ferner würden aktuell vorhandene Leuchtmittel gegen moderne LED-Leuchtmittel ausgetauscht. „Hierdurch soll eine noch bessere Ausleuchtung gewährleistet werden“, erklärt die Geschäftsleiterin.

Mit dem Staatlichen Bauamt wurde seitens der Gemeinde vereinbart, dass die Ausleuchtung der Straßenunterführung (Ausfahrt der B301) künftig durch zusätzliche Strahler erhöht wird: Arbeiten, die ebenfalls bereits in Auftrag gegeben worden sind. Wie Katrin Liebig weiter mitteilt, „werden an der gemeindeeigenen Fahrradabstellstation auf der Ostseite des S-Bahnhofs weitere Strahler angebracht“. Der Bauhof wurde derweil mit den Ausschnittarbeiten wie Grünschnitt und mehr beauftragt.

Nach Information der Neufahrner Polizei wird diese erhöhte Präsenz vor Ort zeigen. Außerdem soll die Möglichkeit der Videoüberwachung geprüft werden. Laut 1. Polizeihauptkommissar Ertl hat man diesbezüglich besonders den Bahnsteig und das nähere Umfeld der Gleise im Visier. Hier müsse allerdings noch die eine oder andere rechtliche Hürde genommen werden.

Oft steckt etwas anderes dahinter

„Ein Bahnhof ist ein stark frequentiertes Areal“, sagt Hans-Jürgen Hintermeier, stellvertretender Dienststellenleiter der Polizei Freising. Dementsprechend komme es dort auch zu Straftaten. „Aber nicht über die Maßen“, betont er. Ein klassisches Bahnhofsdelikt sei neben Diebstahl auch Unterschlagung. „Sprich: Jemand vergisst etwas im Zug oder Bahnhofsgelände, das dann jemand anderes nicht abgibt, sondern mitnimmt“, erklärt Hintermeier.

Vorfälle wie der versuchte Totschlag am Freisinger Bahnhof im Januar oder die gefährliche Körperverletzung, bei der ein Mann von sieben maskierten Tätern überfallen worden ist, gehören laut dem Vize-Polizeichef in eine andere Kategorie: „Diese Taten sind nicht signifikant für den Bahnhof. Meist steckt etwas anderes dahinter.“ Die Beteiligten stünden oft in bestimmten Beziehungen, derlei Straftaten würden häufig in Zusammenhang mit kriminellen Geschäften wie Drogenhandel oder Hehlerei passieren. In der Anonymität des Bahnhofs ließen sich leichter krumme Dinge drehen. „Überfallartige Taten, sprich, dass etwa ein Zugreisender aus dem Nichts überfallen und ausgeraubt wird, sind seltenst der Fall“, so Hintermeier.

Weil aber immer etwas passieren könne, sei Polizeipräsenz notwendig. „Aber auch das mit Maß und Ziel“, sagt Hintermeier. „Ein zu starkes Auftreten lässt die Leute nicht automatisch sicherer fühlen, sondern kann eher verunsichern.“ Er hat das Gefühl, man habe die Situation gut im Griff.

Das gelte nicht nur für den Bahnhof in der Domstadt, sondern auch den in Marzling und Langenbach sowie den Haltepunkt Pulling, für die die Polizei Freising ebenfalls zuständig ist. „Auch dort kontrollieren wir regelmäßig. Wenn wir in der Auswertung der Fälle eine Häufung feststellen, passen wir die Überwachung entsprechend an.“

Am „toten Bahnhof“ nur Radldiebstahl

In Moosburg ist die Lage weitestgehend entspannt. „Moosburg ist sozusagen ein toter Bahnhof, hier gibt es nichts als den Bahnhof an sich, keine Erlebnisgastronomie oder Ähnliches“, erklärt Christian Bidinger, Chef der Polizeiinspektion Moosburg. Lediglich Fahrraddiebstähle beschäftigen die Polizei dort. „Sicher gibt es auch mal vereinzelt Straftaten wie Sachbeschädigungen, wenn etwa ein Süßigkeitenautomat aufgebrochen wird.“ Bidinger betont abschließend: „Jede Straftat ist natürlich eine zu viel. Aber ein Brennpunkt ist der Moosburger Bahnhof wirklich nicht.“

Überfallartige Taten, sprich, dass etwa ein Zugreisender aus dem Nichts überfallen und ausgeraubt wird, sind seltenst der Fall.

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